Italienische Novellen, Band 3
Rede, und las also, ganz wie zuvor, das Sonett nochmals und fügte das gewöhnliche Lob bei, woraus die Frau noch deutlicher erkannte, daß er ein Tropf und ein Stock sei, und mit dem Weltpriester ganz offen ihn zu verhöhnen anfing. Beide neckten ihn nun mit anmutigen Reden, ohne daß der Tor die Sache merkte; vielmehr war er verrückt genug, zu meinen, alle Worte werden ganz ernstlich als Gunstbezeigungen gesprochen; er warf sich in die Brust, streichelte den Bart, streifte dann wieder seine tuchenen Schuhe ab und machte sich Ähnliches zu schaffen. Er nahm es als ausgemacht an, daß die schöne Frau in ihn verliebt sei, wie er in sie. Nach vielen andern Worten sagte die wackere Dame, um sich noch mehr über ihn lustig zu machen, zu ihm in so bezaubernder Weise, daß sie einen, der nie eine Frau gesehen, hätte hinreißen und jedes steinerne Herz erweichen müssen, mit einem zierlichen Seufzer: »Ihr könnt nicht leugnen, Misser Giovambatista, daß Ihr verliebt seid, da Ihr den Petrarca so gut versteht. Wie viele würden hiervon gar nichts verstanden haben! Ihr aber nehmt ihn wahrhaftig kaum in die Hand und versteht ihn, ohne auch nur daran zu denken!«
Mit diesen und vielen andern Worten lobte ihn die Frau. Und nun könnt ihr euch denken, wie der einfältige Pedant in Wonne schwamm und sich gleich für den ersten Mann in der Welt hielt in dieser Wissenschaft, nicht nur in der italienischen Literatur, sondern selbst in der lateinischen. Er glaubte diesen Lobsprüchen und hielt sich für einen Poeten, dem nichts mehr fehlte als der Lorbeer. Aber nicht nur in diesem Punkte täuschte sich der Tor, sondern auch darin, daß er wähnte, sie sage es aus lauter Liebe, die sie für ihn fühle. Der einfältige Gesell hüllte sich in diese eiteln Gedanken, und schon meinte er die Frau zu eigen zu haben. Sie unterhielten sich lange zum großen Vergnügen der Frau und des Weltpriesters; auch des Herrn Hofmeisters Freude war nicht klein, als nach langen Gesprächen die Frau der Magd befahl, zu trinken zu bringen. Die Dienerin gehorchte und holte nach der ihr wohlbekannten Sitte ihres Hauses sogleich mit Wasser aufgefrischten Wein; sie setzte den Wein und die Gläser auf einen Tisch, brachte auch verschiedenes Obst nebst Artischocken und vielem anderen, was zu einem Imbiß gehörte, wie es im Hause gebräuchlich war. Die witzige Frau sagte mit heiterer Miene zu ihrem Herrn Liebhaber: »Trinket, Misser Giovambatista, denn Ihr müßt unfehlbar Durst haben, teils wegen des Wetters, teils wegen der Anstrengung, die Ihr gehabt habt mit Eurer langen Erklärung über das vorgetragene Sonett.«
Darauf sagte der Herr Pädagog: »Recht gerne, Madonna, trinke ich Euch zuliebe.«
Sprach's, nahm ein mit Wein gefülltes Glas in die Hand, trank es aus bis auf den Grund, setzte es leer nieder und dankte ihr mit den törichtsten und unpassendsten Höflichkeitsbezeigungen, und ganz wie ein roher, ungeschliffener Bauer, der er auch wirklich war, setzte er sich nieder. Nachdem er gesagt hatte: »Ich danke tausendmal« – wußte er nichts weiter und schwieg.
Die gute Frau war sehr verschlagen; sie dachte, nun sei er lange genug bei ihr gewesen; sie hatte den Spaß satt und war ganz müde von langem Lachen.
»Hört,« sagte sie, »es muß jetzt Zeit sein, die Kinder abzuhören. Wir müssen abbrechen, damit die Stunde nicht versäumt wird.«
Der Priester merkte, daß seine Gebieterin an dieser Unterhaltung genug habe; er nahm Abschied und ging mit Giovambatista hinweg. Beide verließen das Haus und gingen eine gute Weile miteinander spazieren, über verschiedene Gegenstände sich unterhaltend. Misser Giovambatista ging in das Haus, wo er wohnte, und nahm den Priester mit. Als sie dort angelangt waren, überhörte er die Kleinen, war aber so zerstreut, daß er nicht darauf achtete, ob sie gut oder schlecht sprachen. Nach Beendigung des Unterrichts verließen sie das Haus und wanderten so lange umher, bis die Stunde des Abendessens herankam. Während sie so unter vielen Gesprächen umhergingen, sprach der Pädagog zu dem Geistlichen: »Kurz, Priester, Ihr müßt mir helfen, da Ihr mir das Feuer in der Brust geschürt habt; Ihr müßt mich manchmal ihr empfehlen und ihr sagen, daß ich ihr ergebener Diener sei.«
Der Priester antwortete: »Laßt mich nur machen! Sagt mir, habe ich Euch nicht gesagt, wenn ich Euch keine Freude mache, so habe ich selbst keine Freude?«
Nach vielen ähnlichen Reden verließ ihn der Priester und ging nach Hause. Dort
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