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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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alltäglich gegenwärtigen Anblick preisgabst. Da es denn nun aber, dem Willen meines widerwärtigen Schicksals zufolge, also mit nur gekommen ist, so will ich dir, Calisto, ebenso getreu sterben, als ich dir im Leben getreu war. Des Mittels, welches du mir jetzt zu meiner Rettung anbietest, kann ich mich ebensowenig bedienen, als ich mich der Gelegenheiten bedienen konnte, die du mir vordem dazu bereitet hast, wie du sagst. Denn wiewohl du mir in beiderlei Weise aufs neue die große Liebe zu erkennen gegeben hast, mit der du schon unser ganzes früheres Leben bereichertest, so bin ich doch nicht fähig, dir meine gegenseitige Liebe und meine Dankbarkeit dadurch zu betätigen, daß ich mein dem Tode einmal verfallenes Dasein mit Aufopferung meines reinen Bewußtseins und meiner Selbstachtung rettete. Nein! Ich will mich viel lieber durch meinen Tod deiner und deiner Liebe würdig machen, als durch ein verdammliches Mitleiden mit dir und unseren Kindern auch noch die Schuld der Schwäche und damit eine ewige Schande auf mich laden. Lebe du also, mein teuerster Calisto, und halte das Angedenken deiner gestorbenen Philotima wert, indem du dir in Gedanken vorstellst, wie sehr sie dich in jenem anderen Leben lieben wird, wofern es wahr ist, daß sich auch jenseit die Seelen lieben, die sich einander in diesem Leben angehörten! In unseren lieben Kindern, die ich dir eng an dein Herz lege, erhalte dir das Angedenken unserer einstigen Liebe und Zärtlichkeit!«
    Das junge Weib vermochte hier nicht weiterzureden und verstummte. Wenige Tage darauf starb sie und hinterließ ihren Gatten in so schwerem Herzeleid, daß er, solange er lebte, keinen anderen Trost mehr als in der Erinnerung an die Treue und Keuschheit seiner innig geliebten Philotima finden wollte.

Giovanni Battista Giraldi
Filippo Sala und sein Herr
    Filippo Sala, ein edler ferrarischer Bürger, war von Natur mit schönem Äußern, sehr einnehmendem Geschick zur Unterhaltung, Rede und Verhandlung ausgestattet, und auch sonst war das Glück nicht karg mit seinen Gaben gegen ihn gewesen; denn durch Erbschaften, die ihm von seinem Vater sowie von andern Verwandten zufielen, erlangte er einen anständigen Reichtum. Wenn nun dieser Reichtum jedem andern hätte genügen können, der nicht über seine Kräfte hinausgestrebt, so gab er, obwohl ein geborner Bürger, sich doch das Ansehen eines großen Herrn und fing unbedachtsamerweise an, große Summen in Spiel, Kleidern, Pferden, Jagden, auf die er sich zu Lande wie mit Falken gründlich verstand, zu verschwenden, und dehnte seine Liebeshändel so weit aus, daß er in kurzer Zeit alles ausgegeben hatte, was er besaß, und in Armut versunken war. Er pflegte oft nach Venedig zu kommen, das einen Überfluß an leichtfertigen, für Geld käuflichen Frauen besitzt; dort lebte er mit vielen von ihnen äußerst vertraut; er bezahlte und schenkte reichlich, als wäre er ein großer Fürst; sein Äußeres war sehr einnehmend; er konnte singen, spielte verschiedene Instrumente, besonders die Laute, sehr geschickt und erwarb sich solche Beliebtheit bei derartigen Frauen, daß keine war, die nicht gewünscht hätte, sich ihm zu ergeben, um seiner ritterlichen Freigebigkeit teilhaftig zu werden und sich seiner Anmut zu erfreuen. Da geschah es, daß eine dieser Dirnen, die in ihrem schändlichen Gewerbe eines großen Rufes genoß, für Filippo so heftig entbrannte, daß ihr gar nicht wohl war, als solange sie in seiner Gesellschaft verweilte, und auch er verliebte sich in ihre außerordentliche Schönheit dergestalt, daß er auch, als er nicht mehr viel zu verschwenden hatte, nicht unterließ, sein Verlangen nach ihr zu befriedigen und durch Geschenke ihre Liebe zu nähren.
    Als es nun aber mit seinem Vermögen ganz zu Ende war, schied er, ehe die Frau seinen Verlust bemerkte, unter einem guten Vorwande von ihr, hinterließ ihr jedoch eine Menge von Versprechungen und namentlich die, daß er in wenigen Tagen wieder zu ihr zurückkehren werde. Als er nach Ferrara kam und ihm nun nichts übriggeblieben war von seiner reichlichen Verschwendung als der Verdruß, hielt er sich ärmlich zu Hause. Doch hatte er die ihm angeborene Seelengröße keineswegs eingebüßt und ertrug seine gedrückten Verhältnisse mit eben der hohen Gesinnung, womit er seine Reichtümer durchzubringen wußte, und obwohl er alles verloren hatte, glaubte er doch in seinen Gedanken noch auf silbernen Gefäßen Fasanen, Rebhühner, Hasen und andere Leckerbissen zu

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