Italienische Novellen, Band 3
über Euch lustig gemacht hat, als ob Ihr ein Einfaltspinsel wäret! Ihr Unglücklicher, wie wollt Ihr, daß noch jemand zu Euch kommt um Rat in Angelegenheiten des öffentlichen Lebens, wenn er sieht, daß Ihr die Gesetzbücher mit dem Sieb vertauscht habt? Wenn man das erführe, würdet Ihr auf diese Weise zum Gespött der Kinder werden, so daß Ihr nicht auf der Straße erscheinen könntet, ohne daß sie Euch hinterher schreien würden.«
Der Doktor sah, daß seine Frau nur zu sehr recht hatte, und zeigte sich ihr so demütig, daß ihr Zorn sich sehr schnell in Mitleid verwandelte. Sie verließen beide den Raum und gingen in die Stube, wo sie ihn mit Hilfe einer Bürste vom Mehl säuberte, von dem er so weiß geworden war, wie wenn er eingeschneit gewesen wäre. Den Studenten ließ er sagen, daß er infolge eines dazwischengekommenen Unfalles an diesem Tage keine Vorlesungen halten könne.
Obwohl die Frau Nigella wegen ihrer Anständigkeit lobte, wollte sie doch jemanden, der ihrem Mann solch einen Schabernack gespielt hatte, nicht vor Augen haben. Daher ließ sie ihr eine Mitgift geben und gab sie einem Schmied zur Frau, der sie nach Mantua, seiner Heimat, führte. So geriet alles in Vergessenheit, und sie lebte in größtem Frieden mit ihrem Mann.
Giovanni Battista Giraldi
Treulos, doch getreu
Vor nicht gar langer Zeit lebte in Pera ein Perote, namens Calisto, der eine Philotima genannte Griechin zum Weibe hatte. Wiewohl nun zwischen Peroten und Griechen von jeher wenige Übereinstimmung der Sitten stattfand, so herrschte doch zwischen Calisto und seiner Frau eine vollkommene Eintracht, und sie führten miteinander, in gegenseitiger Liebe und Treue, die friedsamste Ehe, die es geben konnte.
Da trug es sich zu, daß Philotima eines Tages zu einer Hochzeit eingeladen wurde und bei Tische einem jungen Griechen gegenüber zu sitzen kam, der so ausnehmend schön und anmutig war, daß man ihn hätte für einen dem Himmel entstiegenen Engel halten mögen. Philotima sah ihn unverwandten Auges an und konnte sich nimmermehr an seinem Anblicke sättigen, indem seine Blicke allmählich eine so energische Liebesglut in ihrem Busen entzündeten, daß sie am Ende ganz in Feuer und Flamme stand.
In ihrem Hause wieder angelangt, versah sie sich dessen, was wider ihren Willen mit ihr vorgegangen war, und schickte sich mit dem größten Ernste und Eifer an, das geschehene Übel womöglich wiedergutzumachen. Sie wendete ihr ganzes Sinnen und Trachten ihrem Gatten zu; und jedesmal, wenn ihr der Jüngling in die Gedanken kam, bildete sie sich ein, daß er Calisto sei, indem sie diesen in freiwilliger süßer Täuschung wie eine Neuvermählte mit tausend zärtlichen Liebkosungen überschüttete und also auf eine ehrbare, wiewohl vergebliche Weise ihre Leidenschaft einigermaßen durch ihn selbst zu lindern suchte. Alles, was sie inzwischen tat, um sich aus ihrer Verlegenheit zu befreien, verwickelte sie nur immer mehr darein, und da sie keinen Menschen hatte, dem sie ihren Kummer hätte klagen oder bei dem sie sich Rat und Trost hätte holen können, so empfand sie ihn um so schwerer, als sie ihn in ihr Inneres verschließen mußte. Die Arme hielt dafür, es sei das wirksamste Mittel gegen ihr Übel, dessen Urheber nicht mehr zu sehen, und erwählte damit in Wahrheit auch das beste Teil, da uns ja die Erfahrung unwiderleglich lehrt, daß man die Liebe nicht anders als durch Flucht vor ihr überwinden kann.
Nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatte, ging sie weder mehr aus dem Hause, noch ließ sie sich jemals wieder an Türe oder Fenster sehen, um ein für allemal den Anblick dessen zu vermeiden, für den sie sich so wunderbarerweise entzündet fühlte. Es sollte aber eben beispielsweise an ihr bewiesen werden, wie schwer man auf Erden einem schlimmen Geschicke entgehen kann. Denn ohne ihre Liebe irgend zu ahnen, schloß ihr Gatte eine enge Freundschaft mit jenem Jünglinge und begann, ihn nicht allein zum Mittags- und Abendessen mit sich nach Hause zu bringen, sondern auch überhaupt, als ob er sein Bruder gewesen wäre, jederzeit in seiner Gesellschaft zu sein. Das bedauernswerte junge Weib empfand darüber unendliches Mißvergnügen und wollte gar nicht vor dem jungen Manne erscheinen, indem sie, wie es in der Tat auch der Fall war, ihrem Gatten zu verstehen gab, daß ihr seine Gegenwart lästig falle, der sie wider seinen Willen ins Verderben stürzte. Calisto bildete sich dagegen ein, sie zeige sich dem Jünglinge nur um
Weitere Kostenlose Bücher