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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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seiner Liebe zu ihm willen abgeneigt, und sagte deshalb zu ihr, sie täte sehr unrecht daran, ihn zu hassen, denn er verdiente in Wahrheit, von jedermann geliebt zu werden. Er verbreitete sich darauf weitläufig über dessen Tugenden und Vorzüge und schloß mit den Worten: »Philotima! Wenn du ihn einmal solltest singen und spielen hören, du würdest dafür halten müssen, er verdiene nicht, daß man ihn hasse.«
    Die Frau, deren Sinn auf nichts anderes als darauf gerichtet stand, ihn aus ihrem Herzen zu verbannen, fühlte sich auf das höchste geängstigt, als sie ihren Gatten so sprechen hörte, und erwiderte, um keine neue Veranlassung zu erhalten, ihn zu sehen und zu hören, daß ihr dies völlig gleichgültig sei, und daß er ihr kein größeres Vergnügen machen könne, als ihr den Jüngling nimmer wieder vor Augen zu bringen.
    »Es ist wohl wahr, Philotima«, sprach Calisto, »daß die Frau die Freunde ihres Mannes in der Regel scheel ansieht. Aber über dich wundere ich mich dennoch, daß du, nachdem stets eine solche Eintracht zwischen uns obgewaltet hat, dich gegenwärtig meinen Wünschen so abgeneigt zeigst.«
    »Diese Eintracht, von der du sprichst«, antwortete sie, »sollte dich im Gegenteile abhalten, mir um seinetwillen mißfällig zu werden.« Er brach hier das Gespräch mit seiner Gattin ab, nahm sich aber vor, auch fernerhin nach seinem eigenen Willen zu handeln, sie möge darüber so mißvergnügt sein, als sie wolle. Indem er nun seinen freundschaftlichen Umgang mit dem Jünglinge fortsetzte, ereignete es sich, daß dieser eben eines Tages zu ihm kam, als er mit Philotima, wie er des öfteren zu tun gewohnt war, sang und musizierte. Calisto war darüber sehr erfreut, weil er meinte, daß, wenn seine Frau ihn singen höre, sie wohl oder übel davon ablassen müsse, ihm seine Freundschaft zu dem jungen Manne zu verargen. Mit heiterem Angesichte sich demselben zuwendend, sprach er: »Ihr kommt gerade zu rechter Zeit, uns mit Eurem Tenore zu begleiten«, gab ihm eine Geige in die Hand und zeigte ihm die Noten des Liedes, das sie sangen. Sie fuhren dann alle drei fort zu singen und zu spielen, und der Jüngling trug seine Stimme so anmutig und harmonisch vor, daß er hätte Steine, geschweige denn Weiberherzen in sich verliebt machen müssen.
    Philotimas Leidenschaft wurde zwar also auch ungemein gesteigert; mit ihrer Ehrbarkeit gewaffnet, leistete sie aber nichtsdestoweniger jedem unzüchtigen Verlangen in sich Widerstand. Hätte sie sich so ihrer Liebesglut entledigen können, wie sie ernstlich wünschte, der Vernunft die Oberhand zu lassen und ihre eheliche Treue rein zu erhalten, so würde sie nicht nötig gehabt haben, vor dem Anblicke und der Gesellschaft des Jünglings so ängstliche Scheu zu tragen. Inzwischen entbrannte sie von Tag zu Tag mehr, und weil ihr Gatte auf die angegebene Weise dem wilden Feuer in ihr selbst immer neue Nahrung verlieh, so wollte sie doch einmal versuchen, ob sie ihn nicht gegen den Jüngling argwöhnisch machen und ihn vielleicht also dahin bringen könne, ihn aus seinem Hause entfernt zuhalten. »Calisto«, sagte sie eines Tages zu ihm, »ich weiß nicht, wie du es geschehen lassen kannst, daß dein Freund so vertraulich und so frei in deinem Hause aus- und eingeht und allein bei mir bleibt, als ob er mein Bruder wäre? Bedenke doch, daß oft ein weit geringerer Anlaß hinreicht, demjenigen etwas zu denken und zu reden zu geben, der den Lauf der Welt mit scharfen Augen betrachtet und gemeiniglich geneigter ist, was da geschieht, zum Bösen, als zum Guten auszulegen. Ich will dir nicht nur in der Tat treu sein und bleiben, so wie ich es bin, sondern auch durchaus keinen Argwohn veranlassen, der meine Ehre beeinträchtigen könnte, und du selbst solltest es dir angelegen sein lassen, meinen guten Ruf und Namen vor jedem etwaigen schlimmen Verdachte sorgfältig zu bewahren.«
    Der Ehemann erwiderte ihr, daß er sich ihrer Ehrbarkeit sehr wohl bewußt sei, die Bescheidenheit und den Wert seines Freundes aber ebenfalls nicht verkenne und eben um der einen wie der anderen willen sie mit so vollem Vertrauen bei einander lasse. »Was die öffentliche Meinung anlangt,« fügte er hinzu, »so spricht man von einer ehrenwerten Frau, wie du bist, auch nicht anders als ehrenvoll.«
    »Und wenn ich eine Heilige wäre«, antwortete sie ihm, »wie man ja je zuweilen ehrbare und getreue Frauen nennt, so sage ich dir doch, Calisto, daß die Frauen es nicht besser haben, als ihr

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