Italienische Novellen, Band 3
ließ aller menschlichen Berechnung entgegen einen Fall eintreten, der Nonna zur höchsten Befriedigung gereichen sollte. Pantheone hatte nämlich einen Brief an Lipera geschrieben, in dem er sie bat, seine treue Liebe anerkennen zu wollen und ihm geneigtes Gehör zu gönnen; diesen übergab er einer Frau, die viel in das Haus des Mädchens kam, an das er gerichtet war, und sagte zu ihr: »Da, nimm diesen Brief und bring' ihn der Dame, die, wie du weißt, von mir über alles in der Welt geliebt ist. (Er hatte sich ihrer nämlich schon öfters in diesem Liebeshandel als Mittelsperson bedient.) Begleite das Schreiben mit den Worten, die dir geeignet scheinen, um sie zu bestimmen, daß sie mir Antwort gebe! Denn wenn ich das durch deine Vermittelung erreiche, so werde ich dir so reichlich lohnen, daß es dich nicht reuen soll, mir gedient zu haben.«
Mesa (so hieß sie) nahm den Brief, versprach ihm, seinen Auftrag zu bestellen, und ging weg. Da sie aber aus früheren Erfahrungen wohl wußte, wie sehr Lipera ihn hasse, und daß es in den Wind geredet wäre, wollte man sie zu dem zu bestimmen suchen, was Pantheone verlangte, so beschloß sie, Pantheone zu sagen, sie habe zwar den Brief überbracht, allein die Jungfrau habe trotz aller Worte und Bitten ihn gar nicht annehmen wollen. Dieselbe Frau war nun sehr genau bekannt mit Nonna: denn da diese ihre Freundschaft mit Pantheone kannte, hatte sie sie auch mehrfach als Vermittlerin gebraucht, um ihn zur Gegenliebe zu stimmen. Sie ging nun zu ihr und erzählte ihr, was sie mit dem ihr zur Bestellung übergebenen Briefe anfangen wolle.
»Ich Unglückliche«, sagte Nonna weinend, »was traf doch mich für ein herbes Los, daß ich, obwohl ich diesem Mann mit solcher Treue und Liebe zugetan bin, nie die Gunst erreichen kann, ihm ein Wörtchen zu sagen! Und er müht sich vergebens, von einer geliebt zu werden, die ihn doch haßt, und die darum ebenso von ihm gehaßt zu werden verdient, wie sie von mir gehaßt wird, denn in ihr ist das Ende der Liebe meines Geliebten.«
Bei diesen Worten wandte sie sich zu Mesa und bat sie, ihr den Brief zu zeigen und sie ihn lesen zu lassen. Die gute Frau gewährte es ihr und gab ihr ihn.
»Ach«, sprach sie, als sie ihn gelesen hatte, »warum hat der Himmel nicht gewollt, daß er diesen Brief mir schickte? Ich würde mich damit für das glücklichste Weib auf Erden halten.«
Als Mesa dies hörte, sagte sie zu ihr: »Da ich ihn Euch gebracht habe, so seht es an, als habe er ihn Euch geschickt; Ihr könnt Euch so selbst täuschen und seid dann auch glücklich.«
»Das wäre nichts anders«, entgegnete Nonna, »als wachend zu träumen und von der Luft zu leben ohne Hoffnung, dem Ziel meiner Wünsche näherzurücken.«
Indem Nonna so sprach und weinte, rührte Mitleid mit dem Mädchen das Herz Mesas. Sie wandte all ihr Dichten und Trachten darauf und strengte all ihren Verstand an, um sie zu befriedigen; und wiewohl ihr für jetzt nichts Passendes einfiel, so dachte sie doch, es werde sich mit der Zeit ein Mittel finden. Daher suchte sie das Mädchen zu trösten und sagte zu ihr: »Und was meintet Ihr, wenn dieser Brief Euch nicht allein mit Hoffnung erfüllte, sondern mir auch noch die Mittel an die Hand gäbe, Eure Wünsche wirklich zu befriedigen?«
»Und wie sollte das geschehen?« fragte Nonna.
»Ich will Euch sagen, was mir eingefallen ist: Ich meine, nachdem sich einmal diese Gelegenheit Euch geboten hat, solltet Ihr Euer Glück benützen und denken, dies sei einzig nach der Fügung der unsterblichen Götter geschehen, welche Eure ehrbaren Bestrebungen, Pantheone zum Mann zu bekommen, begünstigen wollen. Damit nun dies erfolge, sollt Ihr statt des von ihm geliebten Fräuleins in der Art, wie es Euch am besten scheint, ihm antworten; ich bringe ihm den Brief, und er ist, in der Meinung, er komme von seiner Geliebten, befriedigt. Er wird antworten, ich bringe Euch die Antwort, und es könnte geschehen, wenn er immer schreibt und Ihr antwortet, würde sich leicht ein Zwischenfall einstellen, der Euch auf immer glücklich machen könnte.«
»Weh mir«, sagte Nonna, »wie schlimm ist es doch, Mesa, dergleichen Dinge zu ersinnen, und wie wenig Wert haben sie, wenn man sie sich nur vorstellt! Aber wenn ich auch auf die Täuschung, die du mir vorschlägst, eingehe, – was wird die Folge davon sein, als daß ich klar erkenne, daß er jene andere liebt und mich gering schätzt, daß ich Schatten umarmen darf, während sie Pantheone ans
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