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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Gemütsart nicht lassen konnte, so beschuldigte er einen seiner Gefährten, er habe ihn verleiten wollen, einen Edelmann, der sein Feind gewesen, ums Leben zu bringen. Der Angeklagte ward hierauf ergriffen und auf die Folter gebracht, und da er die Anklage leugnete, so ward der Fähnrich ebenfalls auf die Folter gespannt und so heftig gemartert, daß ihm die Eingeweide zersprangen. Als er daher aus dem Gefängnisse entlassen und nach Hause gebracht wurde, verschied er elendiglich. So rächte Gott die Unschuld Disdemonas; und den ganzen Hergang erzählte die Frau des Fähnrichs, die nun alles wußte, nachdem er, wie ich euch erzählt habe, ums Leben gekommen war.

Giovanni Battista Giraldi
Der ertappte Tugendlehrer
    Ferrara ist zwar eine viel jüngere Stadt als die andern italienischen Städte; aber deswegen ist es nicht geringer als die andern hinsichtlich Größe und Pracht, geschweige denn in der Einsicht und Klugheit, mit der ihre Herren ihre Geschicke lenken, die alle ihre Sorge darauf verwenden, ihr Volk nicht nur zufrieden zu machen, sondern es auch mit allen Tugenden zu schmücken, die geeignet sind, freie Menschen zu adeln, das heißt, die das Studium der schönen Wissenschaften fördern. Dieses Studium ist die Ursache, daß unter den Bürgern immer in jeder Art Wissenschaft hochgelehrte Männer sich befinden. Und nicht nur bedienen sich diese ausgezeichneten Herren der Stadt der Geister ihres Vaterlandes, obgleich sie unter diesen recht hervorragende besitzen, sondern sie ziehen auch mit großen Gehältern angesehene Fremde heran, damit sie die Jünglinge zu allem Guten und Schönen begeistern.
    Nun befand sich in diesem Dienst an der Öffentlichkeit ein fremder Gelehrter, der in seinem Fache einen großen Namen hatte; er hatte auch seine Frau und sein ganzes Hausgesinde mitgebracht, worunter sich ein Mädchen befand, liebreizend, hübsch aussehend, anmutig und schlank, im Alter von fünfzehn Jahren. Obwohl der Gelehrte schon ein wenig in Jahren war und graue Haare hatte, dazu eine junge, schöne Frau besaß, so entbrannte er, was kaum zu glauben ist, in Liebe zu dem Mädchen; und wo er Gelegenheit dazu hatte, war er hinter ihr her, bald mit Scherzen, bald mit Worten, bald mit Tätscheln, und redete ihr zu, nett zu ihm zu sein und seinen Wünschen zu willfahren. Nigella – denn so hieß das Mädchen – wies ihn oft von sich und sagte zu ihm: »Herr, ich bin nicht dafür, mich einem Manne hinzugeben, so reich und mächtig er auch sein mag, mit dem ich nicht verheiratet wäre; und deswegen hört auf, mich in Versuchung zu führen, weil ich nichts für Euch und Ihr nichts für mich seid. Ihr würdet gut daran tun, Euch mit Eurer Frau zu begnügen, die nicht verdient, daß Ihr sie verachtet oder daß Ihr ihr solches Unrecht zufügt.«
    Trotz dieser Worte hörte der Gelehrte nicht auf, sie zu belästigen, und eines Tages ging er so weit, daß er, wie er sie an einem passenden Orte fand, ihr die Hand an den Busen legte, einen Kuß raubte und sprach: »Mein Süßes, wenn du mir nachgibst, werde ich dir hundert Lire zur Mitgift schenken.«
    Nigella erwiderte ihm: »Schenkt doch die hundert Lire einer andern, denn meine Ehre will ich behalten«, lief ganz aufgebracht von ihm weg und ging zu ihrer Herrin und sagte ihr, was der Gelehrte gesagt und ihr getan hatte, und daß sie keinen Schritt tun könne, ohne daß er hinter ihr her wäre und sie belästige, und sie bitte sie, ihr diese Plage vom Halse zu schaffen.
    Die Frau, die sehr wohl wußte, daß ihr Mann sicherlich ausgelassener war, als seiner Würde und seinem Alter entsprach, sagte zu ihr: »Nigella, du bist ein Dummkopf; wie du weißt, ist mein Mann recht ausgelassen, und wenn er mit dir scherzt, tut er es zum Spaß, nicht weil er von dir etwas Unanständiges verlangt; denn ich kenne ihn nicht als einen so kräftigen Hahn, daß er zwei Hennen zugleich braucht: er hat reichlich genug an mir.«
    »Ihr täuscht Euch«, erwiderte Nigella, »wenn ich seinen Wünschen so willfahren würde, wie er sich bemüht, dann würde ich von ihm entehrt werden, und Euch hätte er beleidigt. Aber abgesehen davon, daß mir meine Ehre lieb ist, so würde es mir zu leid tun, Euch so Veranlassung zu Kummer zu bereiten. Und ich sage Euch weiter, wenn er es weiter so treibt und Ihr keinen andern Ausweg findet, werde ich mir eine andere Herrin besorgen, denn ich will mich nicht so andauernd ärgern müssen, besonders in meinem jugendlichen Alter.«
    Aber weil die Frau viel Vertrauen

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