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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Kindern und von ihren nächsten Verwandten und Freunden begleitet, weinend und schreiend aus Pisa herbei, warf sich, als sie den Leichnam in der Kirche ausgestellt sah und ihn in der Tat für den ihres Gatten nahm, verzweiflungsvoll, mit aufgelösten Haaren und verschobenen Gewändern, über ihn und konnte so wenig ein Maß und Ziel finden, ihn zu küssen, zu umarmen und auf das herzbrechendste mit ihren bitterlich weinenden Kleinen zu bejammern, daß alle Umstehenden vor Trauer und Mitleiden darüber fast vergingen.
    Der noch anwesende Gabbriello, der Frau und Kinder unendlich gern hatte, vermochte vor tiefer Rührung seine Tränen ebensowenig zurückzuhalten und sprach zu ihr mit gebrochener Stimme, um die allzubetrübte und verzagende Gattin ein wenig zu trösten und aufzurichten, indem er Lazzaros Hut tief in die Augen gedrückt auf dem Kopfe trug und sich mit einem Tuche die Tränen abtrocknete, von ihr und allen andern für Lazzaro angesehen: »Gib dich zufrieden und weine nicht so sehr, gutes Weib; ich werde dich nicht verlassen. Dein Mann hat aus Liebe und Gefälligkeit zu mir, gegen seine eigene Neigung, heute seinen Fischzug angestellt, und da ich also teilweise schuld an seinem Tode und an deinem Unglücke bin, so will ich auch dir und deinen Kindern immer hilfreich beistehen und für euch sorgen. Weine und jammere nur nicht so sehr, fasse dich und geh nach Hause! Solange ich lebe, soll es dir an nichts fehlen, und wenn ich einmal sterbe, will ich dir so viel hinterlassen, daß du für deinen Stand zur Genüge haben sollst.«
    Bei diesen letzteren Worten weinend und schluchzend, gleich als ob er sich Gabbriellos Tod und das Elend seiner Familie so übermäßig zu Herzen nähme, ging er, von allem Volke belobt und gepriesen, als Lazzaro von dannen. Und nachdem sich die Santa mit den allzuvielen Tränen fast die Augen wund geweint und mit den unablässigen Wehklagen die Zunge müde gesprochen hatte, kehrte auch sie, zur Stunde, da der Ertrunkene beerdigt werden sollte, in Gesellschaft ihrer Verwandten in ihre kleine Wohnung nach Pisa zurück, von dem Zureden dessen, den sie steif und fest für Lazzaro hielt, allerdings einigermaßen beruhigt. Gabbriello, der sich zufolge seiner Ähnlichkeit mit Lazzaro zu diesem umgestaltet hatte, war bereits als solcher in dessen Haus getreten und hatte sich, weil er mit seines Freundes häuslicher Art und Weise innig vertraut war, ohne zu grüßen in ein reiches, nach einem schönen Garten hinausgehendes Gemach begeben. Daselbst zog er die Schlüssel aus der Tasche des gestorbenen Eigentümers und fing an, alle Kasten, Schränke und Koffer und mit anderen Schlüsseln viele Schatullen, Kistchen und Pulte zu öffnen und fand in denselben zwar, außer den Tapeten und Teppichen, der wollenen, leinenen und samtnen Stoffe und der reichen Kleider aus den Erbschaften des alten Arztes und der Brüder des Ertrunkenen die Menge, zu seiner höchsten Freude aber auch, neben vielen goldenen Kleinodien und Juwelen, an die zweitausend Goldgulden und vierhundert Silberstücke vor. Gabbriellos ganzes Sinnen und Trachten war nun darauf gerichtet, zunächst seine Hausgenossen genugsam zu täuschen, um von ihnen für Lazzaro gehalten zu werden, und also kam er, dessen Gewohnheit nach, gegen die Stunde des Abendessens fast weinend aus seinem Zimmer hervor. Diener und Magd, zu denen mittlerweile die Kunde von Santas Mißgeschick und das Gerede der Leute gedrungen war, daß Lazzaro zum Teil es mit verschuldet habe, schrieben diese Stimmung der Trauer um Gabbriello zu. Er aber rief den Diener zu sich, befahl ihm, sechs Brote zu nehmen und zwei Flaschen Wein zu füllen, und schickte damit noch die Hälfte seiner Abendmahlzeit durch ihn der Santa zu, die sich seiner Gaben freilich nicht sehr erfreuen mochte, weil sie nichts tat als weinen. Als der Diener zurückgekehrt war, ließ sich auch Gabbriello an, sein Abendbrot einzunehmen; da er aber, um Lazzaro desto mehr zu gleichen, nur wenig zu essen sich getraute, so stand er bald wieder vom Tische auf, ging, ohne weiter etwas zu sprechen, fort und schloß sich in sein Zimmer ein, aus dem er nicht früher wieder als am anderen Morgen um zehn Uhr zum Vorschein kam. Dem Diener wie der Magd wollte es zwar dünken, daß er in seiner Art zu essen und zu reden etwas verändert sei; sie schrieben dies aber seinem Leidwesen über den Unfall des armen Fischers zu, verzehrten ihr Abendmahl und legten sich auch ihrerseits schlafen, als die Zeit dazu gekommen

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