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Ja, Liebling

Ja, Liebling

Titel: Ja, Liebling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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selbst zu reden, denn das war so ziemlich der einzige Weg, mit ihnen zurechtzukommen. Aber trotzdem wollte sie wirklich mehr über diesen schüchternen Jungen erfahren, weil sie ihn mochte. Sein Gesicht war empfindsam und freundlich, und er war ziemlich genau das Gegenteil der jungen Männer, die Cecily mit nach Hause brachte.
    »Hoffentlich tut’s Ihnen nicht leid, daß Sie mich gefragt haben; denn das schlimmste an schüchternen Menschen ist, daß sie zuviel reden, wenn sie erst einmal anfangen. Das habe ich schon öfter bei mir erlebt — ich rede und rede und finde einfach den Schlußpunkt nicht.«
    Sie lachte. »Ich weiß, mir geht’s auch oft so. Die Freunde meines Mannes machten mich immer nervös. Sie waren alle so klug und natürlich viel älter. Ich saß dann dumm herum oder ich redete zuviel und nachher...«
    Wieder hielt sie gerade noch rechtzeitig inne. Aber die Erinnerung war mit einem Schlag wieder da — ihr eigenes Gefühl der Minderwertigkeit und Herveys geduldige, aber eindeutige Verweise. >Mein liebes Kind, ist dir denn nicht klar, daß sich Sir James überhaupt nicht für die Milchwirtschaft interessiert? Es ist die Pflicht der Gastgeberin, ihren Gästen zuzuhören und nicht selbst zu reden.< Sie fühlte, wie allein bei dem Gedanken ihr Gesicht jetzt noch brannte. Sie war wirklich dumm und sehr ungeschickt, und es war ihr furchtbar, wenn Hervey sie das fühlen ließ.
    Sie beendete den Satz ziemlich lahm: »Aber das liegt natürlich alles vier Jahre zurück. Seit dem Tode meines Mannes habe ich kaum noch Besuch, mit Ausnahme der Mädchen natürlich. Erzählen Sie mir doch von Ihrer Familie, ja?«
    Über die Familie gab es offensichtlich nicht viel zu berichten. David war das einzige Kind, und seine Mutter starb bei seiner Geburt. Er war von einer unverheirateten, älteren Tante und seinem Vater großgezogen worden, und der arbeitete bei der Morgenzeitung in der Provinzstadt und ließ sich kaum blicken.
    »Ich ging zur Schule und bestand alle Prüfungen, ohne mich dabei besonders auszuzeichnen.«
    »Und dann kamen Sie ins Lehrerseminar?«
    »Nicht gleich.« Er machte ein unglückliches Gesicht. »Ich ver-uchte es erst ein Jahr mit dem Journalismus. Ich weiß, das klingt idiotisch, aber ich wollte wirklich Schriftsteller werden.«
    »Warum auch nicht? Journalistische Arbeit ist dafür doch eine gute Übung.«
    »Aber nicht meine Art von Journalistik. Ich war nur Lokalreporter und berichtete über unwichtige Versammlungen und manchmal, wenn es Trunkenheitsdelikte und Verkehrsunfälle gab, auch über die Gerichtsverhandlungen. Es war furchtbar. Ich hatte mir immer vorgestellt, daß man als Journalist das Leben zu sehen bekommt.«
    »Und das war nicht so?«
    »Nein, ich war auch nicht gut. Ich wollte Geschichten schreiben, aber die waren genauso schlecht. Ich gab also die Arbeit an der Zeitung auf und versuchte es statt dessen als Lehrer.«
    »Wenn Sie älter sind, werden Sie wahrscheinlich wieder ans Schreiben kommen.«
    Das war vielleicht nicht sehr taktvoll. Junge Leute lassen sich nicht gern auf ihre Jugend aufmerksam machen, aber dieser ein wenig tragisch angehauchte junge Mann kam ihr tatsächlich noch sehr jung vor — so jung, daß er mein Sohn hätte sein können, dachte sie mit ihrem üblichen Mangel an Logik. Nun, vielleicht nicht ganz, aber doch wenigstens ein Neffe. Deshalb fuhr sie im Ton der erfahrenen Tante fort: »Es muß doch eine schöne Erfahrung sein, an einem solchen Ort als Lehrer zu wirken. Man lernt ganz andere Leute kennen, und auch das Leben ist völlig anders. Ich glaube, eines Tages werden Sie über diese Leute schreiben, und Sie werden sehr gut schreiben.«
    Diese Feststellung hätte Hervey wahrscheinlich einen kompletten Trugschluß genannt, denn woher sollte Margaret etwas darüber wissen.
    Für einen Augenblick wirkte er geschmeichelt, doch dann schüttelte er traurig den Kopf. »Ich glaube nicht, daß ich jemals schreiben werde. Ich kann das beurteilen, was andere schreiben — meine Buchkritiken waren recht gut. Aber ich bin nicht sehr originell, und heutzutage muß man eben über alles Bescheid wissen.«
    »Ja, das mag stimmen«, sagte sie und war dankbar, daß niemand ihre Schulhefte sehen würde. Sie war alles andere, nur nicht klug, und sie wußte auch nicht Bescheid. So wechselte sie das Thema.
    »Aber das Lehrerseminar muß Ihnen doch Freude gemacht haben. Sind Sie da zum ersten Mal von zu Hause weggekommen?«
    »Ja, wir hatten kein Seminar in unserer Stadt.

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