Italienische Novellen, Band 3
angelangt hörte er auch seine Schüler ab, die ihn schon erwarteten; denn er war lange ausgeblieben. Er fand im Hause, daß sie bei Tische waren; er setzte sich auch nieder und speiste zu Nacht. Sodann nach der Mahlzeit ist es bekanntlich Sitte bei unseresgleichen und zumal bei solchen, die mehr Vermögen als wir haben, noch einige Zeit bei Tische zu bleiben, um über verschiedene Gegenstände sich zu unterhalten. Nach einigen Gesprächen wandte sich der Priester halb lachend zu seiner Gebieterin und sagte: »Fürwahr, Madonna, Ihr könnt Euch doch eines solchen Liebhabers rühmen, wie Ihr ihn besitzt.«
Dann kehrte er sich zu seinem Gebieter, ihrem Gemahl, mit den Worten: »Und Ihr müßt die Augen offenhalten, denn Eure Frau hat heute einen sehr gefährlichen Anbeter bekommen.«
Die Frau lachte über diese Worte und sprach: »Ei, er ist schön und galant, was wollt Ihr mehr? Laßt mir ihn nur in Ruhe, daß er nicht unwillig wird!«
Ihr Gemahl wollte wissen, wer dieser neue Liebhaber sei; denn er dachte, wie er auch wirklich war, werde es irgendein alberner oder leichtsinniger Mensch sein, sonst spräche jener nicht so, um ihn zu verhöhnen; und als ein scherzhafter Mann wollte er alles wissen. Der Priester erzählte nun zuerst von dem Sonette, dann von den törichten Aufträgen, die er ihm gegeben, und fügte hinzu: »Dies ist einer, der, wenn man will, alle möglichen Hänseleien mit sich anfangen ließe.«
Dabei schilderte er sein ganzes Wesen und zeichnete ihn so gut, daß man ihn erkannte, ohne daß er ihn zu nennen brauchte. Ja, er war noch nicht ganz fertig mit seiner Darstellung, als jener ihn in der Tat erkannte. Und da er von aller seiner Torheit wußte, kam ihm plötzlich die Lust, ihn wieder zum besten zu haben, wie ihm das schon öfter begegnet war. Denn noch war kein ganzes halbes Jahr vorbei, seit einige junge Leute ihm im Scherze eines Abends weismachten, gewisse Frauen seien in ihn verliebt; einer derselben sagte zu ihm im Auftrage von einer der Frauen, sie möchte ihn auf den Abend gerne zu Tisch und im Hause haben; er meinte damit einige Frauen, die im Tuchmagazin von Sankt Anton hinter der Universität wohnten. Der sich von selbst für schön haltende Pedant glaubte dies nur zu sicher, da er von vielen Seiten das Lob seiner Schönheit vernommen hatte; überdies hatte er von den ersten und besten Frauen noch nie gekostet und nur bisweilen in San Martino seine anderthalb Bajocke aufgewendet. Er nahm also die Einladung an und sagte, er wolle ihnen ein anderes Vergnügen dafür machen; und als die Stunde verabredet war, verließen sie ihn. Die Zeit kam; unglücklicherweise regnete es an jenem Abend sehr heftig; aber den lustigen Gesellen kam das zu ihrer Fopperei eben recht. Misser Giovambatista, in der Meinung, zu einer stillen Hochzeit zu gehen, begab sich zuerst nach Hause, setzte ein bürgerliches Barett auf, warf einen höfischen Mantel um, zog Tuchschuhe an, kämmte und bürstete sich von oben bis unten und hüllte sich in einen Rock von blauem kurzgeschorenen Tuche, den er als Ehrenkleid von Hause mitgebracht hatte. Als er ganz ausgestattet war zu seinem Gange, um mit jenen Frauen zu schlafen und zu speisen, verließ er in großer Wonne sein Haus und merkte gar nicht, daß eine neue Sintflut hereinzubrechen drohte. Die jungen Leute hatten untereinander verabredet, ihn trotz des Regens hinzutreiben, machten sich auf und stellten sich an den Eingang des Tuchmagazins, wo sie ihn unter den Dächern geschützt erwarteten. Als das gute Tierchen kam, das auf den Zehen einherschritt, um die Sohlen nicht naßzumachen, traten vier von ihnen aus einem Winkel mit Stoßdegen hervor und fingen an, sich viele Stiche zu versetzen. Zwei von ihnen, die bei dem Hofmeister waren, flohen wirklich mitten durch den Kot hinweg, da sie gute Stiefel anhatten, und ließen Misser Giovambatista ganz allein, nur in Gesellschaft jener Freunde, die mit ihren Degen wacker auf ihn losschlugen. Die vier jungen Leute setzten ihm wegen des heftigen Regens um so stärker mit Stößen zu und konnten unterdessen das Lachen nicht halten, da sie ihn so in den Mantel eingemummt sahen. Als er sich so schlagen fühlte, fürchtete der arme Schulmeister, man möchte ihn umbringen, da er merkte, daß es Degen waren; er wollte also fliehen und fing an zu schreien: »Hilfe, Hilfe! Kommt herbei!«
Und da er in Schuhen war, konnte er nicht laufen, schon da er in seinem Mantel stak und im Kot stand bis fast an die Kniee. Bei den Schlägen,
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