Ja, Liebling
Kindern draußen war, rief Margaret sie an. Elinor war erst spät von einer Party nach Hause gekommen und schlecht gelaunt. »Sie soll bei dir wohnen? Aber wir kennen sie doch nicht. Vielleicht ist sie gar nicht unser Fall.«
»Das ist schon möglich. Aber sie paßt zu mir und nur darauf kommt es an«, sagte Margaret ungewöhnlich bestimmt.
Elinor sagte später zu Peter: »Margaret hat sich verändert, seit sie auf der Farm wohnt. Sie geht ihren eigenen Weg und kümmert sich gar nicht um das, was wir sagen.«
Peter hatte sein Golf-Match verloren und brummte: »Wie schön. Ihr beiden seid ja doch immer nur mit ihr Schlitten gefahren.«
Auch Philippa reagierte schnippisch, aber die war in letzter Zeit überhaupt kaum zu ertragen. »Eine Verwandte? Wie ist sie denn? Ja, natürlich habe ich sie gesehen, aber sie hat auf mich überhaupt keinen Eindruck gemacht.«
Margaret sagte trocken: »Sie stammt zwar aus meiner Familie und nicht aus eurer, aber man kann sie trotzdem vorzeigen.«
Diese Antwort schockierte Philippa. Sie würgte nur hervor: »Aber sie arbeitet doch dort in der Fabrik. Wirklich, Margaret, du bewegst dich schon in seltsamer Gesellschaft.«
Das war ein versteckter Hieb gegen David, aber das machte Margaret nichts aus. Das Leben war voller Freude und hochinteressant. Ihr wurde plötzlich klar, wie sehr sie sich verändert hatte, seit sie auf dem Land wohnte und zu viel Geld für Haus und Garten ausgegeben hatte. Sie war unabhängiger geworden, hatte das >Begräbnisgeld< verschleudert, ein Buch geschrieben und eine eigene Nichte entdeckt. Ja, etwas war mit ihr geschehen. Hervey wäre zutiefst unzufrieden mit ihr gewesen, aber auch das machte ihr nichts aus.
Cecily nahm die Neuigkeit ganz anders auf, als sie von der Hochzeitsreise zurückkam. »Dieses nette Mädchen ist wirklich deine Nichte? Marge, das ist ja herrlich. Sie wird dir bestimmt wie eine Tochter sein. Aber sie darf dir nicht ganz so nahestehen wie ich, versprich mir das. Vergiß nie, daß du sie nicht zu sehr lieben darfst.«
Ian lachte die beiden an. »Herrlich, jetzt hast du auch eine eigene Verwandte bei dir.«
»Der arme Kerl! Seine Angehörigen wohnen alle in Schottland. Aber wenn sie hier wohnt, Marge, dann darf sie nicht mein Zimmer haben, mein wunderschönes Zimmer; das hebst du mir auf, nicht wahr?«
»Natürlich, mein Liebling, es wird immer dein Zimmer bleiben.«
»Nun noch eine Frage, Schatz. Kannst du morgen kommen und mir ein bißchen helfen? Ich bin ganz durcheinander. Du kommst doch jetzt jeden Tag, bis ich alles in Ordnung habe, ja?«
Natürlich kam Margaret. Erst lächelte Ian, aber dann furchte er die Stirn, als er merkte, wie Margaret Schränke einräumte und schwere Kisten trug. »Warum machst du das? Cecily hat jede Menge Zeit und sie ist doch selbst kräftig genug. Mädchen, du beutest deine Stiefmutter geradezu schamlos aus.«
Cecily gab ihm lachend einen Kuß. »Natürlich tue ich das, und dir macht es auch noch Spaß, nicht wahr, Marge?«
Auch Margaret lachte. So war es immer und so würde es auch bleiben. Aber sie wechselte das Thema und sagte ein wenig nervös: »Am Freitag will Philippa wieder eine von ihren Partys geben — bevor Annette zu mir zieht. Zuerst schien sie nicht begeistert von ihr zu sein, aber dann rief sie noch einmal an und sagte mir, daß es für mich bestimmt sehr angenehm wäre.«
»Und den Lohn für diese Freundlichkeit hat sie sofort in Form einer weiteren Party kassiert! Typisch Phil«, sagte Cecily.
Die Party war viel früher zu Ende als die vorhergegangenen. Da die Wagen alle um zehn Uhr abgefahren waren, wagte sich Margaret ins dunkle Erdgeschoß hinunter. Offensichtlich waren die Gäste alle gegangen. Als sie in den Flur kam, merkte sie jedoch, daß die Wohnzimmertür nur angelehnt war. Sie hörte eine Männerstimme sagen: »Aber Liebling, natürlich meine ich das ernst.« Daraufhin Philippas Stimme leise und flehend: »Pat, meinst du das wirklich und ehrlich?«
Margaret machte kehrt und rannte fluchtartig die Treppe hinauf. Später hörte sie zwei Wagen wegfahren, aber sie konnte nicht schlafen. So war das also. Und sie hatte immer die >praktische< Tante gespielt. Sie hatte auch versagt, was Herveys letzten geflüsterten Wunsch betraf. In Philippas Stimme hatte ein tragischer Unterton gelegen. Margaret war voller Mitleid und erinnerte sich an die Zeiten in ihrem eigenen, einsamen Leben, als Philippa freundlich und lieb zu ihr war und sich ihr anvertraut hatte, als sie in
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