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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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dem Arzte zu essen, und dieser beschäftigte sich, da er nichts Besseres zu tun wußte, mit nichts anderem, als seinen Bauch zu füllen und zu schlafen, und sah niemals Licht, als wenn jene ihm die Nahrung brachten. Er konnte sich nicht vorstellen, wo er war, noch wer seine Diener waren; er fürchtete, in irgendein verzaubertes Schloß geraten zu sein. So tat er nichts als essen und trinken in Fülle und träumen und, wenn er wachte, Luftschlösser bauen.
    Um diese Zeit begab es sich, daß Lorenzo, wegen sehr wichtiger Angelegenheiten des Staates und der städtischen Verwaltung, aus Florenz sich entfernen mußte; es dauerte ein paar Monate, bis er zurückkam, und hernach war er wieder mit höchst dringenden Angelegenheiten beschäftigt, so daß er einige Zeit gar nicht mehr an Meister Manente dachte, bis er eines Tages zufällig einen der Camaldolenser Mönche vorüberreiten sah, welche die Geschäfte des Klosters besorgen. Da fiel ihm denn plötzlich der Arzt ein. Der Erlauchte ließ den Mönch rufen und gab ihm, da er von ihm hörte, er gehe am nächsten Morgen nach der Einsiedelei zurück, einen Brief, mit dem Auftrage, ihn in seinem Namen dem Guardian zuzustellen. Der Mönch übernahm das Schreiben ehrfurchtsvoll und versprach, es richtig zu bestellen, was er seiner Zeit und seines Ortes tat.
    Es war bis dahin mancherlei Neues vorgefallen. Zuerst hatte sich Manentes Weib nach sechsmonatlicher Witwenschaft abermals verheiratet an einen Goldschmied Michelagnolo, den Genossen ihres Bruders Niccolajo, der ihr sehr dazu zugesprochen, ja sie inständig gebeten hatte, weil dadurch dann der Gesellschaftsvertrag auf zehn Jahre befestigt wurde. Darauf war Michelagnolo zu ihr ins Haus gezogen und mit dem Vormunde eins geworden, die Erziehung des Knaben zu besorgen. Von dem Hausgeräte hatte er ein Inventar aufnehmen lassen und führte ein Leben voller Freude mit seiner Brigida – so hieß die Frau –, die sich bereits von ihm schwanger fühlte.
    Der Guardian hatte wohl gehört, daß der Erlauchte verreist sei; da er ihm aber keine andern Verhaltungsbefehle zugesandt, folgte er der bisherigen Ordnung; und da Meister Manente, als die Kälte eintrat, sich sehr unbehaglich fühlte, versah er ihn mit Kohlen, von denen er durch die ihm aufwartenden Großköpfe einige Säcke hintragen und in einen Winkel des Gemaches werfen ließ. Dann wurde ihm der Kamin angezündet und er mit Pantoffeln und Kleidern zum Anziehen und für das Bett versehen. Ferner ließ er die Decke oben durchbrechen und ihm ein Lämpchen herabhängen, das Tag und Nacht brennend unterhalten wurde, so daß es ihm das Zimmer einigermaßen erhellte. So unterschied der Arzt wenigstens, was er aß, und sah, was er tat; und um einigermaßen die Unbekannten zu belohnen, die ihm diesen Vorteil zuwandten, sang er manchmal seine Trinklieder, die er am feuchten Tische einst mit seinen Zechbrüdern zu singen pflegte, und dichtete manchmal aus dem Stegreife; und da er eine schöne Stimme und eine gute Aussprache hatte, sagte er oftmals Stanzen her aus Lorenzos neu erschienenen »Liebeswäldern«, womit er den Laienbrüdern und dem Guardian, die ihn allein hören konnten, das größte Vergnügen bereitete. Auf diese Weise vertrieb er sich die Zeit, so gut er konnte, und hatte die Hoffnung fast ganz aufgegeben, jemals wieder das Sonnenlicht zu schauen. Indessen kam der, welcher dem Pater Guardian den Brief des Erlauchten überbrachte, woraus er den Willen und die Anordnung Lorenzos vollständig erfuhr; er befahl den Laienbrüdern desselbigen Tages, in der folgenden Nacht zwei bis drei Stunden vor Tag ihn hinwegzuführen, und sagte ihnen, wie und wohin und in welchem Zustande sie ihn verlassen sollten. Als es nun Zeit war, kleideten sich diese in der gewohnten Weise an, gingen zu dem Arzte, hießen ihn aufstehen und brachten ihn mit Gebärden dahin, sich in Matrosentracht anzuziehen. Dann legten sie ihm die Handschellen und einen schlechten Mantel an mit einer Kapuze, die bis aufs Kinn ging, und führten ihn hinweg. Diesmal dachte Meister Manente, das Ziel seines Lebens sei gekommen, er habe nun den letzten Bissen Brot gegessen. Über die Maßen betrübt, ließ er sich, um nicht noch schlimmer anzukommen, von jenen führen, welche zwei Stunden oder noch länger stark gingen über Stock und Stein immer weiter, bis sie in die Nähe von Vernia kamen, wo sie den Arzt an den Stamm einer sehr hohen Tanne in einem tiefen Tale mit Zaunrüben anbanden, ihm sodann den Mantel und die

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