Italienische Novellen, Band 3
zuerst Pippa zu sprechen und sagte fast lachend: »O weh, Nencio, auf diese Weise hältst du die Treue und die Schwüre, die du meiner Mutter geleistet ? Ich hätte es nie geglaubt und hielt still, nur um zu sehen, ob du so böse seiest; aber es ist mir lieb, dich für ein andermal kennengelernt zu haben.«
Darauf erwiderte Nencio lachend: »Ich habe keinen Schwur gebrochen noch irgend jemand Unrecht getan! Es ist wahr, daß ich deiner Mutter versprach, dich nicht anzureden, – und so habe ich es gehalten. Wie hätte ich dich angeredet?« Er näherte sich wieder, denn ihm gefielen ihre rundlichen Formen, und ebenso stillschweigend fand er ein andermal mit ihr zusammen und streckte sich sodann zum Schlafen aus.
Am Morgen darauf früh erwacht, verschafften sie sich zwei weitere Male das gleiche Vergnügen.
Inzwischen war Frau Mea aufgestanden und hatte von Frau Margherita zwei Paar frische Eier erhalten, um sie dem Paar zu bringen. Sie nahm sie, um kein Aufhebens zu machen, und brachte sie ihnen, wenngleich sie dachte, daß sie sie nicht nötig hätten. Als sie in die Kammer kam, fand sie die Tochter, die eben mit dem Anziehen fertig war; aber Nencio war noch im Bett. Lachend sagte sie zu ihnen: »Seht, was für eine gute und liebenswerte Dame Frau Margherita ist! Sie schickt euch sogar frische Eier, da sie glaubt, ihr braucht eine Stärkung. Aber sag mir ein wenig, du«, sagte sie zu dem Mädchen, »was für eine Gesellschaft hat dir Nencio heute nacht gemacht ?«
»Eine ausgezeichnete«, antwortete Pippa, »er hat sich genau an das gehalten, was er versprochen hat, so daß ich sehr befriedigt bin und ihm immer verpflichtet bleibe.«
»Gott möge es ihm vergelten«, antwortete Frau Mea, »und möge es seiner Seele Segen bringen! Aber was mache ich mit diesen Eiern in den Händen?«
»Gebt sie her«, sagte Nencio, »ich werde sie trinken, damit die Sache echter aussieht.« Er ließ sich ein Paar geben und schlürfte sie in einem Zuge aus. Er wollte auch noch das andere Paar verschlingen, als Pippa sagte: »Eh, Vielfraß, die andern will ich für mich«, nahm sie der Mutter aus der Hand und trank sie aus. Darauf gingen die Frauen in den Saal und ließen Nencio, damit er sich anzöge.
Sie waren nicht lange dort, als der mit dem Geld erschien und dem Nencio, der inzwischen heraufgekommen war, als dem Ehegatten hundertfünfzig Lire guten Geldes aufzählte – als Zahlung der Mitgift der Pippa, Magd der Frau Margherita, so schrieb er es in das Buch ein – und ging weg. Frau Mea tat das Geld in einen Kissenüberzug, den sie mitgebracht hatte; dann wurde etwas getrunken, und sie, Pippa und Nencio bedankten und verabschiedeten sich und gingen vergnügt und fröhlich von Frau Margherita fort. Gemeinsam, ohne den Priester gesprochen zu haben, da sie ihn zu Hause nicht antrafen, kehrten sie ins Mugello zurück, und jeder ging nach seinem Hause; doch hatte Frau Mea und ihre Tochter vorher Nencio für den Dienst gedankt, den er ihnen erwiesen. Zwei Tage später kam Beco vom Markt zurück, fand die Schwiegermutter, die die Mitgift abgehoben hatte, war's zufrieden und dachte an nichts anderes als seinen Geschäften nachzugehen und sich seiner Pippa zu erfreuen.
Später jedoch, am Johannistag, kam er nach Florenz, um seinem Grundherrn ein paar junge Gänse zu bringen, und der Zufall wollte es, daß diese gerade am Tag zuvor nach dem Elsatal gegangen war, um seinen Bruder zu besuchen, der in Certaldo Beamter war, und seinen ganzen Hausstand mitgenommen hatte, so daß er das Haus verschlossen fand. Und da er nicht wußte, was er mit den jungen Gänsen anfangen sollte, wollte er sie Frau Margherita bringen, der vormaligen Herrin seiner Pippa, deren Namen und Wohnung er wohl wußte; denn es schien ihm, sie habe sich großzügig benommen, da sie seinem Weibe ohne ihn die Mitgift gegeben hatte, und er sagte sich: »So werde ich sie kennenlernen und werde meine Pflicht zum Teil erfüllen.« So begab er sich auf den Weg und klopfte dort angelangt an die Tür.
Die Magd, die ihn mit den Gänsen im Arm gesehen hatte, sagte zu Frau Margherita: »Es ist ein Bauer«, und öffnete die Tür.
Als Beco in den Saal gelangt war, machte er eine schöne Verbeugung, grüßte Frau Margherita und sagte: »Ich bin der Gatte von Eurer Pippa, und ich bringe Euch als Geschenk diese jungen Gänse, damit Ihr sie Euch im Gedenken an unsere Liebe schmecken lasset.«
Darauf antwortete die Frau, nachdem sie ihm sehr genau ins Gesicht gesehen: »Guter Mann,
Weitere Kostenlose Bücher