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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Teig zu machen wußte, der, getrocknet und zerstoßen, ein mit wunderbarer Wirkung ausgestattetes Pulver abgab, indem es, in ein wenig Wasser aufgelöst und getrunken, den, der es genossen hatte, in ein oder zwei Viertelstunden in so festen Schlaf versenkte und seine Lebensgeister dermaßen betäubte, daß der erfahrenste und beste Arzt ihn hätte für tot ansehen müssen. Ein solcher süßer Schlaf pflegte dann wenigstens vierzig Stunden und zuweilen auch noch länger anzuhalten, je nach der Menge des genossenen Trankes und der eigentümlichen Stimmung des Körpers dessen, der ihn getrunken hatte. Sobald die Wirkung des Pulvers vorüber war, erwachte der Schläfer aus seiner langen Bewußtlosigkeit ohne das mindeste Übelbefinden. Wie nun der Bruder die Entschlossenheit der trostlosen Jungfrau klar erkannt hatte, so vermochte er, von Mitleid mit ihr überwunden, kaum seine Tränen zurückzuhalten, und sprach zu ihr mit bewegter Stimme: »Sieh, meine Tochter! Du mußt mir nicht vom Sterben sprechen. Wer einmal gestorben ist, kehrt nicht früher zurück als an dem Tage des Jüngsten Gerichtes, wenn wir Sterblichen zusammen mit allen Toten auferstehen. Du mußt daran denken, leben zu bleiben, solange es Gott gefällt. Er hat uns das Leben gegeben, erhält es uns und nimmt es uns wieder, sobald es dazu an der Zeit ist. Verscheuche du also die schwermütigen Gedanken von dir! Du bist jung und gegenwärtig noch bestimmt, zu leben und dich der Liebe deines Romeo zu erfreuen. Wir werden für alles Mittel finden, zweifle nicht! Du siehst, ich stehe in dieser schönen Stadt in großem Ansehen und in gutem Rufe. Erführe man, daß ich zu deiner heimlichen Vermählung mitgeholfen habe, so würde mir unendlicher Schaden und Schande daraus erwachsen. Was aber müßte nicht erst geschehen, wenn ich dir Gift gäbe? Ich habe keines, und wenn ich auch welches hätte, würde ich dir es doch um meines irdischen gleichwie um meines himmlischen Wohlergehens willen nicht geben. Du weißt ja wohl, daß im allgemeinen nichts von Wichtigkeit geschieht, was nicht durch meine Hände gegangen wäre. Es sind noch nicht vierzehn Tage her, daß der Herr dieser Stadt mich in einer höchst bedeutsamen Angelegenheit zu Rate zog. Deswegen, meine Tochter, will ich mich zwar gern für dich und Romeo bemühen und dazu mitwirken, daß du ihm am Leben erhalten und doch nicht dem Grafen von Lodrone zuerteilt wirst; aber die Sache muß nur so eingerichtet werden, daß kein Mensch jemals etwas davon erfährt. Höre, wie dies geschehen soll!«
    Der Bruder schilderte hier der Jungfrau genau die Eigenschaften seines Pulvers, das er schon viele Male erprobt habe, und fügte die Worte hinzu: »Dasselbe ist so wertvoll und tüchtig, daß es dir, in einem gesunden süßen Schlummer, den entschiedensten Anschein des Todes gibt, der sogar den geschicktesten Arzt, wenn er an deinen Puls fühlte, täuschen würde; obgleich es dich hernachmals, wenn du es verdaut hast, ebenso gesund und schön wie allmorgendlich vorher erwachen läßt. Trinkst du es nun etwa in der ersten Frühe beim Erscheinen der Morgenröte aus, so wirst du bald einschlafen und zu der gewöhnlichen Stunde, wenn deine Dienerinnen zu dir kommen, um dich zu wecken, nicht wieder aufwachen. Du wirst ohne Puls, kalt wie Eis daliegen. Sie werden deine Verwandten und Ärzte rufen, – und kurz, jedermann wird dich für tot ansehen, so daß man sich wird genötigt fühlen, dich am Abende in deiner Familiengruft beizusetzen. Dort wirst du eine Nacht und einen Tag gemächlich ruhen; in der nächstfolgenden Nacht aber kommt Romeo mit mir dahin – denn ich werde ihn durch einen besonderen Boten von dem Anschlage benachrichtigen –, um dich heimlich nach Mantua hinwegzubringen und in dieser Stadt zu verbergen, bis zwischen seinem und deinem Hause der langersehnte Frieden endlich gestiftet sein wird, was da, wie ich hoffe, bald geschehen soll. Willst du diesen Weg der Rettung nicht einschlagen, so weiß ich dir nicht anders zu helfen. Siehe aber auch wohl zu, daß du verschwiegen bist und ja dieses unser Geheimnis gegen niemand ausplauderst!«
    Julia, die für Romeo durch einen glühenden Ofen, geschweige denn in eine Gruft gegangen sein würde, maß den Worten des Bruders vollen Glauben bei und willigte in seinen Vorschlag, ohne weiter darüber nachzudenken, indem sie sagte: »Vater, ich werde alles tun, was Ihr von mir fordert, und lege mein Schicksal in Eure Hand; daß ich wissen werde zu schweigen, könnt Ihr

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