Italienische Novellen, Band 1
war. Plötzlich waren sie dann auf und über ihn her, und weil er von königlichem Hause war, wollten sie ihn nicht umbringen, sondern nahmen ihn gefangen. Sobald nun die Ungarn ihren Hauptmann gefangen sahen, gerieten alle in Verwirrung. Als der König von Böhmen dies bemerkte, setzte er lustiglich seine Schar in Bewegung und rief den Feinden entgegen: »Fleisch, Fleisch!«
Nun gab es ein hartes und herbes Gefecht. So setzten sich auch die andern folgenden Scharen in Bewegung, die des Königs von Kastilien, des Königs von Schottland und des Herzogs von Österreich. Als nun diese Scharen zusammenstießen, war der Lärm und das Geschrei so groß und das Getöse, das sie mit ihren Schlägen hervorbrachten, daß es war, als ob Luft und Erde erzitterte. Und wie sie durch das Feld liefen, begegneten sie dem König von Schottland und dem Herzog von Österreich, und mit großer Keckheit liefen sie aufeinander los, und als die Lanzen zerbrochen waren, zogen sie ihre Schwerter. Der Herzog durchbohrte dem König von Schottland den Arm, so daß der besagte König das Schwert nicht mehr führen konnte. Da nahm ihn der Herzog fest und machte ihn zu seinem Gefangenen. Als sein Volk den Herrn gefangen wegführen sah, leisteten sie Widerstand, drängten sich zusammen, bildeten einen Damm gegen den Herzog und nahmen ihm seinen Gefangenen mit Waffengewalt wieder ab. Ganz toll darüber stürzte sich der Herzog mit solcher Wut unter sie, daß, wer vor ihm fliehen konnte, sich selig zu preisen hatte. Er ließ sich von seiner Leidenschaft so weit hinreißen, daß er in die fünfte Schar hinüberstürzte, wo der König von Navarra und der König von Maiolica standen, welche vorsichtig in die Schlacht liefen. Und während er auf ihn stieß, senkte der König von Maiolica die Lanze, zielte damit auf seine Brust und bohrte sie ihm durch und durch. Daher fiel er auf die Erde, und der mannhafte Herzog von Österreich war tot.
Als die Krieger von dieser Schar einen so guten Anfang im Siege gemacht hatten, faßten sie Mut und liefen ganz kühnlich bis zu der Schar des Grafen und Herzogs von Savoyen und des Grafen Wilhelm, und da gab es eine harte und herbe Schlacht, und mit Gewalt wurden die Fahnen der besagten zwei Grafen zu Boden geworfen, und fast erlitten sie eine Niederlage.
Als der Patriarch von Aquileja solches sah, machte er sich plötzlich auf mit seiner Schar gegen die Wut des Königs von Maiolica, und er war so gut zu Pferde und hatte eine so gute Gesellschaft, daß er gezwungenerweise sich Bahn machte und mit großer Wut hinlief, wo Messer Princivale stand, welcher ihm eifrig entgegenlief und ihn mit einer Lanze so traf, daß ein Teil von dem Lanzensplitter ihm in der Brust steckenblieb; aber seine Gewalt war doch so groß, daß er ihn wegtrug, und verwundet, wie er war, richtete er bei seinen Feinden großen Schaden an; endlich aber begann infolge der großen Menge Blutes, die er verloren, ihm das Gesicht zu weichen. Indem er nun durch das Feld rannte, traf er auf Messer Arrighetto, der, als er ihn erkannte und so verwundet sah, ausrief: »Wehe, lieber Herr, was ist das?« Der Patriarch sprach: »Mein Sohn, zieh mir das Eisen heraus! Ich bin des Todes.« Und er zog ihm plötzlich das Eisen heraus, und der Patriarch sprach: »Ich sehe fast kein Licht mehr; darum verstopfe und verbinde mir diese Wunde gut und führe mich alsdann dahin, wo die Schlacht am dichtesten ist; denn fürwahr, ehe ich sterbe, sollen durch meine Hand noch manche umkommen!«, und so geschah es.
Als er verbunden war, küßte er Herrn Arrighetto, gab ihm seinen Segen und sprach: »Lieber Sohn, entsetze dich nicht über meinen Tod, sondern nimm ein Beispiel an mir und geh mit Gott! Denn das ist keine Zeit, um dazustehen und Worte zu machen.«
Er jagte sodann in die Schlacht, das Schwert in beiden Händen haltend, und wehe dem, der ihm nahe kam! Und so hielt er sich noch eine Weile; dann starb er. Als nun Herr Arrighetto die Schar des Grafen von Sachsen heranrücken sah, brach er mit den Seinigen auf, welche sich wieder erfrischt hatten, und fiel verzweifelt über den Grafen her; er aber, als er ihn so verzweifelt auf ihn zukommen sah, eilte ihm sehr kühn entgegen, Herr Arrighetto setzte ihm die Lanze auf die Brust und stach sie ihm gewaltig ganz durch, und so fiel der mannhafte Graf vom Pferde. Nach kurzem Verweilen starb er, und seine Leiche wurde von den Seinen aufgehoben und weggetragen in ihr Lager.
Als der König von Aragon den guten Grafen von Sachsen
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