Italienische Verführung
durch, um sich zu beruhigen. Ihr Gesicht war im Dämmerlicht der Loge zu erkennen, und Anthony sah, dass es sie vor den anderen verraten würde, ganz gleich, was sie ihnen auch sagte. Sie sah befriedigt aus und doch immer noch wollüstig. Ihr Mund war von seinen Küssen geschwollen, ihre Lider schwer von Lust, und die Augenschminke war verschmiert. Für solch ein schönes Gesicht würde jeder Mann Gott weiß was geben, um es auf dem Kissen neben sich zu erblicken, wenn er des Morgens erwachte.
„Dafür würde mein Vater dich den Werbern ausliefern.“
„Ich würde es wieder tun, Diana. Und noch mehr.“ Die Anspannung, unter der er immer noch stand, hinderte ihn daran zu lachen, wie er es sonst getan hätte. „Viel, viel mehr. Und ich habe keine Angst vor deinem Vater.“
„Andere Männer, die ich gekannt habe, hat er wegen weniger fortschaffen lassen, muss du wissen“, sagte sie. „Er hat sie auch in die Kolonien verkauft.“
„Das hier ist Rom, nicht England“, erwiderte er. „Und ich habe immer noch keine Angst vor deinem Vater.“
„Ich auch nicht“, gestand sie zu seiner Überraschung und reckte das Kinn. „Und es fing ja damit an … Ich küsste dich und bat dich um … um die Freude, nicht wahr?“
Die Freude. Sofort erwachte wieder seine Männlichkeit. „Um etwas zu bitten, das dir Freude macht, ist niemals eine Sünde.“
Nachdenklich knabberte sie an ihrer Unterlippe. „Nicht, wenn du und ich – um Himmels willen, das ist das Ende des ersten Akts, oder?“
Mit einer Trompetenfanfare hatte die Musik geendet, und die Sänger verbeugten sich unter donnerndem Applaus. Dandolo erhielt den meisten.
„Sie dürfen mich nicht mit dir hier finden“, drängte sie. „Ich muss gehen.“
Sie wollte gehen, doch er griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück. „Wann sehe ich dich wieder, cara?“
Diana schüttelte den Kopf und versuchte, sich freizumachen. Aber Anthony hielt sie fest.
„Komm das nächste Mal in meine Villa in den Hügeln“,sagte er. „Verbring dort die Nacht mit mir, und ich werde dir größere Freuden bereiten, als du sie dir erträumst.“
Errötend blickte sie zu Boden. Jetzt verstand sie, was er ihr da anbot und wie viel sie riskierte, wenn sie sein Angebot annahm. „Nein, Antonio, ich kann nicht.“
„Doch“, sagte er leise. „Nicht heute Nacht. Doch sehr bald.“
Er hob ihre Hand an die Lippen und drückte einen Kuss darauf. Als sie ihm die Hand entzog, gab er sie frei.
Jetzt konnte er sie beruhigt gehen lassen, denn er wusste, dass er sie wiedersehen würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit und dann – dann würde sie ihm gehören.
„Ich kenne einen ausgezeichneten Arzt hier in Rom“, sagte Reverend Lord Patterson. „Einen Schotten, er hat in Edinburgh studiert. Sobald wir in unsere Unterkunft zurückgekehrt sind, werde ich nach ihm schicken.“
„Ich hoffe nur, dass es nicht das römische Fieber ist“, meinte Miss Wood und rieb Dianas Hand. „Ich dachte, wir könnten es umgehen, wenn wir so spät im Jahr hierherkommen.“
„Es geht mir gut, Miss Wood“, murmelte Diana schwach. „Wirklich. Sie müssen sich keine Sorgen machen.“
Miss Wood hatte sich mit Tränen der Erleichterung auf sie gestürzt. Als wäre sie aus zerbrechlichstem Porzellan, hatten sie sie in ihren Mantel eingewickelt und mit einer Extradecke über den Knien in die Kutsche verfrachtet. Seitdem sie in die Loge zurückgekehrt war, ging das nun schon so.
Doch was würde ihre Gouvernante wohl machen, wenn sie die Wahrheit wüsste? Was würden Edward oder sein Onkel wohl gesagt haben, hätten sie sie zehn Minuten zuvor mit Antonio in dieser anderen Loge gesehen?
„Die Musik scheint sie sehr bewegt zu haben, Onkel“, sagte Edward. „Vielleicht war sie zu laut für ihre zarte Konstitution.“
„Ich denke, mehr als die Lautstärke war es die Leidenschaft der Musik“, entgegnete sein Onkel. „Dandolos Stimme besitzt eine Art von Zauber. Das ist eine seltene Gabe, die ihn zu etwas Besonderem macht. Doch wie ein starkes alkoholisches Getränk kann sie diejenigen überwältigen, die zu zart sind, um ihre Wirkung zu ertragen.“
„Jetzt verstehe ich, wieso Seine Gnaden ihr Herr Vater ihr nicht gestattet, viel von dieser Musik zu hören“, meinte Miss Wood. „Meine Arme! Die Oper war mehr, als ein unschuldiges Wesen wie Sie zu ertragen vermag!“
Diana schloss die Augen. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Es stimmte, sie hatte den Zauber in Dandolos Gesang gespürt.
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