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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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trösten.
    Michelagnolo schrieb nun voll Gift und Galle im Namen seiner Frau einen Brief, der Hände und Füße hatte, und drohte ihm, wofern er nicht ungesäumt seines Weges ziehe, selbst zu ihm hinauszukommen, um ihn tüchtig abzuprügeln, oder ihm den Büttel über den Hals zu schicken. Zudem gab er dem Bauernjungen noch den mündlichen Auftrag an seinen Vater mit, den fremden Abenteurer zum Henker zu jagen. Der Junge ging eilig nach seinem Dorfe, und Michelagnolo kehrte in seine Werkstatt zurück; Brigida aber blieb in schmerzlicher Verwunderung befangen zu Hause.
    Desselben Morgens lustwandelte Meister Manente nach dem Vogelherde, etwa drei Meilen von seinem Gute, gab sich aber dem Wirte, der sein Freund war, nicht zu erkennen, sondern gab sich für einen Albanesen aus; er speiste lustig und wohlgemut mit ihm zu Mittag und schlenderte am Abend in der besten Stimmung nach Hause, wo er in der festen Überzeugung, als Herr anerkannt und empfangen zu werden, sich schon vorgesetzt hatte, einem Paar Kapphähnen die Hälse umdrehen zu lassen, die er am Morgen hatte mit den Schnäbeln auf der Tenne herumpicken sehen. Er war kaum in die Nähe seiner Wohnung gelangt, als ihm der bereits zurückgekehrte Knabe entgegengelaufen kam und mit einem sauern Gesichte, ohne nur einen Bückling zu machen, den Brief, der ohne Aufschrift und Siegel war, einhändigte. Hierüber verwunderte sich Meister Manente gleich von vornherein, und es betrübte ihn; ja, es deuchte ihn der Anfang zu einem traurigen Ende. Als er ihn aber seiner ganzen Länge nach durchgelesen hatte, geriet er vor Staunen und Schmerz so außer sich, daß er weder tot noch lebendig schien. Mittlerweile kam auch der alte Bauer hinzu, dem der Sohn bereits seine mündliche Botschaft ausgerichtet hatte, und sagte ihm mit dürren Worten, er möge sich nach einer andern Herberge für die Nacht umsehen, da sein Herr ihm befohlen habe, ihm unverzüglich die Tür zu weisen. Wie empfindlich es den armen Meister Manente auch kränken mußte, sich also von demjenigen aus seinem Eigentum verwiesen zu sehen, von dem er nach der Ankunft des Briefes als Gebieter anerkannt zu werden hoffte, so erwiderte er ihm doch gefaßt und sanftmütig, er werde gehen. Er geriet beinahe auf die Vermutung, daß er ein anderer geworden sei, oder daß es mehr als einen Meister Manente auf der Welt geben müsse, und fragte den Landmann nach dem Namen seines Herrn. Er empfing die Antwort, es sei der Goldschmied Michelagnolo, und seine Frau sei Monna Brigida. Der Arzt erkundigte sich ferner, ob diese Monna Brigida schon früher verheiratet gewesen sei, und ob sie Kinder habe.
    »Ja«, antwortete ihm der Bauer, »sie hatte früher einen Arzt, der, wie ich höre, Meister Manente hieß und ihr, als er an der Pest starb, ein Söhnlein namens Sandrino hinterlassen hat.«
    »Weh mir«, fiel ihm der Arzt in die Rede, »was sagst du mir da?«
    Dann fing er an, ihn nach allen Umständen auszuforschen. Der Pächter bedeutete ihm aber, er wisse sonst nichts zu sagen; er sei von Casentino gebürtig und habe erst seit dem August das Gut bezogen. Entschlossen, sich nicht weiter zu erkennen zu geben, schied Meister Manente, da es noch zwei volle Stunden Tag blieb, von dem Bauersmann und begab sich unverzüglich auf den Heimweg nach Florenz, in der Meinung, seine Frau und Verwandten müssen, in einem seltsamen Irrtume befangen, ihn für tot gehalten haben und eben auf diese Weise zu ihren folgenschweren Schritten verleitet worden sein; denn er kannte den Goldschmied, den Genossen seines Schwagers, recht wohl. Unter tausenderlei Gedanken rüstig zuschreitend, langte er noch spätabends im Wirtshaus zum Mühlstein, eine Meile von der Stadt, an; er kehrte daselbst ein, aß nur ein Paar weichgesottene Eier und legte sich zu Bette, wo er sich hin- und herwälzte, ohne auch nur ein Auge schließen zu können.
    Des andern Morgens stand er beizeiten auf, bezahlte den Wirt, schlich ganz sachte nach Florenz und betrat die Stadt in der oben erzählten Verkleidung, so daß er von niemand erkannt wurde, wiewohl er viele seiner Bekannten und Freunde auf der Straße traf. Er durchwanderte die halbe Stadt und gelangte endlich auf die Grabengasse, wo er eben seine Frau und den Knaben von der Messe heimkehrend ins Haus treten sah. Er war versichert, daß sie ihn gesehen hatte, und doch machte sie kein Zeichen, daß sie ihn kenne; deshalb änderte er mit einem Male seinen Entschluß, und anstatt sie anzureden, ging er nach Santa Croce, um

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