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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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und drehte ihn um. Schwere Quetschungen an Ober- und Unterarmen, einige Schäden an den Bändern, weil ihr die Arme auf den Rücken gedreht wurden. Offensichtlich entwickelten sich die Quetschungen vom ersten Griff bis zum Eintritt ihres Todes. Solche Verletzungen entwickeln sich nicht weiter, wenn der Blutkreislauf unterbrochen wird, verstehen Sie?«
    Wir nickten. Wir verstanden.
    »Ich würde ungefähr zehn Minuten dafür veranschlagen«, sagte er. »Zehn Minuten vom Anfang bis zum Ende. Die Frau wurde also festgehalten. Der Mann wurde an die Wand genagelt. Ich schätze, daß beide da schon nackt waren. Sie hatten vor dem Angriff noch ihr Nachtzeug an, oder?«
    »Morgenmäntel«, sagte Finlay. »Sie frühstückten gerade.«
    »Okay, die Morgenmäntel wurden ihnen ausgezogen«, sagte der Pathologe. »Der Mann wurde an die Wand genagelt, und auch an den Boden, durch die Füße hindurch. Sein Genitalbereich wurde verletzt. Das Skrotum wurde entfernt. Die postmortalen Spuren deuten darauf hin, daß die Frau gezwungen wurde, die amputierten Hoden zu schlucken.«
    Im Büro herrschte Stille. Grabesstille. Roscoe sah mich an. Starrte mich eine ganze Zeitlang an. Dann blickte sie zu dem Pathologen zurück.
    »Ich fand sie in ihrem Magen.«
    Roscoe war so weiß wie der Kittel des Mannes. Ich dachte, daß sie vornüber vom Stuhl kippen würde. Sie schloß die Augen und hielt sich fest. Sie hörte gerade, was jemand letzte Nacht mit uns vorgehabt hatte.
    »Und?« fragte Finlay.
    »Die Frau wurde verstümmelt. Die Brüste abgeschnitten, der Genitalbereich verletzt, die Kehle durchgeschnitten. Dann wurde dem Mann die Kehle durchgeschnitten. Dies war die letzte Wunde. Sie können sehen, daß der Blutfluß aus seiner Halsarterie alle anderen Blutflecken im Zimmer überdeckt.«
    Tödliche Stille im Raum. Hielt eine ganze Weile an.
    »Waffen?« fragte ich.
    Der Mann am Schreibtisch wandte mir seinen müden Blick zu.
    »Etwas Scharfes offensichtlich«, sagte er. Mit leichtem Grinsen. »Gerade, vielleicht zehn Zentimeter lang.«
    »Ein Rasiermesser?«
    »Nein, bestimmt nicht. Sicher etwas, was so scharf ist wie ein Rasiermesser, aber starr, nicht zusammenklappbar und zweischneidig.«
    »Und wieso das?«
    »Es gibt Hinweise, daß es in beide Richtungen benutzt wurde«, sagte der Mann. Er ließ seine Hand in einem kleinen Bogen vor und zurück sausen. »So etwa. Auf den Brüsten der Frau. Schnitte in beide Richtungen. Als wollte jemand einen Lachs filetieren.«
    Ich nickte. Roscoe und Finlay schwiegen.
    »Was ist mit dem anderen Mann?« fragte ich. »Mit Stoller?«
    Der Pathologe schob die zwei Morrison-Akten zur Seite und öffnete die dritte Akte. Sah sie durch und blickte zu mir herüber. Die dritte Akte war dicker als die ersten beiden.
    »Sein Name war Stoller?« fragte er. »Hier lief er unter ›Unbekannt‹.«
    Roscoe sah auf.
    »Wir haben Ihnen ein Fax geschickt«, sagte sie. »Gestern morgen. Wir haben seine Fingerabdrücke zurückverfolgt.«
    Der Pathologe wühlte auf seinem unordentlichen Schreibtisch herum. Fand ein aufgerolltes Fax. Las es und nickte. Strich ›Unbekannt‹ auf dem Ordner aus und schrieb ›Sherman Stoller‹ darauf. Zeigte uns wieder sein leichtes Grinsen.
    »Ich hatte ihn seit Sonntag«, sagte er. »Da konnte ich etwas gründlicher arbeiten, wissen Sie? Er war ein bißchen von den Ratten angenagt, aber nicht zu Brei getreten wie der andere und insgesamt in viel besserem Zustand als die Morrisons.«
    »Was können Sie uns also erzählen?« fragte ich.
    »Wir haben über die Kugeln gesprochen, richtig?« sagte er. »Über die exakte Todesursache gibt es nichts mehr hinzuzufügen.«
    »Was wissen Sie also noch?«
    Die Akte war zu dick, um nur das bißchen von den Schüssen, dem Fluchtversuch und dem Verbluten zu enthalten. Der Mann hatte uns offensichtlich noch mehr zu erzählen. Ich sah, wie er seine Finger auf die Seiten preßte und leicht niederdrückte. Als versuchte er, Schwingungen zu empfangen oder die Akte in Blindenschrift zu lesen.
    »Er war ein Lkw-Fahrer.«
    »Er war was?« fragte ich.
    »Das ist meine Meinung«, sagte der Pathologe. Klang selbstsicher.
    Finlay blickte auf. Er war plötzlich interessiert. Er liebte den Vorgang der Deduktion. Es faszinierte ihn. Wie vor ein paar Tagen, als ich mit meinen gewagten Spekulationen über Harvard, seine Scheidung und die Nichtraucherei ins Schwarze getroffen hatte.
    »Reden Sie weiter.«
    »Okay, ich mach's kurz«, sagte der Pathologe. »Ich fand

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