Italienische Novellen, Band 3
Bärenhäuter, du Faulpelz, arbeite lieber, lerne ein Handwerk und suche dir einen Meister!«
Als der arme Gevatter diesen unaufhaltsamen Wortstrom, dieses Aufplatzen des Geschwüres, diese Krämpelei ohne Krämpel empfand, so zitterte und bebte er wie ein auf der Tat ertappter Dieb, wie ein verirrter Wanderer, wie ein verunglückter Schiffer, wie eine Hure, die ihren Kunden verloren, und wie ein Kind, das sich verunreinigt hat, und ohne daß er wagte, den Mund aufzutun, schlich er sich davon mit gesenktem Kopf, mit dem Kinn auf der Brust, mit Tränen in den Augen, mit tropfender Nase, mit klappernden Zähnen, mit leeren Händen, mit beklommenem Herzen, wie ein abgebrühter Pudel still und stumm, ohne auch nur zu mucksen oder sich umzudrehen, indem ihm das bewährte Sprichwort einfiel: »Ungeladene Gäste setzt man unter den Tisch.«
Giambattista Basile
Der Knoblauchgarten
Es lebte einmal in dem Dorfe La Varra ein Bauer namens Ambrosio, welcher sieben Töchter und nichts anderes besaß, um sie anständig in der Welt zu erhalten, als einen Knoblauchgarten. Dieser wackere Mann war eng befreundet mit Biasillo Guallecchia, einem in Resina sehr reich begüterten Manne, welcher Vater von sieben Söhnen war, von denen Narduccio, der Erstgeborene und des Vaters Herzblatt, plötzlich einmal krank wurde und auf keine Weise geheilt werden konnte, obwohl der Beutel des Vaters in einem fort offen stand. Als ihn nun Ambrosio eines Tages besuchte, fragte ihn Biasillo, wie viele Kinder er hätte, worauf jener, der sich schämte, daß er nur vermöchte Töchter zu erzeugen, erwiderte: »Ich habe vier Söhne und drei Mädchen.«
»Wenn das so ist«, versetzte Biasillo, »so schicke mir einen von deinen Söhnen her, damit er meinem Sohne Gesellschaft leiste: du wirst mir dadurch einen sehr großen Gefallen erweisen.«
Ambrosio, der sich auf diese Weise selbst gefangen hatte, wußte nicht, was er antworten sollte, sondern nickte nur mit dem Kopf; und nach La Varra zurückgekehrt, geriet er vor Ärger fast außer sich, indem er gar nicht wußte, wie er wieder dem Freunde vor die Augen treten sollte. Endlich jedoch rief er alle seine Töchter von der kleinsten bis zur größten herbei und fragte sie, welche von ihnen es wohl zufrieden wäre, sich die Haare abschneiden zu lassen, Mannskleider anzuziehen und sich für eine Mannsperson auszugeben, um dem kranken Sohne des Biasillo Gesellschaft zu leisten; worauf die älteste Tochter, namens Annuccia, entgegnete: »Ist mir etwa der Vater gestorben, daß ich mir das Haar abschneiden sollte?« Die zweite Tochter, namens Nora, antwortete: »Noch bin ich nicht verheiratet, und schon willst du mich mit abgeschornen Haaren sehen?« Die dritte, namens Sapatina, versetzte: »Ich habe immer sagen hören, daß Frauenzimmer keine Hosen anziehen sollen.« Die vierte, namens Rosa, erwiderte: »Was Kuckuck noch einmal, komm mir nicht damit, daß ich mir zur Unterhaltung eines Kranken das anschaffen soll, was selbst in keiner Apotheke zu finden ist.« Die fünfte, namens Cianna, sprach: »Sage dem Kranken, daß er abzuführen einnehme und sich zur Ader lasse, denn ich würde auch nicht eins von meinen Haaren für hundert Lebensfäden von Männern hingeben.« Die sechste, namens Lella, sagte: »Als Frauenzimmer bin ich geboren, als Frauenzimmer lebe ich, als Frauenzimmer will ich auch sterben und mag nicht, um mich in einen vorgeblichen Mann zu verwandeln, meinen ehrlichen Namen verlieren.« Das jüngste Nestvögelchen jedoch, namens Belluccia, welche sah, daß der Vater bei jeder einzelnen Antwort seiner Töchter einen Seufzer ausstieß, antwortete: »Nicht nur wollte ich mich dir zuliebe in einen Mann, sondern sogar in ein Tier verwandeln und selbst noch Ärgeres erdulden, wenn ich dir damit dienen kann.«
»Segne dich der Himmel«, erwiderte Ambrosio, »denn für das Leben, das ich dir gegeben, gibst du mir ein neues Leben wieder. Darum keine Zeit verloren, sondern frisch ans Werk!« – und nachdem er ihr die Haare, welche den Häschern Amors als vergoldete Schlingen dienten, abgeschnitten und ihr einen zerrissenen Männeranzug ausgeflickt hatte, brachte er sie nach Resina, wo sie von Biasillo und seinem kranken Sohne, der zu Bette lag, mit den größten Freundschaftsbezeugungen der Welt empfangen wurden. Ambrosio kehrte hierauf nach Hause und ließ Belluccia zurück, damit sie den kranken Narduccio bedienen sollte.
Als dieser nun die ungewöhnliche Schönheit Belluccias unter jenen Lumpen
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