Ja, Liebling
müssen jetzt fahren. Wiedersehen, Maggie. Seid brav, meine Lieblinge, dann bringt Mami euch auch etwas Schönes mit.«
Margaret war allein mit den Kindern und überlegte, daß der Stand einer Großtante doch gewisse Strapazen mit sich brachte. Als ihr dieses Verwandschaftsverhältnis zu den Kindern zum erstenmal klar geworden war, hatte es sie erschreckt, aber jetzt konnte sie schon darüber lächeln. Das Dumme war nur, daß sie die Kinder zwar mochte, aber keineswegs verrückt nach ihnen war — nach dem Verlust des eigenen Babys hätte sie das eigentlich sein sollen. Die Liebe zu anderen Kindern wäre ein Ausgleich gewesen, und hier handelte es sich ja schließlich um Herveys Fleisch und Blut, genau wie bei ihrem eigenen Kind. Aber es half nichts, ihre eigenen Kinder hätte sie geliebt, doch anderer Leute Kinder mochte sie nur. Außerdem gab es so vieles, was sie eigentlich tun wollte; sie streifte Herveys Schreibtisch mit einem verlangenden Blick.
Seltsam, wie sehr ihr dieses Möbelstück ans Herz gewachsen war. Während der sieben Jahre ihrer Ehe hatte sie es gründlich gehaßt, denn aus der Schublade dieses Schreibtisches zog Hervey an jedem Montag morgen Scheckbuch und Füllhalter und sagte: >Und nun das Haushaltsbuch, Margaret; ich möchte nur hoffen, daß es diese Woche stimmt.< Natürlich stimmten die Aufzeichnungen nie.
Aber es hatte keinen Zweck, an diesem Wochenende die Schubladen aufzuschließen. Völlig aussichtslos, an die Phantasiewelt mit ihren erträumten Darstellern zu denken. Sie mußte sich um die Kinder kümmern. Dabei kam ihr allerdings der Gedanke, daß diese Kinder nicht wirklicher und ihr bestimmt nicht mehr ans Herz gewachsen waren als die Personen ihrer eigenen Welt, die sie erschaffen hatte, und die in den Vorstadthäusern Nummer zehn bis sechzehn lebten.
Für den Rest des Nachmittags und Abends hatte sie alle Hände voll zu tun. Als die Kinder endlich im Bett lagen, saß sie am Kaminfeuer und gab sich mit Genuß dem Nichtstun hin. Sie war müde — diese Ausrede für Faulheit war noch das Beste am Beruf einer Großtante. Sie schloß den Schreibtisch auf, aber nur, um das Geschriebene noch einmal zu überlesen. Wie immer steigerte sie sich dabei in eine gewisse Erregung hinein. Ja, hier handelte es sich um wirkliche Menschen.
Am nächsten Morgen kam sie nicht dazu, die Schublade aufzuschließen, denn der Tag begann für sie schon um sechs Uhr. Felicity erwachte und stellte sich in ihrem Bettchen auf. Es war ein schäbiges, altes Gestell, das Elinor eigentlich schon wegwerfen wollte, es dann aber in einer dunklen Vorahnung auf die Farm herausgeschickt hatte. Die Seitengitter hielten nicht mehr, und Felicity schüttelte so heftig daran, daß sie schließlich auf dem Fußboden landete. Dort lag sie und brüllte lauthals, bis Margaret kam und sie aufhob. Von dem Lärm erwachte John, und beide Kinder tobten begeistert im Bett ihrer Großtante herum. Dabei entstand bald ein Streit, und Felicity bekam einen ordentlichen Schlag auf ihre kleine Nase. Danach gab Margaret auf, zog sich in der kühlen Dämmerung an und überlegte, daß es eigentlich gar kein schlechter Gedanke war, den Tag früh zu beginnen, denn er versprach, sehr anstrengend zu werden.
Um elf Uhr saß sie völlig erschöpft bei einer Tasse Tee und dachte, wie sehr Elinor sich doch darüber freuen konnte, daß sie die tüchtige Mrs. Brent hatte. Ohne sie wären die Partys unmöglich gewesen, die so viel von Elinors Zeit beanspruchten und über die Cecily sich so aufregte.
»Aber natürlich, Marge, Elinor ist ein Snob. Sie will es zu etwas bringen. Die nächste Stufe ist die Regierung.«
Damals war Cecily vorübergehend in einen jungen Sozialisten verliebt.
»Sie haben eben furchtbar viel Freunde, Liebling«, meinte Margaret entschuldigend sagen zu müssen.
»Aber es müssen die richtigen Freunde sein, die eine teure Schule besucht haben«, widersprach Cecily.
Sowohl Peter als auch Elinor hatten die besten Schulen mit Erfolg absolviert. Sie sprachen mit gleichmäßiger, kultivierter Stimme, und Elinor freute sich jedesmal, wenn sie gefragt wurde, ob sie aus England stamme. Die beiden waren so erfolgreich, daß sie sicherlich vorgestellt wurden, wenn das nächste Mal ein Mitglied der Königlichen Familie nach Neuseeland kam. Und was noch wichtiger war: Sie waren glücklich. Margaret wäre froh gewesen, wenn sie dasselbe auch von Philippa hätte behaupten können, aber Cecily hatte schon recht: Sie und Desmond kamen nicht
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