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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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ihm: »Es könnte sehr wohl geschehen, Calisto, daß dieser Jüngling die Liebe eines Weibes fesselte; denn ich halte dafür, daß es nicht in unserer Willkür steht, ihren Flammen zu entfliehen oder sie durch keusche, frostige Gedanken in uns zu löschen. Wenn aber ein solches Weib etwa schon einem Gatten vermählt wäre und die Achtung vor ihrer Ehre hätte, die sie notwendigerweise haben müßte, wenn sie für achtungswert gelten wollte, so würde sie weit lieber wie ein braves Weib sterben, als ihre Ehre durch Verrat an ihrer ehelichen Treue beflecken und beschimpfen. Was mich betrifft, so weiß ich wenigstens für gewiß, daß ich so handeln würde, wofern mein Mißgeschick es mit sich gebracht hätte, mich für jenes Jünglings Schönheit, die du eine so seltene nennst, in Liebe zu entzünden.«
    Calisto sagte darauf: »Ich liebe dich so sehr, Philotima, daß ich beklagen würde, geboren zu sein, wenn du jemals daran dächtest, sterben zu wollen, um etwa deine Liebe zu einem Jünglinge, dessen Reize dein Verlangen erregt hätten, mit deinem Tode zu büßen.«
    »Und ich würde es bejammern, zu leben«, fiel sie ihm in das Wort, »wofern eine törichte Sehnsucht mich jemals zu dem Gedanken verleiten könnte, durch einen Treubruch an dir meine Ehre zu beeinträchtigen: denn in meinen Augen ist ein Leben voll Schande nichts als Tod, ein ehrenwerter Tod hingegen für den Eingang in das ewige Leben anzusehen.«
    Calisto wollte nach dieser Verständigung den letzten Versuch wagen, sie am Leben zu erhalten, und redete sie also an: »Philotima, ich weiß es, um von nun an unverhohlen mit dir zu sprechen, daß du diesen Jüngling liebst, und daß dich diese Liebe allmählich nur um deswillen zu einem schlimmen Ausgange führt, weil du mir deine Treue und dir deine Ehrbarkeit erhalten willst. Den unzweideutigsten Beweis dieser Wahrheit finde ich darin, daß ich sehen muß, wie es leider so weit mit dir kommen konnte. Da du denn aber keinen Vorschub hast benutzen wollen, den ich, schon lange Zeit im Geheimnisse deiner Leidenschaft, derselben gern zu deiner Heilung geleistet hätte, und da du dich im Gegenteile von der Sehnsucht immer mehr verzehren läßt, so fordere ich dich hiermit auf, gleichwie du mir deine Ehrbarkeit zur Genüge bewiesen hast, mir nunmehr auch die Liebe darzutun, von der ich dich immer zu mir durchdrungen glaubte. Du kannst dies auf keine bestimmtere Weise tun, als indem du dich am Leben zu erhalten suchst, und wie ich denn wohl weiß, daß dir dies nicht ohne den Genuß deiner Liebe gelingen wird, so bitte ich dich, ihr zu leben, weil ich dich mir lieber dadurch erhalten, als dich sterben sehen will. Tröste und stärke dich, wenn die äußerste Hinfälligkeit, in der du dich befindest, dich für den Augenblick diesen Genuß nicht wünschen läßt, damit du dich ihm nach deiner völligen Genesung überlassen kannst! Und wofern ich also, Philotima, dir mein Mitleiden zu erkennen gebe, so sei auch du, ich bitte dich, nicht grausam gegen dich, oder trage wenigstens, wo nicht mit dir selbst, so doch mit deinem Calisto Erbarmen, den du gewiß nicht infolge deiner Beharrlichkeit auf deinem Entschlüsse wirst absichtlich töten wollen, und der dir mit so großer Liebe zugetan ist, daß er dir, wenn du dich sterben ließest, alsbald folgen und dich so zur Mörderin an dir selbst wie desgleichen an ihm machen würde. Bedenke, was ohne Vater und Mutter aus unseren kleinen Kindern werden sollte, die so leicht auf Irrwege geraten könnten, und tue danach, was deine Pflicht von dir als gehorsamer Gattin und als liebevoller Mutter erheischt!«
    Sowie er dies gesagt hatte, schwieg er fast weinend still, und das schon am Rande des Grabes stehende Weib antwortete: »Nachdem ich dir, Calisto, jederzeit so innig zugetan war, daß mein Herz von keinem anderen Manne als von dir wußte, bin ich allerdings, ich will dir in diesen letzten Stunden meines Lebens die Wahrheit nicht verleugnen, in so glühender Liebe zu diesem Jünglinge entbrannt, daß es nicht mehr in meinem Vermögen steht, der mich vernichtenden Allgewalt dieser Flammen mich zu entziehen. Ich hätte wohl gern gewünscht, du möchtest mich vor diesem Geständnisse, aus dem du erkennen wirst, wie gefährlich es für dich war, einen solchen Jüngling in dein Haus einzuführen, ebensowohl und zwar als so schwach gekannt haben, wie du mich jetzt kennst, weil du mich alsdann vor der schweren Versuchung würdest behütet haben, der du mich durch seinen mir

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