Italienische Novellen, Band 3
sagte: »Ich gehe dorthin!«
»Geh«, sagte Hans Simon, »und gebe Gott, daß du etwas Gutes ausrichtest!«
So ging denn Scheggia weg und begab sich mit den Speiseträgern hinter sich zu Zoroaster, dem er lachend alles erzählte, was Hans Simon gesagt hatte. Hierüber war Zoroaster sehr vergnügt, ließ die Träger absetzen und auspacken, ordnete an, daß man rupfe und zur Abendmahlzeit alles vorbereite, und wollte nicht mehr von Hause weggehen, um auf die Köche aufzupassen, damit das Essen gut gerate. Aber Scheggia ging weg, um Pilucca und Monaco zu suchen, und als er sie schließlich gefunden hatte, erzählte er ihnen alles, womit sie sehr zufrieden waren, obgleich es ihnen sehr schmerzlich schien, die fünfundzwanzig Gulden gegen eine schäbige Mahlzeit zu tauschen. Vor allem hätte Pilucca auf keinen Fall nachgegeben, wenn er nicht von der Drohung mit den Acht gehört hätte. Schließlich vereinbarten sie, sich abends in Zoroasters Haus einzufinden, um gemeinsam kostenlos zu nachtmahlen. Scheggia verließ sie und besuchte Hans Simon, dem er von Seiten Zoroasters tausend Dank, tausend Anerbieten und tausend Angebote überbrachte. Dann kehrte er in Zoroasters Haus zurück, um aufzupassen, wie man die Braten zubereite, und sie nach seinem Geschmack braten zu lassen, denn er war den Gaumenreizen mehr ergeben als der heilige Franz den Bußübungen.
Zur verabredeten Stunde kamen dann auch Pilucca und Monaco; sie bereiteten sich gegenseitig einen festlichen Empfang, lachten viel über Hans Simons Begebenheiten und setzten sich endlich zu Tisch, wo sie von einem Diener Zoroasters und den Speisenträgern bedient wurden. Bei dem Essen, von dem ihr wißt und das gut zubereitet und hergerichtet war, ließen sie es sich Wohlsein und machten eine Zeche wie Prälaten mit jenem Wein, der funkelte. Als sie dann an den Punkt gekommen waren, wo man mehr Freude und Vergnügen an der Unterhaltung als an den Speisen hat, begann Pilucca, dem jene fünfundzwanzig Dukaten das Herz bedrückten und der nicht darüber hinwegkommen konnte, plötzlich zu sagen: »Bei Gott, diese Kapaune und Tauben sind wohlschmeckend und delikat gewesen, und ich habe, glaub' ich, nie besseren Ziegenkäse gegessen noch köstlicheren Wein getrunken.«
Worauf Zoroaster erwiderte: »Für morgen abend habe ich die Hälfte von allem aufheben lassen, so daß wir ebensogut wie heute essen können; und wenn Ihr etwas Geduld gehabt hättet, so hätte ich Euch auf jeden Fall eingeladen.«
»Davon bin ich fest überzeugt«, fuhr Pilucca fort, »und ich sagte es nicht deshalb, sondern weil Essen ohne Kosten mir immer doppelt so gut schmeckt; und darum möchte ich, daß wir eine Verwicklung herbeiführen, einen Anschlag, durch den wir Hans Simon ins Netz bekommen, um ihm jene fünfundzwanzig Gulden abzunehmen. Überlegt bei eurer Seligkeit, wie viele Nachtmähler solcher Art das wären! Ich kann euch sagen, daß ich ungemein fett davon würde.«
»Ans Werk denn!« sagte Monaco.
»Und was denkt ihr, daß man mit ihm anstellen könnte?« fragte Scheggia.
So wurden denn von Zoroaster und den andern viele Arten vorgeschlagen, Geld aus ihm herauszuziehen; darunter war eine von Pilucca erfundene, für die sie sich als aussichtsvoll und wenig gefährlich entschieden, und die ihnen dann auch glücklich gelang, wie ihr gleich hören werdet; nachdem sie schließlich verabredet, was sie zu tun hatten, verabschiedeten sie sich von Zoroaster und gingen schlafen.
Zeitig am andern Morgen begann Pilucca mit der Ausführung des gefundenen Planes, schrieb und imitierte eine Vorladung und nahm einen der Arbeiter von der Bauhütte von Santa Maria del Fiore, da wo er Meister war, mit sich; es war ein Steinmetz, der vor kurzem aus Rom gekommen war, mit einem dünnen, kurzen, schwarzen Bart, der ganz wie ein Scherge aussah. Dem gab er einen alten Degen an die Seite und sandte ihn in Hans Simons Haus, nachdem er ihm gesagt und beigebracht hatte, was er zu tun und zu sprechen habe. Dieser pochte ans Tor, betrat das Haus und ging, von der Magd geführt, ins Zimmer, wo er das Papier Hans Simon persönlich übergab. Als dieser fragte, von wem er käme, wurde ihm erwidert: »Lies, und du wirst es sehen!«
Kaum gesagt, drehte er sich ohne weiteres um und ging weg, wobei er sich mit dem Degen zu schaffen machte, damit Hans Simon ihn sehe. Dieser hörte diese schroffe Antwort, sah an jenem die Waffe und erriet sofort, daß er ein Gerichtsbote sei. Schmerzlich berührt, beschloß er aufzustehen
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