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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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er doch auf keine Weise auch nicht im geringsten imstande sei, dem Rufe zu genügen, den er sich in Venedig erworben und in dem ihn jener neuerdings gegen die Frau bestätigt hatte.
    Der Graf, der gewohnt gewesen war, ihn heiter und aufgeräumt zu sehen, und nun mit einem Male diese unendliche Schwermut an ihm entdeckte, derzufolge Scherz und Spaß und alle gute Laune und Heiterkeit von ihm gewichen und vertrieben waren, sagte zu ihm: »Was hast du, Filippo? Was wandelt dich so plötzlich an, das dich so außer dir selbst bringt und dich so ganz anders erscheinen läßt, als du warst? Wo ist deine Munterkeit und dein fröhliches Wesen hin?«
    Filippo kannte zwar den Grafen als einen freigebigen, großmütigen Herrn; es schien ihm jedoch unmäßig viel dazuzugehören, der hohen Meinung, die jenes Weib in Venedig von ihm gefaßt hatte, zu genügen, so daß er nicht wagte, seinem Beschützer die Ursache seiner Betrübnis zu entdecken.
    »Graf«, antwortete er daher, »der Grund des mich bedrückenden Kummers liegt allzu tief, und da ich weiß, wenn ich ihn ausspräche, würdet Ihr um meinetwillen betrübt werden, so schweige ich, um Euch nicht zu belästigen, und ertrage ein Übel, dem nicht abzuhelfen ist, für mich allein.«
    Hierauf sprach der Graf mit sehr wohlwollendem Gesicht: »Ei, Filippo, solange wir noch leben und atmen, gibt es in allen Dingen Rat und Hilfe. Verbirg mir die Ursache deiner Schwermut nicht! Vielleicht ist das, was du als so unrettbar aufgibst, doch nicht so ganz verloren, wie du glaubst, und du siehst wohl deine hoffnungslose Niedergeschlagenheit noch in völlige Genüge übergehen. Sage es mir, ich bitte dich! Wenn es etwas ist, worin ich dir mit allem, was mir zu Gebote steht, helfen kann, so sollst du mich so bereit finden, es zu tun, als wenn es für mich selber wäre.«
    Diese Worte erweckten in Filippo große Hoffnungen, er könne auch in seiner Armut die schöne Venezianerin glauben machen, der Titel »Herr« gebühre ihm in Ferrara so gut, als er ihn in Venedig erworben hatte.
    »Herr Graf«, sagte er daher zu dem Grafen, »während mir das Schicksal noch lächelte, liebte ich in Venedig eine sehr schöne feine Kurtisane, und zu meinem Glück oder Unglück entbrannte auch sie in solcher Leidenschaft gegen mich, daß sie alle andern verschmähte, welchen sie vorher gefällig gewesen war, und ihr ganzes Sinnen und Trachten ausschließlich auf mich allein richtete, und daß ich der Besitzer dieser seltenen Schönheit wurde, die jeden mit Bewunderung erfüllte, für alle die zu grenzenlosem Neide, die sich früher von ihr für besonders begünstigt erachteten. Diese Liebschaft hielt aus so lange wie mein Beutel; nicht etwa, als ob sie mich nun weniger hochgeschätzt hätte: sondern weil ich mich in der Unmöglichkeit sah, längere Zeit auf demselben Fuße wie seither mit ihr zu leben. Ich hielt es demnach für geratener, mich von ihr zu entfernen und sie in der über mich gefaßten Meinung zu lassen, als länger bei ihr zu bleiben, das Ansehen zu verlieren, das ich bei ihr gewonnen, und am Ende unter großer Schmach den andern zum Gelächter zu werden, die sie um meinetwillen verlassen hatte. Ich setzte daher Versprechungen an die Stelle, wo ich mit Taten nicht ausreichte, schützte ein unvorhergesehenes wichtiges Ereignis vor, das mich nach Ferrara zurückrufe, und trennte mich von ihr. Die Augen standen ihr voll Tränen, als ich von ihr Abschied nahm, und als sie mich das letztemal umarmte, bat sie mich, unsere baldige Wiedervereinigung nicht zu verzögern. Ich ging nur mit dem innigsten Mißvergnügen von ihr fort, und wenn ich außer dem vergeudeten noch weiteres Vermögen gehabt hätte, so schwöre ich Euch bei meiner Ehre, ich würde es zu Geld gemacht haben und hingegangen sein, um sie noch ferner zu genießen. Aber mein Schicksal wollte, daß ich schon meinen letzten Heller mit ihr durchgebracht hatte. Ich meinte nun längst von ihr vergessen zu sein und sie denke nicht mehr an mich, – siehe, da kommt sie nach Ferrara und spürt mir eifrig nach. Nun fürchte ich sehr, sie möge mich finden und für den armgewordenen Edelmann erkennen, der ich bin, wenigstens der Tat, ob auch nicht dem Geiste nach, und das erregt mir unendliches Leidwesen; denn ich sehe klar, daß der Ruf, den mir mein früheres Leben bis hierher erhalten hat, mir nunmehr von meinem jetzigen ganz entrissen wird, und meine Armut selbst, die ich stets mutvoll ertragen habe, ist mir nie so lästig gewesen wie jetzt,

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