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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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zu ihm sagte: »Wenn's gefällig ist«; worauf er, ohne sich lange nötigen zu lassen, sich zwischen Cola Jacovo und seine Frau drängte und dann, als wenn er vor Hunger und Gier dem Tode nah, seine Eßlust wie ein Rasiermesser scharf geschliffen und er angehetzt wie ein Jagdhund wäre, ja, als hätte er einen Wolf im Leibe, und mit der geflügelten Schnelligkeit eines vom Gehöft fortgejagten Fuchses sogleich begann, die Hände zu rühren wie ein Pfeifer, die Augen umherzuwerfen wie eine wilde Katze und die Zähne in Tätigkeit zu setzen wie einen Mühlstein, wobei er Kaltes und Warmes hinunterschlang und ein Bissen nicht den andern erwartete. Wenn er sich nun die Backen gehörig gefüllt, den Wanst angestopft, seinen Bauch einer Trommel ähnlich gemacht, die Schüsseln bis auf den Boden geleert und alles reingefegt hatte, ergriff er einen Krug, saugte, trank, leerte, zechte und soff ihn in einem Zug bis auf den Grund aus und ging dann, ohne auch nur »Adje« zu sagen, seiner Wege, indem er Cola Jacovo und Masella mit einem langen Gesichte sitzen ließ. Da diese nun die Unverschämtheit des Gevatters sahen, der, wie wenn es in einen aufgetrennten Sack ginge, aß und fraß, schluckte und schlang, ausleerte, abräumte, einhieb, einlud, einwamste, einpackte, fortbrachte, verschwinden machte, vernichtete, zerstörte und verheerte dermaßen, daß nichts auf dem Tische blieb, so wußten sie nicht, wie sie sich diesen Blutigel, dieses Zugpflaster, dieses Hosenverunreinigungsmittel, diese Purganz, diese unverschämte Fliege, diese Filzlaus, diesen Folterstrick, dieses Überbein, diesen schweren Mietzins, diese immerwährende Abgabe, diesen Polyp, diesen Igel, diese Bürde, diesen Kopfschmerz vom Halse schaffen sollten, und nimmer wurde es ihnen so gut, daß sie einmal unbelästigt und ohne diese beschwerliche Zugabe, ohne diese endlose Beschwerde essen konnten, bis eines Tages Cola Jacovo erfuhr, daß der Gevatter sich an einen Beamten, der die Stadt verließ, gehängt hatte, und daher ausrief: »Gelobt sei der Himmel, daß wir endlich einmal nach hundert Jahren das Glück haben, ohne diesen Henkerknecht die Zähne rühren, die Backen in Trab bringen und einen Bissen unter die Nase stecken zu können; darum will ich mich einmal lustig machen und etwas draufgehen lassen, da man in dieser elenden Welt ja doch nur das genießt, was man durch die Gurgel jagt. Drum zünde rasch ein Feuer an, liebe Frau; denn da wir jetzt gerade freies Spiel haben und nach Herzenslust essen können, so will ich mir irgend etwas Leckeres, irgendeinen delikaten Bissen zugut tun.« Indem er dies sagte, lief er fort, um einen schönen Aal, ein Maß feines Weizenmehl und eine Flasche vom besten Wein einzukaufen, worauf er, nach Hause zurückgekehrt, während seine Frau voll geschäftiger Eile einen schönen Kuchen backte, den Aal selbst briet und sich dann, als alles fertig war, mit Masella zu Tisch setzte. Kaum aber hatten sie sich niedergelassen, so klopfte jemand an die Tür, und als Masella ans Fenster trat und den verwünschten Gevatter, den Störenfried ihrer behaglichen Ruhe, erblickte, sagte sie zu ihrem Manne: »Niemals, mein lieber Jacovo, kauft man doch ein Pfund Fleisch in der Fleischbank der menschlichen Freuden ohne die Knochenbeilage des Verdrusses; man schläft nie auf dem reinen Laken der Zufriedenheit ohne irgendeine Wanze des Ärgers; man trocknet niemals die Wäsche des Genusses ohne den Regen der Unannehmlichkeiten; so ist auch jetzt dieser bittere Bissen uns in die Schüssel gefallen, dieses Dreckessen uns in der Kehle steckengeblieben«; worauf Cola Jacovo alsbald erwiderte: »Verstecke rasch die Sachen, die auf dem Tisch stehen, hebe sie auf, nimm sie fort, schaffe sie weg, damit er sie nicht sieht, und dann öffne die Tür: denn wenn er das Nest leer findet, so wird er vielleicht klug genug sein, bald wieder fortzugehen und uns die paar Bissen Elend aufessen zu lassen.« Während nun der Gevatter die Sturmglocke läutete und Alarm schlug, schob sie den Aal in einen Schrank, die Flasche unter das Bett und den Kuchen zwischen die Kissen; Cola Jacovo aber kroch unter den Tisch und guckte durch ein Loch der Decke, welche bis auf die Erde hinabhing, unter demselben hervor. Der Gevatter hatte jedoch durch das Schlüsselloch alles, was in der Stube vorging, gesehen; er trat daher, sobald geöffnet wurde, mit angenommener Furcht und Bestürzung hinein und sprach, als Masella ihn fragte, was ihm wäre, folgendermaßen: »Während du

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