Italienische Novellen, Band 3
zu ihrem Manne hatte, blieb sie bei ihrer Meinung, daß das, was das Mädchen ihr gesagt hatte, viel eher zum Scherz gesagt wäre als aus lüsternem Verlangen des Mannes nach ihr. Und sie sprach zu dem Mädchen: »Nigella, mein Mann erlaubt sich einen Spaß mit dir, glaube es mir! Aber wenn er es auch zu einem andern Zweck täte, so sage ich dir, die Männer sind Männer und die Frauen Frauen, und die Männer können mit den Frauen nichts tun, wenn diese nicht damit einverstanden sind, und eine Frau kann sich, wenn ein Mann sich anschickt, seinen Sturmangriff auf sie zu unternehmen, so gut verteidigen, daß er sie eher töten als vergewaltigen kann, wenn sie nicht will. Also, mein Töchterchen, wenn der Herr auch um dich herumscherwenzelt, so viel er will, und dich belästigt, wie er dich nur belästigen kann, so wird er doch niemals das von dir erlangen, was du ihm nicht geben möchtest. Und ich sage dir, wenn du von mir weggehst, wie du mir gesagt hast, könntest du leicht in die Lage hineingeraten, der du zu entfliehen suchst. Daher bemühe dich, vernünftig zu sein: wenn du so handelst, wirst du nichts zu fürchten haben.«
Der Nigella erschien es sehr seltsam, daß die Dame solches Vertrauen zu dem Doktor hatte, daß sie – während doch die anderen Damen oft auf ihre Ehemänner eifersüchtig werden, obgleich sie ihnen keinen Grund dazu geben, – daß sie, als sie etwas hörte, was ihr hätte unendlichen Argwohn einflößen müssen, nichts davon glauben wollte. Und damit die Dame nicht dächte, sie hätte ohne Grund zu ihr darüber gesprochen, begann sie abzuwarten, ob sich ihr eine Zeit bieten würde, wo sie der Dame zeigen könnte, daß all das, was sie ihr gesagt hatte, wahr sei; und deshalb ertrug sie geduldiger als bisher die Belästigung durch ihren Herrn, die von Tag zu Tag größer wurde. Da es aber dem Doktor so vorkam, als ob die Geduld, die Nigella an den Tag legte, ihm Hoffnung gab, sein Verlangen zu befriedigen, wartete er, bis das Schicksal ihm dazu eine günstige Gelegenheit bot.
Einmal war Nigella in eine Kammer hinaufgestiegen, worin das Mehl lag, um es zu sieben; denn am nächsten Tage wollte sie davon Brot backen. Sie nahm das Sieb und begann durch ziemlich lebhaftes Schütteln die Kleie von dem Mehl zu sondern. Der Herr Doktor hatte sein Scharlachgewand an, dessen Kapuze ihm über die Schulter hing, und wollte gerade zu seiner Vorlesung gehen; da merkte er, daß Nigella oben war und Mehl siebte. Als er daraufhin verstohlen in das Zimmer schaute und seine Frau eifrig mit weiblichen Arbeiten beschäftigt sah, meinte er, nunmehr Zeit und Gelegenheit zu haben, um sich ohne Argwohn Nigellas erfreuen zu können; und während er hätte die Treppe hinuntergehen müssen, um zu seinen Vorlesungen zu gehen, stieg er nach oben in den Raum, wo Mehl gesiebt wurde, faßte Nigella um den Hals und gab ihr einen Kuß, wobei er sagte: »Meine Seele, jetzt ist es Zeit, daß du mich nicht mehr quälst. Wem willst du die Blüte deiner Jungfräulichkeit geben, wenn nicht mir, der ich dich so sehr liebe und der ich dir so viel Gutes tun kann? Jedenfalls wirst du doch die Frau eines armen Mannes werden, der dich entjungfern wird; aber die hundert Lire, die ich dir geben werde, werden ihm lieber sein als noch so viel Jungfräulichkeit, die du ihm geben könntest. Außerdem – wenn du dich einmal verheiraten solltest, werde ich dir ein Mittel sagen, um dich so zurechtzumachen, daß es scheinen wird, als seiest du noch so jungfräulich, wie du aus dem Mutterleib hervorgegangen bist.«
Nigella schien die Zeit gekommen zu sein, ihre Herrin aus ihrem Wahne zu reißen; daher sprach sie: »Ihr macht mir so viel Versprechungen, mein Herr, und führt mir so viel Gründe an, daß ich Euch diesmal nicht Nein sagen kann und bereit bin, Euch gefällig zu sein. Aber ich möchte nicht, daß zum Unglück die gnädige Frau, die ich müßig in ihrem Zimmer ließ, als ich hierher kam, mich nicht mehr das Sieb schütteln hörte (ein Geräusch, das, wie Ihr wißt, dort unten ebenso gut gehört werden kann wie hier oben), daß sie dann nach oben käme und mich mit Euch zusammen fände, worauf wir beide, Ihr und ich, gleichzeitig Schimpf und Schande ernten würden. Daher ergreift gefälligst das Sieb und schüttelt es, solange wie ich hinuntergehe. Und wenn ich sie in solcher Beschäftigung finde, daß ich keine Schande zu befürchten habe, werde ich sofort zu Euch kommen und werde Euch vollkommenes Vergnügen an mir geben.«
Diese
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