Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
letzten Worte gefielen dem Doktor, und da er wußte, in welcher Beschäftigung er seine Frau verlassen hatte, war er zufrieden, daß sie hinunterging, um sich zu vergewissern, dachte er doch, sie dann in größerer Ruhe genießen zu können; also sagte er: »Geh und komm bald wieder, damit ich zu meinen Studenten gehen kann, die darauf warten, daß ich ihnen eine Vorlesung halte, und bringe gleich die Bürste mit, um mir meine Kleidung vom Mehl reinigen zu können, das man vom Schütteln des Siebes darauf wird sehen können.«
    »Gern, mein Herr«, sagte sie, und das boshafte Mädchen verließ den Doktor, nahm die Treppe mit vier Schritten und suchte ihre Herrin auf.
    Als diese sie ganz weiß vom Mehl sah, dabei aber immer noch das Geräusch des Siebes hörte, fragte sie: »Was ist denn das, Nigella? Du bist hier unten, und von oben hört man das Sieb?«
    Darauf erwiderte Nigella: »Ich bitte Euch, gnädige Frau, kommt gefälligst nach oben; denn ich möchte, daß Ihr einen neuen Siebschüttler so gut das Sieb handhaben seht, um die Kleie vom Mehl zu sondern, daß Ihr Euch nicht weniger darüber wundern werdet, als ich es getan habe.«
    »Was für ein Wunder ist das denn?« fragte die Frau.
    »Ich möchte«, bemerkte Nigella, »daß Ihr es mit Euren eigenen Augen sehen sollt!«
    »Geh«, erwiderte die Frau, »ich folge dir; denn ich möchte doch sehen, was für ein Wunder es ist.«
    Während die beiden Frauen so miteinander sprachen, schüttelte der Doktor das Sieb mit kräftiger Hand und frohlockte, da er glaubte, Nigella dazu gebracht zu haben, ihm gefällig zu sein, und bei der kleinsten Bewegung, die er hörte, glaubte er, sie wäre es, die wiederkäme. Als er nun beim Heraufsteigen der Frauen Nigella husten und spucken hörte, erkannte er sie sogleich und rief ganz vergnügt: »Da ist sie ja!«
    Nigella blieb aber etwas zurück, als die gnädige Frau schon die letzte Stufe der Treppe erstiegen hatte, und da der Doktor meinte, es sei das Mädchen, rief er ihr entgegen: »Du wirst doch erst kommen, wenn es Gott gefällt! Ich bin schon ganz Mehl, und du wirst Mühe haben, mich zu säubern, das kannst du mir glauben!« Dabei wandte er sich rückwärts und erblickte an Stelle von Nigella – seine Frau, und da er sah, daß er von ihr überrascht war, schwand ihm mit einem Male die Besinnung.
    Aber die Frau, die alles andere eher gedacht hatte, als ihren Mann bei solcher Beschäftigung zu finden, geriet ganz außer sich und sprach: »So ist's gut, lieber Mann, daß Ihr aus einem Doktor und Herrn des Hauses, der Ihr gewesen seid, Euch in einen Siebschütteler verwandelt habt und der Diener Eurer Magd geworden seid! Was um Gottes willen habt Ihr machen wollen?«
    Bei diesen Worten wurde der Doktor röter im Gesicht, als das Scharlachgewand war, das er anhatte, und obwohl er in seinen Vorlesungen äußerst redegewandt war, stand er jetzt, wie seine Frau ihn scharf ausschalt, stumm da. Doch faßte er sich bald wieder und suchte nun die Frau mit den süßesten Worten zu besänftigen und bat sie, ihm seine Verschuldung im Hinblick auf die menschliche Schwäche zu verzeihen, die einem so mächtigen Feinde gegenüber, wie es Amor sei, wenig Widerstandskraft hätte, wenn Amor jemanden mit seiner ganzen Gewalt bestürme.
    »Wenn das so ist, lieber Mann«, sagte die Frau, »wie müßte ich von Euch entschuldigt werden, – die ich doch zum schwachen, kraftlosen Geschlecht gehöre und leichter besiegt werden kann als Ihr, – wenn ich, die ich jung bin, mit jungen Leuten das tun würde, was Ihr grauhaariger Mann mit Nigella tun wolltet?«
    Der Doktor antwortete ihr: »Das will ich nicht von dir denken, liebe Frau; denn ich weiß, daß du dich gegen solche Anfechtungen gewehrt hättest mit dem Schilde der Ehre, die dir, wie ich weiß, weit teurer ist als das Leben. Aber wenn es doch geschähe – was Gott verhüten möge! –, so würde ich dir ebenso verzeihen, wie ich möchte, daß du jetzt mir verzeihst.«
    »Jetzt seid Ihr sehr liebenswürdig und menschlich«, entgegnete die Frau, »aber Ihr habt nicht nötig, daß ich Euch verzeihe: denn nicht mir, sondern Euch habt Ihr Unrecht getan. Um meinetwillen würde ich Euch nämlich nicht ein einziges Wort sagen, wenn es sich nicht um Eure Schande handelte; aber es tut mir weh, wenn ich sehe, daß Ihr, der Ihr so viel wißt und andere lehrt, vernunftgemäß zu leben, Euch die Augen so habt zur Lüsternheit trüben lassen noch dazu in Eurem reifen Alter, daß ein junges Mädchen sich

Weitere Kostenlose Bücher