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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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schwachen Fußspuren.
    Sie hatten das Haus nach uns durchsucht. Sie hatten sich im Schlafzimmer aufgeteilt und sich umgesehen. Dann hatten sie sich wieder im Schlafzimmer versammelt und waren verschwunden. Wir suchten auf der Straße nach Spuren, aber dort war nichts. Der glatte Asphalt war feucht und dampfte. Wir gingen zurück ins Haus. Keine Spuren außer dem aufgebrochenen Schloß und den Fußabdrücken im ganzen Haus.
    Keiner von uns sagte ein Wort. Ich kochte vor Wut. Beobachtete unentwegt Roscoe. Wartete, daß der Damm brach. Sie hatte die Leichen der Morrisons gesehen. Ich nicht. Finlay hatte mir die Einzelheiten angedeutet. Das war schon schlimm genug gewesen. Er war dagewesen. Die ganze Sache hatte ihn ziemlich aufgewühlt. Roscoe war auch dagewesen. Sie hatte genau gesehen, was jemand mit uns hatte anstellen wollen.
    »Hinter wem sind sie her?« fragte sie schließlich. »Hinter mir, hinter dir oder hinter uns beiden?«
    »Sie sind hinter uns beiden her. Sie glauben, daß Hubble mit mir im Gefängnis gesprochen hat. Sie glauben, ich hätte dir alles erzählt. Also denken sie, daß du und ich alles wissen, was Hubble wußte.«
    Sie nickte geistesabwesend. Dann ging sie zur Hintertür und lehnte sich dagegen. Blickte hinaus auf ihren gepflegten, immergrünen Garten. Ich sah, wie sie blaß wurde. Sie fing an zu zittern. Ihre Widerstandskraft brach zusammen. Sie drückte sich in die Ecke an der Tür. Versuchte, sich flach gegen die Wand zu pressen. Starrte in den leeren Raum, als würde sie all das namenlose Grauen in ihrem Haus sehen. Fing an zu weinen, als bräche ihr das Herz. Ich trat zu ihr und hielt sie fest. Drückte sie an mich und hielt sie fest, als sie all ihre Furcht und Anspannung herausließ. Sie weinte lange Zeit. Sie fühlte sich heiß und schwach an. Mein Hemd war ganz naß von ihren Tränen.
    »Gott sei Dank waren wir letzte Nacht nicht hier«, flüsterte sie.
    Ich wußte, daß ich zuversichtlich klingen mußte. Angst würde zu nichts führen. Angst würde ihre Energie auf saugen. Sie mußte sie besiegen. Und sie mußte die Dunkelheit und die Stille heute nacht besiegen, und die jeder künftigen Nacht in ihrem Leben.
    »Ich wollte, wir wären hiergewesen«, sagte ich. »Dann hätten wir ein paar Antworten.«
    Sie sah mich an, als wäre ich verrückt. Schüttelte den Kopf.
    »Was hättest du getan?« fragte sie. »Vier Männer umgebracht?«
    »Nur drei«, sagte ich. »Der vierte hätte uns die Antworten gegeben.«
    Ich sagte das mit völliger Sicherheit. Mit völliger Überzeugung. Als würde absolut keine andere Möglichkeit existieren.
    Sie blickte mich an. Ich wollte, daß sie einen riesigen Mann sah. Einen Soldaten mit dreizehn Jahren Diensterfahrung. Einen Mann, der mit bloßen Händen töten konnte. Die eisblauen Augen. Ich gab alles. Ich zwang mich, ihr all meine Unbesiegbarkeit, all meine Erbarmungslosigkeit, all meinen Schutz zu zeigen, die ich in mir fühlte. Ich starrte sie ohne zu blinzeln mit dem harten Blick an, der früher zwei betrunkene Marines auf einmal eingeschüchtert hatte. Ich wollte, daß Roscoe sich sicher fühlte. Nach dem, was sie mir gegeben hatte, wollte ich ihr das geben. Ich wollte nicht, daß sie Angst hatte.
    »Es braucht schon etwas mehr als vier kleine Jungs vom Land, um mich zu kriegen«, sagte ich. »Was meinen die, mit wem sie es zu tun haben? Ich habe schon ganz andere Gegner zur Strecke gebracht. Wenn die noch mal hierherkommen, werden die in einem Eimer von hier verschwinden. Und ich sag dir noch was, Roscoe, wenn jemand vorhat, dir weh zu tun, dann stirbt er, bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hat.«
    Es funktionierte. Ich überzeugte sie. Ich brauchte sie zuversichtlich und selbstsicher. Ich suggerierte ihr, es anzugehen. Es funktionierte. Ihre wunderbaren Augen füllten sich wieder mit Mut.
    »Ich meine es ernst, Roscoe«, sagte ich. »Bleib bei mir, und dir geschieht nichts.«
    Sie sah mich wieder an. Strich sich ihr Haar zurück.
    »Versprochen?«
    »Du hast's erfaßt, Babe«, sagte ich. Hielt den Atem an.
    Sie seufzte ermattet. Stieß sich von der Wand ab und kam zu mir. Versuchte ein tapferes Lächeln. Die Krise war vorüber. Sie war wieder auf dem Damm.
    »Jetzt müssen wir aber raus hier«, sagte ich. »Hier sind wir ein leichtes Ziel. Also wirf alles, was du brauchst, in eine Tasche.«
    »Okay. Aber wollen wir nicht zuerst die Tür wieder in Ordnung bringen?«
    Ich dachte über ihre Frage nach. Es war ein wichtiger taktischer

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