Italienische Verführung
Grund zum Weinen gegeben, Grund für Tränen der Trauer und der Freude.
Leise schniefend putzte Miss Wood sich die Nase. „Doch ich muss Sie warnen. Meine Zustimmung bedeutet nicht, dass auch Seine Gnaden Ihr Herr Vater zustimmen wird. Machen Sie sich auf seinen Zorn gefasst und darauf, dass er gekränkt sein wird. Und dass er Ihnen womöglich wegen dieser Heirat seinen Segen wie auch Ihre Mitgift verweigern wird.“
„Anthony wird das egal sein“, sagte Diana stolz. Hätte sie sich in London nach einem Ehemann umgesehen, so wären ihr Vermögen und ihr Titel das Erste gewesen, wofür sich jeder Verehrer interessiert hätte.
„Ich hoffe, dass Sie recht haben, Mylady“, meinte Miss Wood mit einem Seufzer. „Aber wenigstens hatten Sie den Anstand, nicht mitten in der Nacht davonzulaufen, wie es Ihre Schwester in Paris tat. Wir werden keine Hochzeitsfeier haben, wie man sie auf Aston Hall ausrichten würde, aber sie wird auch hier recht anständig ausfallen.“
„Ich sende Anthony Nachricht, dass er zurückkehren soll, damit wir es ihm sagen können.“ Diana war schon aufgesprungen und auf dem halben Weg zur Tür. Sie bezweifelte, dass man ihr erlauben würde, wieder mit ihm zur Villa zu fahren, aber ihr war jede Minute kostbar, die sie in seiner Gesellschaft verbringen konnte.
„Nein, nein, Mylady, bitte.“ Die Erregung in Miss Woods Stimme genügte, um Diana aufzuhalten. „Morgen ist es noch früh genug. Geben Sie mir noch eine weitere Nacht, in der … in der alles so ist, wie es war. Erfüllen Sie mir diesen Wunsch, Mylady?“
Diana sah zu ihrer Gouvernante hin, zu der Frau, die nach dem Tod ihrer Mutter für sie und ihre Schwester immer da gewesen war. Diese Heirat würde für Diana der Anfang eines wunderbaren neuen Lebens bedeuten, doch für Miss Wood konnte sie nur ein Ende anzeigen.
„Liebe Miss Wood“, sagte sie sanft und ging zurück, um sie zu umarmen. „Wenn es Ihnen lieber ist, können wir mit der Nachricht an Anthony selbstverständlich bis morgen warten. Ein weiterer Tag! Was könnte uns in dieser kurzen Zeit noch Schlimmes dazwischenkommen?“
An diesem Abend stand Anthony in Lucias Salon und wartete darauf, dass ihr Butler zurückkehrte. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war er immer unangemeldet in ihr Schlafzimmer hinaufgegangen und dort auch herzlich empfangen worden. Doch diese Zeit war schon lange vorbei. Und es war gut möglich, dass er nach diesem Besuch nie mehr Lucias Haus betreten würde.
Er betrachtete sein Bild im Spiegel über dem Kamin und strich eine Locke zurück. Er sah nicht aus wie ein Mann, der sich geändert hatte, und er fragte sich, ob Lucia wohl die Veränderung an ihm bemerken würde. Auf jeden Fall wollte er, dass sie die Neuigkeit aus seinem Mund erfuhr und nicht von einem ihrer klatschsüchtigen Freunde. Als alte Freundin verdiente sie es, ehrenvoll behandelt zu werden, obwohl Lucia, so wie er sie kannte, es wohl kaum so sehen würde.
Er konnte sie singen hören, während sie die Treppe herunterkam. Ihre Triller klangen unbeschwert und fröhlich. Das beruhigte ihn, denn eine fröhliche Lucia war immer einer Lucia vorzuziehen, die kreischend mit Porzellanfiguren warf.
Bis jetzt hatten sich die Dinge heute viel besser entwickelt, als er zu hoffen gewagt hatte. Mit dem geheimen Stoßgebet, sein Glück möge noch ein wenig länger anhalten, wandte er sich erwartungsvoll der Tür zu.
„Mein liebster Antonio!“ Mit ausgestreckten Armen kam Lucia in den Salon geeilt. Die lackierten Absätze ihrer Schuhe klapperten über den polierten Marmorboden, und ihr pflaumenblaues Seidenkleid schwang beim Gehen um ihre Beine. Unter dem feinen Stoff zeichneten sich deutlich die runden Formen ihrer Brüste und Hüften ab. „Na, Liebling, wo ist mein Kuss?“
„Dort, wo du ihn zuletzt zurückgelassen hast, Lucia“, antwortete Anthony trocken und küsste ihre Wange statt der dargebotenen Lippen.
„Das ist aber nicht nett unter Freunden, Antonio“, schmollte sie, hakte sich bei ihm ein und presste ihren üppigen Busen an ihn. „Alten Freunden.“
„Ich bin wegen einer gewissen Sache hier, Lucia, nicht aus Freundschaft.“ Demonstrativ machte er sich von ihr los und griff in seine Rocktasche, um einen kleinen Lederbeutel herauszuziehen. „Ich bin hier, um meine Niederlage einzugestehen. Du hast gewonnen.“
„Gewonnen?“ Misstrauisch starrte sie den Beutel in seiner Hand an. „Was habe ich gewonnen, Liebling? Was für einen hübschen Preis hast du mir
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