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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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konnte, sagte sie: »Sie haben doch wohl den Arsch offen.«
    Ich fühlte mich auf festerem Boden. Aggressivität passt mir am besten, bloß nicht dies höfliche Herumgeeiere auf Zehenspitzen, also sagte ich: »Ich hätte angenommen, dass Sie jede nur mögliche Hilfe begrüßen.«
    Sie studierte mich eine Minute lang – mochte das, was sie sah, nicht sehr, sagte dann: »Ist doch scheißegal, was Sie annehmen. John kommt nicht zurück. Würden Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Klar, wenn ich kann.«
    »Lassen Sie uns höllenochmal zufrieden. Würden Sie das tun? Hauen Sie ab, spielen Sie Superman mit jemandem, dem das nicht scheißegal ist.«
    Dann brachte sie mich an die Tür, und ihre Körpersprache sagte: Du lässt dich nie wieder irgendwo blicken.
    Während sie mir beim Weggehen zusah, sagte sie: »Noch was, Mr Taylor, die Pfefferminzbonbons wirken nicht.«
    Ich hatte es gewusst, stimmt’s?
    In meiner Wohnung legte ich dann Road to Bayamon von Tom Russell auf. Da ist ein bittersüßer Song drauf, »William Faulkner in Hollywood«. Bewirkte, dass ich mich nach einem besseren Leben sehnte und dass ich mittendrin abstellen musste. Rief Wellewulst an. Sie klang, wie sie immer klang, feindselig.
    »Was?«, grunzte sie.
    »Haben Sie einen Polizisten namens Eoin Heaton gekannt?«
    Eine Pause, in der sie abwog, weshalb ich mich wohl erkundigte.
    »Ja, ich habe ihn gekannt. Warum?« Ihre Stimme troff vor Aggressivität.
    »Die haben ihn rausgeschmissen, stimmt’s?«
    Ein Seufzer, und dann: »Ja, er litt an derselben Beschwerde wie Sie.«
    Ich brauchte nicht zu fragen, welche das war, also versuchte ich es mit: »War er gut, als Polizist?«
    Sie wartete einen Takt lang, sagte dann: »Er wurde rausgeschmissen. Wie gut kann er gewesen sein?«
    Ich wollte sie anschreien, ihr sagen, sie solle gefälligst von ihrem hohen Riesenross absitzen, fragte sie aber stattdessen, und ich musste genau hinhören, kein Zweifel möglich, ich hatte Schwierigkeiten mit dem Hören: »Was hat er denn gemacht, außer getrunken? Was waren die Gründe für seine Entlassung, oder haben Sie Geheimhaltung geschworen?«
    »Er hat sich bestechen lassen, damit eine Anklage wegen Alkohols am Steuer fallen gelassen wurde.«
    Ich hatte nichts dazu zu sagen, also fügte sie hinzu: »Das billigen Sie wahrscheinlich und finden, er sei zu streng behandelt worden.«
    Genug, dachte ich und teilte selber aus: »Woher wollen Sie denn wissen, was ich finde?« Dann atmete ich tief ein und fragte: »Wussten Sie, dass John einen Bruder hatte? Ich war bei der Familie, habe die Eltern und die Schwester kennengelernt. Ich glaube wirklich – und das ist ein tatsächlich starker Glaube, ein Instinkt, ein Bauchgefühl –, dass Sie etwas über diesen Bruder herausfinden sollten. Können Sie das? Irgendwas, alles, was Sie über ihn kriegen können.«
    Sie war einen Augenblick lang still, fragte dann: »Halten Sie das wirklich für so wichtig?«
    »Absolut.«
    Zumindest hatte ich ihre Aufmerksamkeit, und kurz vor dem Auflegen sagte sie: »Okay, was ist schon zu verlieren.«
    Nachdem ich ebenfalls aufgelegt hatte, war ich tatsächlich sehr zufrieden mit mir, und mir wurde bewusst, dass ich diese ganze Veranstaltung, endlich mal, vorantrieb.

10
    »Ich glaube, Sie haben mich vergessen.«
    Geisel Ken Bigley in einer Botschaft an Tony Blair,
vierundzwanzig Stunden vor seiner Enthauptung

E in Problem, das ich zu ignorieren versuchte, machte mir schon länger Sorgen – ich dachte, wenn ich es ignoriere, geht es wieder weg.
    Genau.
    Mein Gehör.
    Den Fernseh musste ich auf Max-Lautstärke stellen und Musik auch volle Socke. Und wenn Leute mit mir sprachen, musste ich nah ran, um mitzukriegen, was sie sagten. Man erreicht die fünfzig, und der Verfall setzt ein. Schicksal, alte Mistsau. Meine Augen waren noch okay, und bei dem Leben, das ich geführt hatte, war es ein Wunder, dass ich immer noch auf Erden wandelte. An vielen Tagen bedauerte ich das.
    Also schnappte ich mir die Gelben Seiten, fand einen Ohrenspezialisten und machte einen Termin fest, wobei ich mich anstrengen musste, um zu verstehen, was die Empfangsmaus sagte. Heiland, wenn ich das Gehör verlor … Gehumpelt wurde bereits … Wie alt war das denn?
    Hatte keinen Sinn, mich Wellewulst anzuvertrauen, sie sagte, ich hörte sowieso nie zu. Ich gestand mir ein – etwas, was ich hasse –, dass ich Angst hatte. Der irische Durchschnittsjunggeselle in all seinem jämmerlichen Glanz, schäbig und bitter, ruiniert und

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