Jack Fleming 02 - Blutjagd
es. Nachts liebte ich sie in meinen Träumen. Da küsste sie mich.« Eine Hand hob sich zum Hals. »Da küsste sie mich. Gott, oh mein Gott ...«
Ich wandte mich ab. Das hatte ich nie hören wollen. »Halt.«
Er verfiel in Schweigen und wartete, ohne es zu wissen, während ich meine Beherrschung wiedergewann. Es war sinnlos, ihn zu hassen, auch sinnlos, Maureen zu verfluchen für etwas, das vor fast dreißig Jahren geschehen war. Sie hatte Barrett geliebt und dann Braxton und dann mich. Gab es noch andere? Hatte sie mich wahrhaftig geliebt?
»Braxton ... haben Sie von ... haben Sie sie je auf gleiche Weise geküsst?«
»Nein.«
Das war schon etwas.
»Sie ließ mich nicht.«
Oh, Maureen. Ja, das war etwas. So viel hatte er ihr nicht bedeutet. Sie war einsam gewesen und hatte jemanden gebraucht, der sie liebte und streichelte, wenn auch nur in seinen Träumen. Das war es gewesen, und das war alles gewesen.
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Welches letzte Mal meinen Sie?«
Ich musste raten. »Das erste Mal.«
»Ein Jahr nach unserer ersten Begegnung. Sie hatte sich nie verabschiedet; die Träume hörten auf, und ich vergaß sie. Aber dann kam sie wieder.«
»Wann?«
»Zwanzig Jahre später? Zweiundzwanzig? Eines Abends betrat sie den Laden. Ich erkannte sie sofort wieder, und ich erinnerte mich wieder an alles. Sie hatte sich nicht verändert, war keinen Tag älter geworden, aber ich – sie erkannte mich nicht, erst als ich ihren Namen nannte. Ich fürchtete mich, ich wusste, was sie war, was sie mir angetan hatte, und was aus mir werden würde, wenn ich nicht ...« Er gab seine Ängste ganz ruhig wieder; das einzige Zeichen seiner inneren Aufgewühltheit war der Schweiß, der auf sein Gesicht trat. Sein Herz raste.
»Wenn Sie nicht was?«
»Ich wollte nicht werden wie sie, von den Lebenden zehren und den Menschen ihre Seelen aussaugen. Wenn ich sie zuerst tötete, dann würde ich frei sein. Dann könnte ich frei von ihrem Fluch sterben. Ich machte Jagd auf sie.«
»Wann war das? In welchem Jahr?«
»1931.«
Das also war es gewesen. Sie war vor ihm davongelaufen und hatte mich in einem leeren Zimmer zurückgelassen mit einem hingekritzelten Abschiedsbrief in der Hand und Augen, in denen das Leben langsam erstarb. Fünf Jahre Leid, Zweifel, Wut und Angst, weil dieser dumme Mann dachte, dass sie seine Seele gewollt hatte statt seines Körpers, als er noch jung gewesen war.
»Haben Sie sie gefunden?«
»Nein, aber ich erfuhr von Ihnen. Ich wusste, was sie Ihnen angetan hatte, aber wenn ich versucht hätte Ihnen zu helfen, dann hätten Sie mir nicht geglaubt. Ihre einzige Hoffnung war die gleiche, die auch ich hatte – Maureens Tod – aber dann starben Sie zuerst, und jetzt sind Sie einer von ihnen. Es tut mir Leid, dass ich Sie nicht retten konnte.«
Selbst der Versuch einer Erklärung war sinnlos. Ob Maureen lebte oder starb, spielte keine Rolle; wir hatten Blut ausgetauscht und das Beste gehofft. Sie hatte mich geliebt und es dadurch gezeigt, dass sie mir die Chance auf ein Leben nach dem Leben gab, damit wir für immer zusammen sein konnten. Aber dann war etwas schief gegangen.
»Wissen Sie, was mit ihr geschehen ist? Wissen Sie, wo sie sich aufhält?«
»Nein.«
»Sind Sie der Einzige? Machen noch andere Jagd auf sie?«
»Matheus, er glaubte mir, er weiß Bescheid.«
»Wer noch?«
»Ich weiß nicht ... die alte Frau, sie muss es wissen.«
»Gaylen? Die alte Frau hier in der Stadt?«
»Ja. Sie weiß etwas, sie wusste es damals schon ...«
»Was meinen Sie damit?«
Etwas stieß gegen die Tür.
»Ich fragte sie, aber sie wollte ...«
Bumm . »Hey, aufmachen.« Eine vage vertraute Stimme, aber nicht die von Matheus.
»– mir nichts sagen. Sie wollte ...«
»Komm raus, Fleming!«
»– ein besseres Leben ...«
»Der Junge sagt, dass du da drin bist.«
»– betrogen. Sie war krank ...«
»Wer jetzt? Um was?« Die andere Stimme lenkte mich ab, und ich bekam nicht mehr alles mit, was Braxton sagte.
»– stark – beängstigend. Ich offenbarte ihr meine Geschichte, aber sie wollte Sie ...«
»Fleming, komm raus, oder ich puste den Jungen um.«
Was zum Teufel? Ich riss die Tür auf. Er trug einen langen Mantel, der ihn im Vergleich zum letzten Mal genug veränderte, dass ich ihn aus der Ferne nicht erkannt hatte, als er aus dem Aufzug getreten war, auf seine Uhr gesehen hatte und davongegangen war. Einen langen Mantel, der ganz unangebracht schien, weil wir erst
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