Italienische Novellen, Band 3
hatte, daß er seinen Sohn hatte töten lassen. Es geschah ferner, daß Renato von einem seiner Aufpasser, deren er mit großen Kosten viele gegen ihn besoldete, gemeldet ward: er sei eben um Poros Haus geschlichen und habe den Eingang offen und unbewacht gesehen. Hatte nun Renato gerade eine ansehnliche Menge Leute in der Nähe seiner Person, so überlegte er zuvörderst wohl, wie es mit diesem Umstände beschaffen sein möge, glaubte aber doch annehmen zu dürfen, daß eher der Wille des Himmels und eine Fahrlässigkeit als eine List seines Gegners dabei im Spiele sei, den er immerdar, wie er es in der Tat auch war, für mächtiger und reicher als für verschlagen und vorsichtig gehalten hatte. Er faßte sich also das Herz, sein gutes Glück auf die Probe zu stellen und zu versuchen, ob und wie weit es ihm diesmal gestatten werde, seinen Feind in die Enge zu treiben, wofern die Aussage des Kundschafters auf sicherem Grund ruhte, versammelte die Seinigen wohlbewaffnet um sich herum, begab sich an ihrer Spitze ungesäumt in Poros Haus und gelangte ohne das geringste Hindernis bis dahin, wo er den Kampf anfänglich nur vernahm und alsdann bei dem Scheine der brennenden Fackeln, die er selbst mitgebracht hatte, und einiger anderen, die Magagna hatte anzünden lassen, sah. Ohne dann an etwas andres zu denken, ließ er sein Auge über das Getümmel hinrollen und suchte seinen Todfeind, den Ferraresen, auf, über den er sich, als er ihn unterschieden und erkannt hatte, mit so wild entlodertem Grolle stürzte, daß er ihn mit zwei Streichen tötete. Zu gleicher Zeit machten sich seine Begleiter mit den Genossen des Gefallenen handgemein, die sich nicht so bald mit solchem Ungestüme und so ungelegen im Rücken angegriffen sahen, als sie von Ercole abließen, um sich selbst zu verteidigen. Ercole wußte zwar in der Tat nicht, wie ihm geschehen war, und was er von dem überseltsamen Ereignis halten sollte, wonach er sich von Freunden angegriffen sah; er stürzte sich aber nichtsdestoweniger von neuem in den Kampf, griff Renato, den Mörder seines falschen Freundes, an, rächte dessen Tod, indem er ihn mit wenigen Schwerthieben zu Boden streckte, und machte sich sodann, wie ein grimmiger Löwe, mit der ganzen Länge seines Schwertes durch das Getümmel Raum.
Das Lärmen und Toben hatte eine solche Höhe erreicht, daß es auch zu Giacomos Ohren drang, der, wie schon gesagt, durch des Ferraresers erheuchelten Argwohn darauf vorbereitet, sofort mit allen seinen Leuten auf den Kampfplatz eilte und Ercole zu gelegener Zeit zu Hilfe kam. Denn eine wie große Niederlage der mutvolle, gewaltige Jüngling auch unter den Haufen seiner Feinde angerichtet hatte, so würde es ihm am Ende doch eine Unmöglichkeit geworden sein, der allzu großen Überlegenheit ihrer Menge mit dem Leben zu entgehen, weil er ohnedies schon mit Wunden bedeckt, unbewappnet, allein unter so vielen stahlbekleideten Männern stand, die da alle, Freund wie Feind, in dem alleinigen Kampfe gegen ihn sich vereinigten. Der erlittene bedeutende Blutverlust hatte ihn bei Giacomos Ankunft überdies schon dergestalt ermattet und geschwächt, daß er kaum imstande war, sich aufrecht zu erhalten.
Bei diesem seinem jammervollen Anblicke – denn die Liebe, die er zu ihm trug, ließ ihn seine Gestalt vor allen andern sehen – tobte nun Giacomo, in seinem Innersten von Schmerz und Wut empört, an der Spitze der Seinigen sturmwindschnell, wie ein gereizter Eber, unter die ihm zunächst erreichbaren und wenn auch meistenteils von dem tapfern Ercole schon schwer verwundeten, doch immer noch zahlreich genug vorhandnen Söldlinge und richtete unter ihnen ein so furchtbares Gemetzel an, daß in kurzem alles zusammen in Stücke gehauen war.
Nur der boshafte Magagna, der, sobald er gesehen hatte, daß sein Anschlag eine schlimme Wendung nahm, sich nach seinesgleichen Art feige verkroch, war als einziger seiner ganzen Schar dem entsetzlichen Blutbad mit heiler Haut entschlüpft. Nächst ihm hatten zwei von Renatos Leuten und auch die beiden Bergamasker ihr Leben auf gleiche Weise gerettet und unter ihren Betten Schutz gesucht. Alle fünf wurden nach gestilltem Aufruhr in ihren Verstecken aufgesucht und gefunden und von den Bewohnern des Ortes, die auf das Sturmläuten der nach Landesgebrauch angeschlagnen Glocken nach geschlichteter Sache herbeigeeilt waren, auf mannigfache Weisen ausgeforscht.
In das Gefängnis geworfen und in das Verhör genommen, sagten alle der Wahrheit getreu
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