Jack Reacher 09: Sniper
einmal sieht«, sagte der Zec. »Etwas zusätzlicher Druck kann nicht schaden. Aber danach darf er dich nicht wieder zu Gesicht bekommen.«
»Und anschließend?«
»Anschließend überwachst du die Situation«, antwortete der Zec. »Und sorgst unbedingt dafür, dass sie sich nicht noch weiter verschlimmert.«
Reacher begleitete Helen Rodin zu einem Taxi hinaus, dann ging er in sein Zimmer. Er zog sein Hemd aus, nahm es mit ins Bad und weichte es im Waschbecken in kaltem Wasser ein.
Er wollte keine Blutflecken auf einem erst einen Tag alten Hemd. Vielleicht auf einem drei Tage alten. Aber nicht auf einem ganz neuen Kleidungsstück.
Fragen. Es gab viele Fragen, aber es würde wie immer darauf ankommen, die Schlüsselfrage zu finden. Die grundlegende Frage. Weshalb würde jemand Gewalt anwenden, um einen Fall zu schützen, der bereits wasserdicht war? Erste Frage: War der Fall bereits wasserdicht? Er ging den vergangenen Tag in Gedanken durch und hörte Alex Rodin sagen: Die Beweislage im Fall Barr ist außergewöhnlich gut. Die besten Beweise, die ich je gesehen habe . Emerson hatte gesagt: Ungefähr der beste abgeschlossene Fall, den ich je gesehen habe. Und Bellantonio, der einem Leichenbestatter so ähnlich sah, hatte gesagt: Die beste Beweiskette, die mir je untergekommen ist. Mir gefällt alles sehr gut. Natürlich hatten alle drei Männer professionelles Eigeninteresse an dem Fall. Auch Stolz und Sachzwänge spielten eine Rolle. Aber Reacher hatte Bellantonios Arbeit selbst gesehen und hatte gesagt: Der Fall ist gusseisern, aus massivem Gold, ein großer Schlemm. Er ist wie Willie Mays unter einem hoch in die Luft geschlagenen Ball.
Stimmte das?
Ja, das stimmte. Es war wie Lou Gehring, wenn alle Bases besetzt waren, ungefähr so gewiss, wie irgendetwas im menschlichen Leben überhaupt sein konnte.
Aber das war nicht die grundlegende Frage.
Er spülte sein Hemd durch, wrang es dann kräftig aus und hängte es über den Heizkörper. Drehte die Heizung ganz auf und öffnete das Fenster. Von draußen drang kein Laut herein. Nur Stille. Kein Vergleich mit New York City. Als würden hier jeden Abend um neun die Gehsteige hochgeklappt. Ich war in Indiana, aber es hatte geschlossen. Er ließ sich aufs Bett fallen. Streckte sich darauf aus. Die von seinem Hemd aufsteigende feuchte Wärme füllte das Zimmer mit dem Geruch von nasser Baumwolle.
Wie lautete die grundlegende Frage?
Helen Rodins Kassettenrecorder enthielt die grundsätzliche Frage. James Barrs Stimme: Lassen Sie Jack Reacher herkommen .
Weshalb hätte er das sagen sollen?
Wer war Jack Reacher in James Barrs Augen?
Grundsätzlich?
Das war die Schlüsselfrage.
Die besten Beweise, die ich je gesehen habe.
Der beste abgeschlossene Fall, den ich je gesehen habe.
Wer zahlt schon für zehn Minuten parken.
Bleiben Sie weiterhin für alles offen?
Lassen Sie Jack Reacher herkommen.
Jack Reacher starrte die Decke seines Hotelzimmers an. Fünf Minuten lang. Zehn. Zwanzig. Dann wälzte er sich auf die Seite und zog die Cocktailserviette aus seiner Hüfttasche. Wälzte sich zurück und griff nach dem Telefonhörer. Helen Rodin meldete sich nach dem achten Klingeln. Ihre Stimme klang verschlafen. Er hatte sie geweckt.
»Ich bin’s, Reacher«, sagte er.
»Haben Sie Schwierigkeiten?«
»Nein, aber ein paar Fragen. Ist Barr wach und ansprechbar?«
»Noch nicht, aber kurz davor. Rosemary ist wieder ins Krankenhaus gefahren. Sie hat eine Nachricht für mich hinterlassen.«
»Wie war das Wetter am Freitagnachmittag um fünf?«
»Das Wetter? Freitag? Irgendwie trübe. Bedeckt.«
»Ist das normal?«
»Nein, eigentlich nicht. Im Allgemeinen ist’s sonnig. Oder regnerisch. Um diese Jahreszeit scheint häufiger die Sonne.«
»War es warm oder kalt?«
»Nicht kalt. Aber auch nicht heiß. Es war angenehm, denke ich.«
»Was hatten Sie im Büro an?«
»Was soll das?«
»Sagen Sie’s mir einfach.«
»Das Gleiche wie heute. Hosenanzug.«
»Ohne Mantel?«
»Hab keinen gebraucht.«
»Haben Sie ein Auto?«
»Ein Auto? Ja, aber ich fahre mit dem Bus zur Arbeit.«
»Fahren Sie morgen mit dem Auto. Wir treffen uns um acht in Ihrem Büro.«
»Was haben Sie vor?«
»Morgen«, sagte er. »Acht Uhr. Schlafen Sie jetzt weiter.«
Er legte auf. Rollte sich vom Bett, um nach seinem Hemd zu sehen. Es war warm und feucht. Würde bis morgens trocken sein und hoffentlich nicht eingehen.
5
Reacher wachte um sechs Uhr auf und stellte sich lange unter die
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