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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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eine Frau in einem grauen Kostüm in sein Krankenzimmer kam. Sie gab ihm eine Visitenkarte, auf der Janis Langwiser, Rechtsanwältin, stand. Er hielt die Hand über das Telefon und sagte ihr, er sei gleich fertig.
    »Charlie, ich muss jetzt Schluss machen. Meine Ärztin ist gerade reingekommen. Sag ihm einfach, es geht erst am Wochenende oder sonst nächste Woche.«
    »Henry, das können wir nicht machen. Er will Proteus sehen, bevor wir es zum Patent anmelden. Ich will den Termin nicht verschieben und du auch nicht. Außerdem, du kennst doch Maurice. Er wird sich nicht hinhalten lassen.«
    »Ruf ihn einfach noch mal an und versuch, den Termin zu verschieben.«
    »Okay, ich werde es versuchen. Ich sag dir Bescheid.«
    Charlie legte auf, und Pierce klinkte das Telefon am Bettgeländer ein. Er versuchte, Langwiser anzulächeln, aber sein Gesicht war wunder als am Tag zuvor, und es tat weh, zu lächeln. Sie reichte ihm die Hand, und er schüttelte sie.
    »Janis Langwiser. Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
    »Henry Pierce. Angesichts der Umstände kann ich nicht behaupten, dass die Freude auch meinerseits ist.«
    »Das geht Strafverteidigern meistens so.«
    Er hatte von Jacob Kaz bereits ihren Lebenslauf erhalten. Langwiser war in der kleinen, aber renommierten Kanzlei Smith, Levin, Colvin & Enriquez für die strafrechtlichen Fälle zuständig. Laut Kaz war die Kanzlei so exklusiv, dass sie in keinem Telefonbuch stand. Ihre Mandanten waren allererste Sahne, aber selbst solche Leute brauchten hin und wieder einen Strafverteidiger. Und dann kam Langwiser ins Spiel. Sie war abgeworben worden, nachdem sie mehrere Jahre bei der Staatsanwaltschaft von Los Angeles gewesen war und dort einige der spektakulärsten Fälle der jüngsten Vergangenheit verfolgt hatte. Kaz hatte Pierce erklärt, die Kanzlei nehme ihn als Mandanten, um eine Beziehung mit ihm aufzubauen, eine Beziehung, die für beide Seiten von Vorteil werden könne, da zu erwarten stehe, dass Amedeo Technologies eines Tages an die Börse gehen werde. Pierce sagte Kaz nicht, dass es keinen solchen Börsengang oder auch nur ein Amedeo Technologies geben werde, wenn dieses Problem nicht richtig angepackt würde.
    Nach ein paar höflichen Fragen nach Pierces Verletzungen und Prognose wollte Langwiser wissen, warum er glaube, einen Strafverteidiger zu brauchen.
    »Weil ein Detective denkt, dass ich ein Mörder bin. Er hat gesagt, er will zur Staatsanwaltschaft gehen und mich wegen verschiedener Straftaten anzeigen, eine davon Mord.«
    »Ein Detective des LAPD? Wie heißt er?«
    »Renner. Seinen Vornamen hat er mir, glaube ich, nie gesagt. Oder ich habe ihn vergessen. Ich habe seine Karte, habe aber nie –«
    »Robert. Ich kenne ihn. Er ist von der Pacific Division. Ein alter Hase.«
    »Kennen Sie ihn von einem Fall?«
    »Als ich bei der Staatsanwaltschaft zu arbeiten begann, musste ich vor allem Fälle einreichen. Da waren auch einige von ihm dabei. Er machte den Eindruck eines guten Polizisten. Gründlich ist wahrscheinlich das Wort, mit dem ich ihn am ehesten beschreiben würde.«
    »Genau das hat auch er verwendet.«
    »Er will zur Staatsanwaltschaft gehen, damit Mordanklage gegen Sie erhoben wird?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es gibt keine Leiche. Aber er hat gesagt, er will mich zuerst wegen anderer Dinge anzeigen. Einbruch, zum Beispiel. Behinderung der Justiz. Wahrscheinlich will er dann versuchen, die nötigen Beweise für eine Mordanklage zu sammeln. Ich weiß nicht, in welchem Maß das lediglich eine leere Drohung ist und was er wirklich tun kann. Aber ich habe niemanden umgebracht, und deshalb brauche ich einen Anwalt.«
    Sie zog die Stirn in Falten und nickte nachdenklich. Dann zeigte sie auf sein Gesicht.
    »Steht diese Geschichte mit Renner in irgendeinem Zusammenhang mit Ihren Verletzungen?«
    Pierce nickte.
    »Sollten wir dann nicht am besten ganz von vorn anfangen?«
    »Unterliegen Sie in diesem Moment bereits Ihrer Schweigepflicht als Anwältin?«
    »Ja. Sie können offen mit mir reden.«
    Pierce nickte. In den nächsten dreißig Minuten schilderte er ihr den Hergang so detailliert, wie er sich an ihn erinnern konnte. Er erzählte ihr ganz offen alles, was er getan hatte, einschließlich der Straftaten, die er begangen hatte. Er ließ nichts aus.
    Während er sprach, stand Langwiser gegen die Ablage mit den Medikamenten gelehnt. Sie machte sich mit einem teuer aussehenden Stift Notizen auf einem gelben Block, den sie aus einer schwarzen Ledertasche

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