Jack Reacher 01: Größenwahn
Hubble haben, werde ich Sie hierbehalten und Ihren Arsch zum Schwitzen bringen, damit ich rauskriege, was er Ihnen gesagt hat. Und erzählen Sie nicht, er hätte das ganze Wochenende den Mund nicht aufgemacht, weil Typen wie er das gar nicht können. Ich weiß das, und Sie wissen das auch, also keine Spielchen mit mir, okay?«
Ich sah ihn nur achselzuckend an. Er würde mich nicht noch mal einsperren. Vielleicht konnte ich von dort, wo das Leichenschauhaus war, einen Bus nehmen. Ich würde auf das Mittagessen mit Roscoe leider verzichten müssen. Schade.
»Also, was war das jetzt mit der zweiten Leiche?« fragte ich ihn.
»So ziemlich dasselbe wie mit der ersten. Sieht aus, als wäre es zur selben Zeit passiert. Erschossen, wahrscheinlich mit derselben Waffe. Der zweite Tote wurde zwar nicht zusammengetreten, aber wahrscheinlich war sein Tod Teil desselben Tathergangs.«
»Wissen Sie, wer der Tote ist?«
»Sein Name ist Sherman. Abgesehen davon wissen wir nichts.«
»Erzählen Sie mehr darüber«, sagte ich. Ich fragte aus Gewohnheit. Finlay dachte einen Moment lang nach. Ich sah, wie er sich entschied, zu antworten. Als wären wir Partner.
»Nicht identifizierte Leiche, weiß, männlich«, begann er. »Dasselbe wie bei dem ersten Mann, kein Ausweis, keine Brieftasche, keine besonderen Kennzeichen. Aber dieser hatte eine goldene Armbanduhr, mit einer Gravur auf der Rückseite: Für Sherman, in Liebe Judy. Er war vielleicht dreißig, fünfunddreißig. Schwer zu sagen, weil er schon drei Tage dalag und die Ratten ihm ziemlich zugesetzt haben, Sie wissen schon. Seine Lippen sind weg und die Augen auch, aber seine rechte Hand war okay, weil sie unter seinem Körper lag, also habe ich ein paar anständige Fingerabdrücke. Wir haben sie vor einer Stunde eingescannt, und wenn wir Glück haben, kommt dabei was raus.«
»Schußverletzungen? «
Finlay nickte.
»Sieht aus wie dieselbe Waffe«, sagte er. »Kleinkaliber, Teilmantelgeschoß. Ich glaube, der erste Schuß hat ihn nur verwundet, und er konnte weglaufen. Er wurde noch ein paarmal getroffen, schaffte es aber bis unter die Highwaybrücke. Dort fiel er hin und verblutete. Er wurde nicht zusammengetreten, weil sie ihn nicht finden konnten. So sieht es für mich aus.«
Ich dachte darüber nach. Ich war genau an der Stelle um acht Uhr morgens entlanggegangen. Genau zwischen den beiden Leichen hindurch.
»Und Sie meinen, er heißt Sherman?«
»Sein Name stand auf der Uhr.«
»Vielleicht war das nicht seine Uhr«, sagte ich. »Der Mann könnte sie gestohlen haben. Könnte sie auch geerbt, in einer Pfandleihe gekauft oder auf der Straße gefunden haben.«
Finlay knurrte etwas in sich hinein. Wir mußten schon zehn Meilen südlich von Margrave sein. Roscoe fuhr in hohem Tempo die alte Landstraße entlang.
Dann wurde sie langsamer und glitt nach links in eine Abzweigung, die direkt auf den fernen Horizont zulief.
»Wohin zum Teufel fahren wir?«
»Zum Bezirkskrankenhaus«, antwortete Finlay. »Drüben in Yellow Springs. Die übernächste Stadt in Richtung Süden. Ist nicht mehr weit.«
Wir fuhren weiter. Yellow Springs tauchte in der flirrenden Hitze als verschwommener Fleck vor dem Horizont auf. Unmittelbar hinter der Stadtgrenze befand sich das Bezirkskrankenhaus, das ziemlich einsam lag. War dort gebaut worden, als Krankheiten noch ansteckend waren und die Kranken isoliert werden mußten. Es war ein großes Krankenhaus, ein Labyrinth weitläufiger, niedriger Gebäude, die über ein paar Morgen Land verteilt waren. Roscoe fuhr langsamer und bog in den Zufahrtsweg ein. Wir holperten über Bodenschwellen und schlängelten uns zu einer Ansammlung von Gebäuden, die etwas abseits im Hintergrund lagen. Das Leichenschauhaus war ein langgezogener Fertigbau mit einer großen Rolladentür, die offenstand. Wir hielten ziemlich weit von der Tür entfernt und parkten den Wagen im Hof. Dann sahen wir uns noch einmal an und gingen hinein.
Ein Mann kam uns entgegen und führte uns in ein Büro. Er setzte sich hinter seinen Metallschreibtisch und winkte Finlay und Roscoe zu ein paar Stühlen. Ich lehnte mich zwischen einem Computer und einem Faxgerät an einen Aktenschrank. Dieses Institut hatte keinen großen Etat. Es war vor ein paar Jahren mit dürftigen Mitteln ausgestattet worden. Alles war abgenutzt, angeschlagen und unordentlich. Unterschied sich sehr vom Revier in Margrave. Der Mann hinter dem Schreibtisch sah müde aus. Nicht alt, auch nicht jung, vielleicht in
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