Italienische Novellen, Band 3
bedeutete ihm, beides anzulegen, worauf Meister Manente dann mit dem besten Appetite von der Welt sich über das Essen hermachte. Mit Blitzesschnelle öffneten nun die beiden Gestalten die Tür, glitten aus dem Gemach, schoben den Riegel vor und ließen jenen ohne Licht zurück. Sodann zogen sie sich aus und erstatteten dem Erlauchten ausführlichen Bericht.
Meister Manente fand seinen Mund auch in der Dunkelheit mit seinen Kapaunen und dem Kalbsbraten, trank aus der Flasche und lüpfte ganz erstaunlich, indem er bei sich selbst sprach: »Es geht mir doch nicht gar zu schlimm. Sei es wie es will, so viel weiß ich, wenn ich sterben muß, so will ich heute nicht mit leerem Magen sterben.« Er legte die Überbleibsel seiner Mahlzeit, so gut es gehen wollte, in das Tischtuch zusammen und kehrte in sein Bett zurück, wobei es ihm doch seltsam vorkam, so allein im Dunkeln zu sein, ohne zu wissen, wo und wie und von wem er hierhergebracht worden war, und wann er von hier loskommen werde. Doch wenn er sich der lachenden Karnevalsmasken erinnerte, so mußte er auch lachen, denn das schmackhafte Essen war ihm ganz recht gewesen, und er lobte vornehmlich den guten Wein, von dem er nicht viel weniger als eine Flasche ausgestochen hatte. Des festen Glaubens, es sei alles nur ein von seinen guten Freunden angelegter Schwank, überließ er sich der Hoffnung, über lang oder kurz das Licht des Tages wieder zu erblicken, und in diesen angenehmen Vorstellungen versank er in Schlaf.
Am Morgen trat der Krankenwärter beizeiten an das Fenster und rief offen den Nachbarsleuten und dem Goldschmied zu, der Meister habe die Nacht über leidlich geschlafen; die Pestbeule komme heraus, er unterstütze ihn mit Mehlumschlägen und habe die beste Hoffnung. Als es nun Abend wurde, fand der Erlauchte zur Fortsetzung seines Scherzes die beste Gelegenheit, und ein Vorfall kam ihm zustatten, worauf er dem Monaco und dem Krankenwärter zu wissen tun ließ, was sie zu tun hatten. Es war nämlich an diesem Tage um die dritte Morgenstunde ein Roßkamm, der sich Franciosino nannte, indem er auf dem Platz von Santa Maria Novella ein Pferd zuritt und galoppieren ließ, mit ihm gestürzt und hatte durch einen mir nicht näher bekannten Umstand dabei den Hals gebrochen, während das Pferd nicht den mindesten Schaden nahm. Die Leute eilten hinzu, um ihm aufstehen zu helfen, fanden aber, daß er bereits das Bewußtsein verloren hatte. Man nahm ihn daher auf und trug ihn in das nahegelegene Hospital von San Pagolo; dort zog man ihn aus, um zu sehen, ob man ihn wieder zum Leben bringen könne, fand ihn aber tot und das Genick gebrochen. Daher machte man die wenigen Kleider, die er auf dem Leibe gehabt, zu Geld, und einige Freunde übergaben ihn als Fremden den Brüdern von Santa Maria Novella, um ihn nach der Vesper zu beerdigen. Diese brachten ihn in eines der Gräber außen unter der Treppe, der Haupttür der Kirche gegenüber. Monaco und sein Gesellschafter hatten von der Willensmeinung Lorenzos Kunde erhalten: um das Ave Maria trat der Wärter an das Fenster und rief, der Arzt habe einen so bedenklichen Anfall bekommen, daß er alle Hoffnung aufgebe; die Pestbeule verenge ihm dergestalt den Hals, daß er kaum zu Atem kommen könne, geschweige denn zu reden imstande sei. Deshalb erschien der Goldschmied am Hause und wünschte seinen Schwager doch noch ein Testament machen zu lassen. Der Wärter gab ihm aber zu bedenken, daß dies jetzt doch nicht wohl tunlich sei, und so wurden sie einig, den Kranken des andern Morgens, wenn er sich bis dahin nicht gebessert habe, beichten und kommunizieren und seinen letzten Willen aufsetzen zu lassen.
Indessen kam die Nacht, und als zwei Dritteile derselben vorüber waren, gingen die zwei Diener heimlich im Auftrage des Erlauchten auf den Kirchhof von Santa Maria Novella, nahmen den Franciosino aus dem Grabe, in das er kurz zuvor gebracht worden war, und trugen ihn auf dem Rücken in die Grabenstraße in das Haus des Meister Manente. Monaco und der Wärter harrten an der Türe, nahmen ihn stille ab und brachten ihn hinein; die Stallknechte aber entfernten sich wieder, ohne von jemand gesehen worden zu sein. Monaco und der Wärter machten ein großes Feuer an, tranken wacker und machten dem Toten ein Kleid von schöner neuer Leinwand. Sodann verbanden sie ihm den Hals mit gesalbtem Werg, machten ihm durch Draufschlagen ein geschwollenes blaues Gesicht und legten ihn ausgestreckt auf einen Tisch im Erdgeschosse nieder. Auch
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