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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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geschehen, was da wolle, – wenn er die Sachen sich in die Länge ziehen sehe, so würde er einen schnellen Entschluß fassen und sie, nicht als einen Pagen verkleidet, sondern als sein rechtmäßiges Weib und als seine Gebieterin mit sich entführen, da es ihm ja unmöglich sei, lange Zeit ohne sie zu leben. Desungeachtet fühlte sich das trostlose Mädchen unfähig, ihre Tränen zu stillen, und so sagten sie sich endlich, als die Morgenröte anbrach, ein überaus schmerzliches Lebewohl, indem Romeo nach San Francesco, Julia in ihr Zimmer zurückkehrte.
    Zwei oder drei Tage später, nachdem Romeo seine Angelegenheiten so weit geordnet hatte, verließ er Verona, als fremder Kaufmann verkleidet, heimlich in sicherer Begleitung und gelangte glücklich nach Mantua, woselbst er ein Haus mietete und auf eine ehrenvolle Weise lebte, da es ihm sein Vater an nichts fehlen ließ. Julia weinte und seufzte indessen unablässig, aß fast gar nicht und schlief noch weniger, weil sie es die Nächte wie die Tage trieb, und wurde deshalb zu wiederholten Malen um die Ursache ihres Kummers von ihrer sie zärtlich liebenden Mutter befragt, die sie ermahnte, sich ihr anzuvertrauen und ihrem Leidwesen doch endlich ein Ziel zu setzen, das eines Vetters wegen etwas allzu weit gehe. Julia erwiderte ihr, sie wisse nicht, worum sie sich so härmen müsse, und fuhr fort, sich, sooft sie es nur imstande war, aus der Gesellschaft der Ihrigen zu stehlen, um ihren düsteren Gedanken nachzuhängen. Sie zehrte sich darüber so sehr ab und wurde so schwermütig, daß ihre Schönheit dem, was sie früher gewesen war, nicht mehr im geringsten ähnlich sah. Romeo schrieb ihr häufige Briefe und vertröstete sie immer mit der Hoffnung, bald wieder bei ihr zu sein. Er bat sie zwar auch inständigst, heiteren Sinnes zu sein und sich zu vergnügen; es blieb aber alles umsonst, weil nichts Geringeres als Romeos eigene Gegenwart sie trösten konnte.
    Da wurde Julias Mutter plötzlich der Meinung, die Betrübnis ihrer Tochter möge daher rühren, daß mehrere ihrer Gespielinnen seit kurzem verheiratet worden waren und sie desgleichen nach der Ehe Verlangen trüge. Sie teilte diesen ihren Gedanken ihrem Gatten mit und sagte zu ihm: »Mein lieber Freund! Unsere Tochter führt das trübseligste Leben von der Welt und tut nichts als weinen und seufzen, indem sie jedermanns Gesellschaft flieht. Ich habe sie zwar mehrere Male um die Ursache ihres Mißmutes befragt und diese auf jede Weise zu erforschen getrachtet; jedoch meine Bemühungen darum sind fruchtlos geblieben. Sie antwortet mir standhaft nichts anderes, als daß sie nicht wisse, was ihr fehle, und alle Leute im Hause zucken die Achseln und wissen nicht, was sie dazu sagen sollen. So viel ist sicher, daß irgendeine heftige Leidenschaft sie quält, weil sie sich so wie Wachs am Feuer aufzehrt. Ich habe diese Sache auf tausenderlei Weise bedacht und am Ende eine Möglichkeit als die wahrscheinlichste ihrethalb im Sinne behalten: ich glaube nämlich, daß Julias Niedergeschlagenheit daher kommt, daß alle ihre Jugendgespielinnen in diesem Karneval Gattinnen geworden sind und nur allein von ihrer Verheiratung noch nicht die Rede ist. Da nun unser Kind am bevorstehenden Sankt Euphemientage volle achtzehn Jahre alt wird, so will ich ein Wort, das sie betrifft, mit dir reden, mein lieber Gemahl, weil es mir eben jetzt an der Zeit zu sein scheint, daß du Sorge trägst, ihr einen ihr ebenbürtigen Ehegatten zu verschaffen, die da in der Tat keine immerdar im Hause zu behaltende Ware ist.«
    Herr Antonio hatte den Vorschlag seiner Gemahlin angehört und erwiderte ihr, da er ihm nicht zur Unzeit geäußert schien: »Ich will recht gern alles tun, liebe Frau, was geeignet sein mag, unserer Tochter einen ihrem Stande gemäßen ehelichen Gemahl auszufinden, insofern du mir von ihr sagst, daß ihre Traurigkeit aus ihrem Wunsche, vermählt zu werden, entspringe; aber suche du nur mittlerweile von ihr zu erspähen, ob sie etwa gar schon einen Liebeshandel hat, und welcher Mann ihr vorzugsweise angenehm sein dürfte?«
    Frau Giovanna versicherte ihm, daß sie das Ihrige tun würde, und ermangelte nicht, ihre Tochter und deren Dienerschaft aufs neue, wiewohl vergebens, auszuforschen.
    Zu derselben Zeit wurde in dem Hause des Herrn Antonio der Graf Paris von Lodrone, ein sehr reicher und schöner junger Mann von vier- bis fünfundzwanzig Jahren, bekannt, der sich bei fortgesetztem Umgang um die Hand der Tochter bewarb. Herr

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