Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
ein; und als diese die große Schönheit, die ausgezeichnete Sittsamkeit und das feine Benehmen sahen, so war keiner unter ihnen, der sich nicht in sie verliebt hätte. Aber die Mutter des Königs wollte sich, da er eine solche Frau genommen, nicht bei der Hochzeit einfinden und zog sich mit großem Ingrimm auf ihre Besitzungen zurück.
    Dionigia brachte es allmählich durch ihr Betragen dahin, daß der König ihr mehr als sich selber zugetan war. In kurzer Zeit ward sie schwanger; der König aber, ihr Gemahl, mußte mit einem starken Heere nach einer Insel übersetzen, die sich empört hatte. Darum nahm er Abschied von seiner Gemahlin und befahl seinem Vizekönig, für sie zu sorgen und sie in Ehren zu halten als Königin, auch ihm kundzutun, wie es ihr bei der Geburt ergehe. Damit entfernte er sich von England.
    Als die Zeit erfüllt war, gebar die Frau zwei Knäblein, und der Vizekönig schrieb es seinem Herrn; der Überbringer des Briefes aber kam an das Schloß, wo die Mutter des Königs wohnte, kehrte daselbst ein und gab der Mutter des Königs Nachricht von der Geburt der zwei Knäblein. Dies verdoppelte ihren Grimm; und als der Eilbote in der Nacht schlief, vertauschte sie die Briefe, die er bei sich führte, und schrieb, es seien zwei der garstigsten und mißgestaltetsten Äffchen zur Welt gekommen, die man je sehen könne. Am folgenden Tage erwies man dem Boten viel Ehre und entließ ihn mit dem Auftrage, er solle bei seiner Rückreise wieder hier einsprechen. Er gab das Versprechen und ritt hinweg. Als er endlich zu dem Heere kam, behändigte er seinem Herrn den falschen Brief. Als der König ihn las und die Geschichte erfuhr, war er sehr erstaunt, schrieb aber nichtsdestoweniger an seinen Vizekönig, er solle sie aufziehen und nicht unterlassen, seine Gemahlin bis zu seiner demnächst erfolgenden Rückkehr wertzuhalten. Er fertigte denselben Boten mit Briefen ab, war aber doch sehr bekümmert. Der Eilbote nahm die Briefe und machte, wie er versprochen hatte, seine Rückreise wieder über das Schloß, wo die Mutter seines Gebieters wohnte, und ruhte daselbst aus. In der Nacht aber, während er schlief, nahm die Frau die Briefe ihres Sohnes, las sie, und als sie darin nichts von dem Tode ihrer Schwiegertochter fand, war sie sehr betrübt. Sie schrieb daher statt des echten einen andern Brief des Inhaltes: »Angesichts dieses nimmst du meine Frau mit den zwei Kindern, und da ich weiß, daß es nicht meine Kinder sind, bringst du sie um samt ihr!«
    Diesen Brief steckte sie dem Boten, der noch schlief, in seine Tasche, und am Morgen entließ sie ihn unter vielen Liebesbezeugungen. Der Eilbote wußte von allem nichts, nahm Abschied und übergab bei seiner Heimkunft dem Vizekönig den Brief. Als dieser ihn gelesen, war er sehr verwundert und fragte den Boten, wer ihm den Brief gegeben habe. Dieser antwortete: »Der König selbst. Und er war ganz bestürzt, als er las, was Ihr ihm berichtet.« Als der Vizekönig diese Nachricht vernahm, brach er in heftiges Weinen aus, und mit Tränen in den Augen begab er sich zu der Königin, zeigte ihr den Brief und sprach: »Leset, meine Gebieterin!«
    Als die Königin diesen Brief gelesen hatte, fing sie an heftig zu weinen und sprach: »Ach mein unglückliches Leben, daß ich doch keine gute Stunde haben sollte!« Dann nahm sie ihre Kinder in die Arme und rief: »Liebe Kinder, mit welch herbem Geschick seid ihr doch in die Welt gekommen! Was habt ihr für ein Verbrechen begangen, um dessentwillen ihr sterben müßtet?«
    So schlug sie den größten, heftigsten Jammer auf und küßte ihre armen Kinderchen, welche schön waren wie Sterne. Der Vizekönig erhob mit ihr die heftigste Klage und wußte nicht, welchen Entschluß er fassen sollte. »Gnädige Frau«, sprach er endlich, zur Königin gekehrt, »was wollt Ihr tun? Was wollt Ihr, daß ich tue? Ihr seht, was mein Gebieter schreibt; nichtsdestoweniger würde ich nimmermehr wagen, Hand an Euch zu legen; darum nehmt heimlich Eure Kinder: ich will Euch bis an den Hafen begleiten; dort schifft Euch ein, und Gott sei Euer Führer! Das Geschick wird Euch irgendwohin bringen, wo Ihr vielleicht glücklicher seid.«
    Sie war damit einverstanden, und in der folgenden Nacht nahm sie heimlich ihre Kinder mit hinweg, begab sich nach dem Hafen, wandte sich zu einem Seemann und sprach: »Nimm mich auf dein Schiff und bring mich nach Genua! Du sollst gut bezahlt werden.«
    Der Vizekönig empfahl sie dem Seemann, gab ihm Geld und nahm

Weitere Kostenlose Bücher