Italienische Novellen, Band 3
setzten sie ihm ein großes Barett auf, das Meister Manente zu Ostern zu tragen pflegte, bedeckten ihn über und über mit Pomeranzenblättern und gingen schlafen. Der Tag aber war nicht so bald erschienen, als der Wärter unter Tränen der Nachbarschaft und den Vorübergehenden kundtat, wie Meister Manente gegen Tagesanbruch aus diesem irdischen Leben dahingeschieden sei. Die Nachricht verbreitete sich augenblicklich durch ganz Florenz; als daher der Goldschmied es vernommen, lief er eilends hin und vernahm von dem Wärter den ganzen Hergang umständlich; und da nun keine andere Hilfe war, beschlossen sie, ihn am Abend zu bestatten. Der Goldschmied ließ es dem Gesundheitsamte anzeigen, und so warteten sie bis dreiundzwanzig Uhr, das ist eine Stunde vor Sonnenuntergang, nachdem sie auch die Brüder von Santa Maria Novella und die Priester von San Pagolo benachrichtigt hatten, bis zu der festgesetzten Zeit jeder an seinem Platze war. Mönche und Weltgeistliche zogen ein Stück Weges voraus; dann kamen die Pestleichenträger in ziemlicher Entfernung und nahmen aus dem Unterstock des Hauses den Roßkamm Franciosino anstatt des Arztes Meister Manente, wofür sie ihn unzweifelhaft hielten sowie alle, die ihn sahen, obgleich allgemein behauptet wurde, er sei sehr entstellt; man dachte aber, das komme von der Krankheit, und einer sagte zum andern: »Sieh doch zu, wie der Flecken im Gesichte hat. Es hat ihm doch recht mitgespielt, das muß ich sagen.«
Die Mönche und Priester schritten nun singend in die Kirche, um die heiligen Gebräuche zu vollziehen; die Träger aber warfen in das erste Grab, das sie an der Treppe fanden, kopfüber den Toten hinab, verschlossen es so schnell als möglich wieder und gingen an ihre Geschäfte zurück. Dem ganzen Leichenbegängnisse hatten aus der Ferne Tausende zugesehen, die sich die Nasen zuhielten, an Essig, Blumen und Kräutern rochen und die feste innerliche Überzeugung nährten, daß Meister Manente vor ihren Augen zur Erde bestattet worden sei. Seine Gestalt war auch um so leichter nachzuahmen, weil dazumal jedermann mit geschorenem Barte ging, und da man die Leiche aus seinem Hause herauskommen sah und mit dem Hute, der ihm das halbe Gesicht bedeckte, zweifelte niemand an der Sache. Als nun der Tote aus dem Hause entfernt und beerdigt war, empfahl der Goldschmied das Haus und die Habe dem Wärter und ging hin, um ihm ein Nachtessen zu schicken, und zwar ein gutes, damit er mit um so größerem Eifer und Liebe seine Schuldigkeit tue. Dann sandte er einen Eilboten an seine Schwester mit der Nachricht, ihr Mann sei schon gestorben und begraben, sie möge also nicht nach Florenz kommen, sondern ihm und seiner Besorgung Haus und Eigentum allein übergeben, im übrigen sich trösten und zufrieden leben, um nur auf die Erziehung ihres Söhnleins Bedacht zu nehmen.
Beim Anbruch der Nacht und nachdem sich Monaco mit Speise und Trank gütlich getan, wobei er sich sehr in acht nahm, nicht gesehen zu werden, ließ er den Diener allein und schlich sich ganz leise nach Hause. Am folgenden Tage besuchte er Lorenzo; sie lachten miteinander über den Streich, der ihnen so wunderbar gelungen war, und trafen die ferneren Anordnungen, um ihn zu Ende zu führen.
So gingen vier bis sechs Tage hin, während welcher indes nicht versäumt worden war, dem Arzte morgens und abends durch die zwei Verkleideten mit den großen, immer auf gleiche Weise lachenden Köpfen reichliches Essen zu schicken. Eines Morgens nun, vier Stunden vor Tag, wurde auf Befehl des Erlauchten das Zimmer von den zwei Großköpfen geöffnet und der Arzt zum Aufstehen bewogen. Durch Gebärden nötigten sie ihn, ein Kamisol von rotem Wollenzeug und ebenso ein Paar lange Hosen nach Matrosenart aus demselben Stoffe anzuziehen und eine griechische Mütze aufzusetzen, legten ihm sodann Handschellen an, warfen ihm den Regenmantel über den Kopf und wickelten ihn darein, so daß er keinen Stich mehr sah. In dieser Vermummung führten sie ihn aus dem Zimmer und geleiteten ihn in den Hof; er war aber so bekümmert und voll Herzensangst, daß er zitterte, als hätte er das Fieber. Dann hoben sie ihn auf und legten ihn in eine Sänfte, die von zwei sehr rüstigen Maultieren getragen und so gut verschlossen wurde, daß von innen nicht geöffnet werden konnte. Nun ging es auf und davon nach dem Kreuztore: die zwei Stallknechte in ihrer gewöhnlichen Tracht machten die Zugführer; bei ihrer Ankunft wurde das Tor plötzlich geöffnet, und sie
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