Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
starrte ihn in panischer Angst an.
»Nein?«, fragte er. »Okay, vielleicht später. Aber was ist mit Ihrer Immobilienmaklerin? Glauben Sie, dass sie in ihrer Unterwäsche gut aussieht?«
Er wandte sich Sheryl zu. Sie wich an die Korridortür zurück, presste sich, starr vor Angst, mit ihren gefesselten Armen dagegen.
»Also, wie steht’s damit?«, fragte er sie. »Sehen Sie in Ihrer Unterwäsche gut aus?«
Sie starrte ihn an, schüttelte verzweifelt den Kopf. Ihre Atemzüge pfiffen durch den Schlitz in dem Klebstreifen. Hobie baute sich vor ihr auf und drückte sie mit der linken Hand an die Tür, während er die Spitze seines Hakens unter ihrem Rockbund verankerte.
»Na, das wollen wir uns mal ansehen.«
Er verdrehte den Haken, ruckte kräftig daran. Sheryl geriet aus dem Gleichgewicht, und ihr Rock wurde aufgerissen. Knöpfe sprangen ab, während sie langsam auf die Knie sank. Er hob einen Fuß und setzte die Schuhsohle flach an, um Sheryl ganz umzustoßen. Er nickte Tony zu. Tony ging neben der verzweifelt Strampelnden in die Hocke und zog ihr den zerfetzten Rock von den Beinen.
»Strumpfhosen«, sagte Hobie. »Gott, ich hasse Strumpfhosen. So unromantisch.«
Er beugte sich über sie und benutzte die Spitze seines Hakens, um das Nylongewebe aufzuschlitzen. Auch ihre Schuhe mussten herunter. Tony knüllte den Rock samt Schuhen und zerrissener Strumpfhose zusammen und trug sie in die Küche. Stopfte alles in den Mülleimer. Sheryl zog ihre nackten Beine unter sich und saß keuchend da. Sie trug nur einen winzigen weißen Slip und versuchte, die Enden ihrer Bluse darüber fallen zu lassen. Marilyn beobachtete sie mit vor Entsetzen offenem Mund.
»Okay, jetzt haben wir Spaß«, meinte Hobie. »Oder vielleicht nicht?«
»Klar doch«, antwortete Tony »Aber nicht so viel, wie wir noch haben werden.«
Hobie lachte. Stone bewegte sich stöhnend. Marilyn beugte sich über ihn und half ihm, sich aufzusetzen. Hobie nahm die abgetrennte Hand von der Arbeitsplatte.
»Die stammt von dem letzten Typen, der mich geärgert hat«, erklärte er.
Stone blinzelte heftig, als ließe die Szenerie vor seinen Augen sich dadurch wegwischen. Dann starrte er verständnislos zu Sheryl hinüber. Marilyn fiel ein, dass er sie nicht kannte. Er wusste nicht, wer diese Frau war.
»In die Toilette!«, befahl Hobie.
Tony zog Sheryl hoch, und Marilyn half Chester aufzustehen. Hobie ging hinter ihnen her. Sie durchquerten das große Büro und zögerten an der Toilettentür.
»Los, rein mit euch«, sagte Hobie.
Stone ging voraus. Die beiden Frauen folgten ihm. Hobie stand an der Tür und beobachtete sie. Nickte Stone zu. »Tony schläft heute Nacht hier draußen auf dem Sofa. Kommen Sie also nicht wieder heraus. Und verbringen Sie die Zeit nützlich. Besprechen Sie alles mit Ihrer Frau. Die Aktienübertragung erfolgt morgen. Viel besser für Ihre Frau, wenn sie in gegenseitigem Einverständnis erfolgt. Weit besser. Jede andere Methode könnte schlimme Folgen haben. Sie verstehen, was ich meine?«
Stone starrte ihn nur an. Hobie ließ seinen Blick über die Frauen gleiten, dann winkte er ihnen mit der abgetrennten Hand zum Abschied zu und schloss die Tür.
Jodies weißes Schlafzimmer war von Sonnenlicht durchflutet. An Juniabenden fand die im Westen untergehende Sonne fünf Minuten lang einen schmalen Spalt zwischen den Wolkenkratzern von Manhattan und schien genau in ihr Fenster. Die Jalousie glühte, und die Wände reflektierten dieses Licht. Reacher erschien das völlig angemessen. Er lag auf dem Rücken und fühlte sich glücklicher als je zuvor in seinem Leben.
Hätte er darüber nachgedacht, wäre er vielleicht besorgt gewesen. Er konnte sich an gemeine kleine Phrasen erinnern, wie: Bedauernswert der Mann, der bekommt, was er sich wünscht. Oder: Es ist besser, hoffnungsvoll zu reisen als anzukommen. Etwas zu bekommen, das man sich fünfzehn Jahre lang gewünscht hatte, hätte auch eine Enttäuschung sein können. Aber das war es nicht. Alle seine Träume waren nicht nur erfüllt, sondern tausendfach übertroffen worden. Jodie war kein Mythos, sondern ein lebendes, atmendes Wesen.
Sie lag so in seine Armbeuge gekuschelt, dass ihr Haar über sein Gesicht fiel. Manchmal geriet eine Strähne in seinen Mund. Seine Hand ruhte auf ihrem Rücken. Ihr Rückgrat lag in einer leichten Vertiefung zwischen den Muskeln. Er ließ einen Finger in dieser Rinne nach unten gleiten. Jodie hielt die Augen geschlossen und lächelte. Das wusste
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