Ja, Liebling
gewisses Schuldgefühl nicht los, weil sie hier oben herumschlich. Leise öffnete sie die Badezimmertür und tastete vorsichtig nach dem Wasserhahn. Dabei wurde ihr plötzlich bewußt, daß ganz in der Nähe jemand atmete. Daß sich ein Fremder im Badezimmer befand, ärgerte sie, denn Philippa hatte ihr versprochen, daß niemand nach oben kommen würde, außerdem gab es einen Duschraum unten. Am besten war es, den Eindringling zu ignorieren, weil jede Erklärung peinlich sein mußte.
Sie drehte den Wasserhahn auf und ließ ihren Topf beinahe fallen, als dicht hinter ihr ihr Name geflüstert wurde. Nun schaltete sie rasch das Licht an und bemerkte erschrocken die beiden großen Augen, die sie durch den Vorhang der Duschkabine anstarrten. Einen Augenblick lang glaubte sie, eine Eule hätte sich hier verflogen, aber Eulen sprechen schließlich nicht, noch dazu mitten im Winter!
Dann stieß sie hervor: »David, was in aller Welt...« Denn er war es, der sich hinter dem Vorhang versteckte und sie unglücklich anblinzelte. Sie starrte ihn sprachlos an, aber dann mußte sie unvermittelt loslachen. Er lächelte nicht einmal, sondern machte eine noch betrübtere Miene. Zu dem Gesicht, das durch den Vorhang starrte, schien kein Körper zu gehören. Sein Haar war zerzaust, als ob er eine Rauferei hinter sich hätte.
Das war nicht der richtige Augenblick für lange Erklärungen. Sie flüsterte: »Kommen Sie in mein Zimmer, ich mache uns einen Tee.« Gleichzeitig kam ihr der Gedanke, ob wohl jede Frau auf der Welt eine ähnliche Situation mit dieser Bemerkung zu meistern versuchte. Sie sagte laut: »Natürlich nicht, die Wilden haben schließlich keinen Tee.« David blinzelte sie nervös an. Er hatte den Eindruck, in ein Irrenhaus geraten zu sein. Trotzdem folgte er ihr resigniert in ihr Zimmer.
Er war noch nie im Obergeschoß gewesen und hatte lange von Tür zu Tür suchen müssen, bevor er ins Bad schlüpfen konnte. Jetzt sah er sich interessiert in Margarets Zimmer um. Es war groß und hübsch und normalerweise recht ordentlich aufgeräumt, aber heute hatte sie sich einen kleinen Tisch an die Heizung gezogen und einige große Schulhefte sowie einen billigen rosa Kugelschreiber darauf verteilt. Mit einer hastigen, verlegenen Handbewegung warf sie die Hefte auf den Boden und fragte: »Was ist denn geschehen? Sie sehen wie nach einer furchtbaren Rauferei aus. Warum haben Sie sich im Badezimmer versteckt?«
»Es war so etwas Ähnliches wie eine Rauferei. Was, um Himmels willen, ist denn da unten los?«
Sie sagte wegwerfend: »Ach, nur Philippa. Sie wollten das Zimmer mit einer kleinen Party einweihen.« Sie war froh, daß sie die Mehrzahl gebraucht hatte, denn das konnte auch Desmond mit einschließen. Rasch fügte sie hinzu: »Aber wie sind Sie denn dazwischen geraten? Armer David, ich hätte Sie warnen sollen.«
»Ich habe beim Aussteigen aus meinem Wagen schon eine Menge Krach gehört, aber geglaubt, daß Lance den Plattenspieler auf vollen Touren ausprobiert. Als ich an die Haustür klopfte, machte mir jemand auf und rief: >Da ist noch einer. Komm ’rein, Liebling< und zog mich ins Haus. Ich habe das Mädchen noch nie zuvor gesehen, aber als ich ihr das zu erklären suchte, sagte sie nur: >Das macht gar nichts, mein Schatz, besser spät als niemals.< Dann war ich auf einmal mitten in der Menge und jemand drückte mir ein Glas in die Hand, worauf das Mädchen sagte: >Sei keine Flasche, Herzchen, komm, laß uns tanzen. <«
Margaret konnte sich nun einfach nicht mehr beherrschen. Als er sie so lachen sah, verschwand der gekränkte Ausdruck von seinem Gesicht, und er stimmte schließlich mit ein. Sie schnappte nach Luft. »Und wie sind Sie dem entflohen?«
»Das weiß ich nicht. Ich konnte mich für einen Augenblick befreien und flüchtete so rasch wie möglich die Treppe hinauf. Einen anderen Ausweg gab es nicht, sie sind ja überall, vorn und hinten, und ich wollte nicht riskieren, aus dem Fenster zu springen.«
Darüber mußten sie noch einmal lachen. Margaret sagte: »Kommen Sie, jetzt brauchen wir einen Tee.«
Als sie dann ihre Tassen in den Händen hielten, meinte er: »Ich habe Sie wohl gestört? Sie waren gerade beim Schreiben, nicht wahr?«
Sie spürte verärgert, daß sie schon wieder rot wurde, und sagte rasch: »Ach, das ist nur so eine Art Tagebuch. Ich mache es wie viele Frauen und schütte mein Herz in dem Tagebuch aus.«
Er sah sie nachdenklich an. »So also ist das. Ich habe mich schon oft gefragt,
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