Italienische Novellen, Band 3
Ihr wollt von Tuch; oder wollt Ihr ein Paar Handschuhe von Bocksleder nach der spanischen Mode, oder einen schönen gestrickten seidenen Gürtel?«
Er meinte ihm hiermit große Anerbietungen zu machen. Der Priester dachte, ihn nun bereits auf dem Punkte zu haben, wo er ihn wünschte, und um den Roman zu einem erfreulichen Ende zu führen, nahm er sich vor, ihm einen Streich zu spielen, und sagte zu ihm: »Misser Giovambatista, die Liebe und Zuneigung, die ich zu Euch fühle, ist so groß, daß ich Euch umsonst aus bloßer freundlicher Gesinnung dahin führen will; denn Eure Tugenden, wie gesagt, übertreffen alles andere.«
Nachdem er dies zu ihm gesagt hatte, nahm er ihn bei der Hand und machte sich auf den Weg mit ihm nach seiner Wohnung. Der Priester stand ganz vertraut mit seiner Herrschaft; denn außer seiner Lehrerstelle war er auch im Hause erzogen. Unter verschiedenen Gesprächen kamen sie an, stiegen die Treppe hinauf und fanden im Saale die Hausfrau, die in der beschwerlichen Zeit der unerträglichen Hitze hier im Kühlen Ölzweige in ein Tuch stickte. Als sie eintraten, empfing sie die Frau mit heiterer Stirn und hieß den Fremden freundlich willkommen, wußte aber nicht, daß es ihr Liebhaber sei. Wie wenn ein edler und vornehmer Gast eintritt, legte sie bei seiner Ankunft ihre Arbeit weg, ließ den gelehrten Herren Sitze bieten und unterhielt sich einige Zeit ziemlich lebhaft mit ihnen.
Der Priester versuchte mehrmals auf eine schickliche Weise ihr zu verstehen zu geben, daß der Magister in sie verliebt sei.
»Fürwahr, Madonna«, sagte er, »sehr glücklich ist der Tag, wo zwei Liebende sich zusammenfinden und sich miteinander unterhalten können, wie jetzt diese beiden Herrschaften.«
Der Herr Hofmeister verstand die Worte des Geistlichen nicht; sie aber merkte daraus, daß es ein Einfallspinsel sei.
Der gute Priester, der alles wußte, stachelte noch mit verschiedenen Reden seinen Herrn Verliebten, bis die wackere Dame vollständig zur Einsicht gelangte, daß der Hauslehrer ein Narr sei; sie faßte ihn näher ins Auge und betrachtete ihn genau. Der verliebte Pedant fühlte sich von seiner Liebe mehrmals aufgefordert, mit seiner Geliebten zu reden, wagte es aber in seiner großen Torheit nicht und wußte auf die verständigen Worte der Frau nichts zu erwidern. Der Unselige schien sich das Ansehen geben zu wollen, als gehöre er zu der gelehrten Schule der Hochtoren, und da er in dem Nähkörbchen der Frau ein kleines Büchlein bemerkte, sprach er zu ihr: »Madonna, was für ein Buch ist dies? Ist es ein Petrarca?«
Die wackere Frau las gerne in den erhabenen Gedichten Petrarcas und sagte mutwillig: »Allerdings, mein Herr, der ist es.«
Sie nahm es in die Hand und fuhr fort: »Ganz gewiß seid Ihr auch ein Verehrer dieses Dichters und kennt ihn genau, da Ihr es so gut erraten habt.«
Sie schlug das Buch auf, las ein Sonett, und als sie fertig war, wandte sie sich an den Hauslehrer Giovanni mit den Worten: »Seid so gut und setzt uns klar auseinander, was Misser Francesco Petrarca hiermit hat sagen wollen: denn mir scheint das Gedicht so dunkel, daß mein Geist nicht hinreicht, um es zu verstehen.«
Sie dachte nicht, daß er so gar dumm wäre, wie sich nun zeigte. Der arme Pedant, in der großen Liebe, die er für sie fühlte, und wegen der Lobeserhebungen, die er den ganzen Tag über sich ausgießen hörte, meinte schon, ein Dante, ein Petrarca, ein Claudio Tolomeo, ein Pietro Bembo, ein Sannazaro und dergleichen zu sein; darum übernahm er die Aufgabe; der Unglückliche sah nicht ein, daß er nicht würdig war, die Werke des Olympiers zu lesen, die selbst die Kinder verstehen. Er nahm das Buch in die Hand, fing so reizend, als er vermochte, an zu lesen in der unpassendsten Betonung und den lächerlichsten Worten, die je einfältige Leser gebrauchten, wie jener Jüngling liest in Camollia, dessen Beruf es ist, alle, die er reden hört, zu schätzen. Als er alles bis zu Ende gelesen hatte, fing er an und sprach: »Meiner Treu, dies ist das schönste Sonett, das ich je gelesen habe. O Gott! Petrarca hat es doch recht gut verstanden.«
»Seid so gut, Misser Giovambatista«, sagte die Frau, »und erklärt es uns ein wenig besser: denn aus Euren Worten habe ich großes Vergnügen geschöpft, indem ich Euch das Sonett so schön erklären hörte.«
Der arme Pädagog, der anders nichts verstand als ein wenig lesen, und der dies den Kindern beibrachte, meinte dennoch, es sei ihr Ernst mit ihrer
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