Italienische Novellen, Band 2
Er ging an diesem Tage nach Virle, wo er, nachdem er gewisse Geschäfte in Ordnung gebracht, sich sogleich entschloß, nach Moncalieri, welches nicht weit entfernt war, zurückzukehren, daselbst so lange als möglich zu verweilen und auf alle Weise zu versuchen, ob er die Liebe der Frau erwerben könne. Er erspähte daher die günstige Gelegenheit und mietete ein Haus in Moncalieri, das er auch bezog, und gab sich alle Mühe, die Frau recht oft zu sehen. Doch konnte er sie kaum an Festtagen zu Gesicht bekommen, und wenn er mit ihr sprechen und sich in längere Unterhaltungen mit ihr einlassen wollte, so nahm sie nach zwei Worten von ihm Abschied und ging nach Hause. Er war darüber sehr unmutig und konnte sich auf keine Weise von dieser seiner Liebe losreißen. Er bediente sich anderer Frauen, die mit ihr sprechen mußten, und wendete alles Mögliche an; aber alles war umsonst, denn sie blieb härter als ein Fels im Meer und ließ sich nie herab, ihm eine freundliche Antwort zu geben. Da der unglückliche Liebhaber kein Genüge in dieser seiner Liebe fand und sich doch nicht von dem Vorhaben losreißen konnte, das ihm schon den Schlaf und dann auch den Appetit gekostet hatte, wurde er am Ende ziemlich schwer krank. Und da die Ärzte sein Leiden nicht kannten, wußten sie auch nicht, welches Heilmittel sie ihm zu reichen hatten; weshalb denn der arme Jüngling mit schnellen Schritten unaufhaltsam dem Tod zueilte. Es besuchte ihn, während er im Bette lag, ein Kriegsmann aus Spoleto, der ganz vertraut mit ihm stand. Diesem erzählte Herr Filiberto die ganze Geschichte seiner Liebe und die rauhe Strenge seiner harten und grausamen Dame und schloß damit, wenn er keine andere Hilfe finde, so müsse er vor Schmerz und allzu großer Pein sterben. Als der Spoletiner die Ursache der Krankheit des Herrn Filiberto hörte, dem er außerordentlich geneigt war, sagte er zu ihm: »Filiberto, laß mich machen: ich will schon Mittel und Wege finden, daß du mit dieser Frau nach deinem Belieben sprechen sollst.«
»Ich verlange nichts sonst«, antwortete der Kranke, »denn wenn ich das habe, so gibt es mir den Mut, sie dahin zu bringen, daß sie Mitleid mit mir hat. Aber wie willst du es anstellen? Ich habe mir damit immer vergeblich große Mühe gegeben, habe ihr Boten geschickt, reiche Geschenke, sehr große Versprechungen und habe doch nie etwas von ihr erreichen können.«
»Mach nur«, fügte der Spoletiner hinzu, »daß du gesund wirst, und für das übrige laß mich sorgen!«
Über diese Antwort wurde Filiberto so sehr zufrieden, daß er sich in kurzem bedeutend besser fühlte und wenige Tage später das Bett verlassen konnte. Alle Spoletiner sind, wie ihr wißt, große Schwätzer und ziehen durch ganz Italien und ernten fast regelmäßig die Almosen des ehrenfesten Herrn Sankt Anton: denn sie sind allmächtig in der Redseligkeit, frech und keck, lassen sich nie den Stoff des Gesprächs ausgehen und wissen auf wunderbare Weise zu allem zu überreden, was ihnen anzuraten in den Sinn kommt. Auch die meisten derer, welche die einfältigen Leute hinters Licht führen, indem sie ihnen den Segen Sankt Pauls verleihen, Schlangen, Nattern und Blindschleichen umhertragen und dergleichen Gewerbe treiben und auf den öffentlichen Plätzen singen, sind Spoletiner. Der Freund des Herrn Filiberto war nun von dieser Nation und war vielleicht seinerzeit auf mehr als einem Markte gestanden, um Bohnenpulver für Krätzsalbe zu verkaufen. Sobald er Herrn Filiberto geheilt sah, suchte er, des ihm gegebenen Versprechens eingedenk, Mittel und Wege, einen von denen zu finden, die mit einem um den Hals befestigten und unter dem linken Arme hängenden Korbe durch die Straßen gehen und Bänder, Fingerhüte, Stecknadeln, Schnüre, Borten, Paternosterkränze und andere ähnliche Sächelchen für Frauen zum Verkauf ausrufen. Er kam also mit diesem überein, stellte ihn zufrieden, nahm seine Kleider und seinen Korb und verkleidete sich in einen solchen Krämer. So ging er in die Straße, wo der Frau Zilia Haus lag, und fing an, im Aufundabgehen zu rufen, wie es üblich war. Als Frau Zilia es hörte, ließ sie ihn, da sie einen Schleier nötig hatte, ins Haus rufen. Da er sah, daß sein Anschlag ihm gelang, trat er beherzt in das Haus und grüßte die Frau mit liebevollen, schönen Worten, gerade als wäre er sehr vertraut mit ihr gewesen. Sie griff in den Korb und fing an, dies und jenes in die Hand zu nehmen; er aber ließ sie durchaus gewähren und
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