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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
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Die Frau war äußerst betrübt über den Tod ihres Gemahls und zog sich nach einigen Tagen in das Haus ihres Vaters, des Grafen von Warwick, zurück, der als einer der Räte des Königs in London wohnte.
    Es war in jener Zeit ein Krieg in der Bretagne zwischen Karl von Blois, der sich zum Herzog der Bretagne hatte erklären lassen, und der Gräfin von Montfort, der früheren Herzogin des Landes. Der König von Frankreich begünstigte Karl von Blois, seinen Vetter, und Eduard gewährte der Gräfin alle mögliche Hilfe, nachdem er erst einen Waffenstillstand mit den Schotten geschlossen hatte. Aus Veranlassung dieses Krieges wohnte er jetzt in London, und sobald er erfuhr, daß Alix sich hierher zurückgezogen hatte, dachte er, seine Liebschaft einigermaßen fördern zu können. Der König hatte diese Erinnerung in seinem Herzen immer festgehalten und vermochte seine Gedanken durchaus nicht auf einen andern Gegenstand zu lenken. Die Dame war nunmehr fünfundzwanzig bis sechsundzwanzig Jahre alt und nahm sich in ihrem Witwenkleide besser aus als je. Wie schon gesagt, war sie außerordentlich schön und verband mit dieser hohen Schönheit und Anmut und ihren andern schönen Eigenschaften die vollkommenste Sittsamkeit, was denn dem König die bitterste Zeit bereitete, ihr selbst aber am Ende, wie ihr hören werdet, die ewige Seligkeit verdiente.
    Der König also liebte mehr als je und setzte alle diejenigen Mittel ins Werk, durch die man die Gunst und Liebe einer Frau erwerben zu können behauptet. Da es aber dennoch mit der Erfüllung seiner Wünsche keinen beträchtlichen Schritt vorwärtsging, verzweifelte er fast an allem Erfolg seiner Liebe, und da er sich nicht losmachen wollte noch konnte, wußte er weder zu sterben, noch konnte er sich des Lebens freuen. Es war mehr als neun Monate, daß er so unglücklich liebte, und sooft er sie sah, glühte er immer von neuem Verlangen; er liebte sie mehr als alle geschaffenen Wesen, und nicht wie seine Untertanin, sondern schätzte und verehrte sie, als wäre sie die einzige Kaiserin der ganzen Welt. Doch mäßigte er sich insoweit und hielt seine Begierde im Zaum, daß er soviel als möglich allen andern diese seine glühende Liebe verhehlte und verborgen hielt. Nur einen seiner vertrautesten Kammerdiener hatte er mit in das Geheimnis gezogen; mit ihm sprach er dann oft von der Frau und von ihrer grausamen Sprödigkeit und glaubte dadurch einigermaßen seinen Liebesflammen Erleichterung zu gewähren. In der Tat muß jeder Liebende verschwiegen sein, denn die Liebe erheischt Verschwiegenheit und Treue, und nicht nur muß er sparsam sein mit Worten, die einem andern Kunde und Anzeichen geben könnten, welche Frau er liebt, sondern noch viel mehr behutsam muß er in seinen Handlungen sein, damit nicht das allzu häufige Vorübergehen vor ihrem Hause oder die vielen Höflichkeitsbezeigungen mit jenen Verbeugungen und Torheiten in spanischer Weise den Leuten das offenbaren, was man möglichst geheimhalten muß. Ich will jetzt nicht von denen sprechen, die, sobald sie eine Frau sehen, die ihnen gefällt, anfangen, ihr den Hof zu machen mit mehr Zeremonien als in der päpstlichen Kapelle zu Rom, und die sich so geschickt benehmen, daß in weniger als einer Woche die ganze Stadt merkt, daß sie eine Absicht auf jene Frau haben. Geht die Frau zur Kirche, so laufen solche Leute ihr auf dem Fuß nach und weichen Tag und Nacht nicht von ihrer Spur. In der Kirche sodann stellen sie sich ihr so gegenüber und heften ihre Blicke fest auf ihr Gesicht, als wären sie darauf festgebannt und versteinert. Dieselbe Haltung nehmen sie bei Festen, Tänzen und Spielen ein und begleiten sie auf den Straßen mit lauten feurigen Seufzern, so daß die Frau nie einen Schritt tun kann, ohne daß ihren Ohren der lästige Ton der Seufzer, ihren Augen das nachlässige Gehaben dieser zudringlichen Verliebten begegnet. Und noch nicht zufrieden mit diesen öffentlichen Schaustellungen, vielleicht aus Besorgnis, die Leute möchten nicht merken, was sie tun, wollen sie auch noch mit wirklichen Worten sich bemerklich machen; denn wo sie immer sind, wissen sie von nichts zu sprechen als von ihrer Geliebten und meinen, man müsse sie höher achten, weil sie solche Albernheiten begehen. Aber Gott bewahre alle anmutigen Frauen vor diesen ruhmredigen Narren, die nachher so weise sind, daß, wenn sie einen freundlichen Blick bekommen, sie davon auf den Märkten predigen. Stellt euch hiernach vor, was sie täten, wenn

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