Italienische Novellen, Band 3
Mannes und einiger Fremden, die hergekommen sind.«
Nach diesen Worten ließ er ihn hinab. Nachdem der Pedant vielleicht zwei Stunden oder noch länger aufgeknüpft gewesen, war er fast in Ohnmacht gesunken und konnte kaum ein Wort hervorbringen. Am Boden angelangt, bemühte er sich, so gut er konnte, sich loszumachen, damit sie ihn nur nicht von neuem emporzögen. Als er aber auch los war, konnte er sich nicht aufrecht halten und ging tappend mit seiner Eisenlast weiter. Er erblickte einen von denen, die er überschüttet hatte, meinte, es sei der Geistliche, trat zu ihm und sagte: »Priester, o Priester!«
Der junge Mann tat, als wisse er nicht, wer das sei, und sprach mit zorniger Stimme: »Was Priester oder nicht Priester! Gespenstergesicht!«
Der andere junge Mann trat herzu und sagte: »Wer ist das? Was spüre ich für Waffen?«
Der arme Pädagog wußte nicht, was er antworten sollte, und im selben Augenblick fuhr plötzlich der Hausherr des Priesters nebst den andern über ihn her, und sie fingen an, ohne ein Wort zu sprechen, in größter Wut ihn mit den Stöcken zu begrüßen, die sie hatten machen lassen. Als Misser Schafspelz sich die Stöcke um die Beine fuchteln fühlte, fürchtete er, es gehe ihm ans Leben. Da er aber mit Schienen gerüstet war, hatten sie ihn nicht beschädigt. Indem er sich nun so durchrütteln fühlte, kehrte ihm, damit er nicht erkannt würde, die schwindende Kraft zurück, und ohne ein Wort zu verlieren, fing er an heftig zu fliehen. Als die jungen Leute sein schnödes Betragen sahen, machten sie sich daraus großen Spaß, liefen ihm nach und gaben ihm noch manchen Abschiedsgruß mit den Stäben. Der Pädagog floh mit aller Kraft seiner zitternden Beine, und die jungen Leute verfolgten ihn und liefen hinter ihm drein bis zur Halle des Papstes. Auch der Priester war bis zur Halle des Papstes seinem Herrn getreulich zur Seite und gab ihm mehr Stöße als irgendeiner. So war denn der Pedant mehr als einmal zum Ritter geschlagen worden ohne Taxe und hatte so genug daran, daß, obschon sie ihm nicht mehr folgten, er doch immer noch weiter floh, so schnell er konnte, da er immer noch sie hinter sich zuhaben wähnte. So lief er bis zu San Giorgio, immer in der Meinung, sie seien ihm auf den Fersen. Und am Ende, als er sich von ihnen verlassen sah, ging er ganz ermattet und halbtot teils von der Trunkenheit, teils von dem Gewicht seiner Waffenrüstung und von der Furcht weiter, und die Zunge hing ihm eine ganze Spanne lang aus dem Munde.
Ganz erschöpft schleppte er sich nach der Brücke. Dort angelangt, wollte er den Weg nach dem Hause einschlagen, wo er zu Nacht gegessen hatte und mit Waffen bedeckt worden war, und fand den Priester neben der Säule sitzend. Als der Herr Hauslehrer ihn erblickte, wagte er vor Furcht nicht zu reden. Der Priester, der ihn kaum verlassen hatte, aber auf einem andern Wege vor ihm dort angelangt war, hörte das Geräusch der Waffen und das Röcheln seines Atems und sah trotz der Dunkelheit die Statur der Person; sonach erkannte er ihn, rief ihn zu sich und sagte zu ihm: »Misser Giovambatista, nun, wie sind die Sachen abgelaufen?«
Bei diesen Worten faßte der arme Pedant wieder etwas Mut; er hielt sich versichert, nun wirklich den Priester gefunden zu haben, und antwortete ihm: »Schlecht sind sie abgelaufen, denn ich war nahe daran, um Euretwillen ums Leben zu kommen; aber Gott hat mir beigestanden.«
»Um meinetwillen?« sagte der Priester; »wie das?«
Der törichte, einfältige Pedant erwiderte: »Ja, um Euretwillen; denn ich glaubte, Ihr seid einer, da war es aber ein anderer, und dem rief ich zu und nannte ihn Priester. Kaum aber hatte ich dies ausgesprochen, so fielen mehr als dreißig über mich her, alle mit Stangen, und ich kann Euch sagen, wenn ich nicht entflohen wäre, so hätten sie mich umgebracht. Sie schleuderten über zwanzig Lanzen auf mich ab, und nur weil sie mich nicht einholten, haben sie mich nicht umgebracht. Außer den Lanzen warfen sie auch noch Bleikugeln und Steine nach mir, ja mir schien sogar, sie schossen eine Art Dolch auf mich, – aber das Glück hat mir geholfen.«
In seinem Schmerz und seiner Bedrängnis, nach der Angst und Not, die er eben nach ausgestanden, vermochte er nicht solches zu erzählen, und bei dem übermäßigen Schnaufen vom Laufen her konnte er nicht zusammenhängend sprechen. Der Priester, um ihn noch mehr zu schrauben und um ihm alle Gedanken zu nehmen, als sei er selbst bei dem Spuke beteiligt
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