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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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bröckelnd.
    Mit einem Plan.
    Allmächtiger Heiland, ein Plan. Meine gesamte physische Existenz machte dicht, und ich hatte einen Plan. Ist das nicht unbezahlbar? Hier war ich, ging auf dem Zahnfleisch, und anstatt meinen Umzug ins Altersheim zu planen, wollte ich nach Amerika. Schwer auszuhalten.
    Man könnte sagen, ich wehrte mich, bewies im Angesicht erdrückender Widrigkeiten Mut, weigerte mich, liegen zu bleiben, kämpfte für das Gute. Und jeder, der mich kannte, hätte sich all diese zwingenden Argumente angehört und dann »Bockmist« gesagt.
    Ein Morgen, in Verzweiflung gehüllt. Auf Irisch ächzen wir: Och ocon … Weh ist mir, aber mit Noppen. Ich war fast zwei Wochen lang in tiefe Depression getaucht gewesen. Ohne zu trinken natürlich, aber nicht, weil ich nicht wollte oder es für eine gute Idee hielt, sondern weil ich nicht glaubte, dass ich noch die Kraft für eine weitere, nennen wir sie: Genesung in mir hatte.
    Zwischendrin ferngesehen. Die Nachrichten waren grauenhaft in ihrer Finsternis.
    Ken Bigley wurde enthauptet. Es gibt keine Worte dafür, wie sich das anfühlte – wie der Einschlag in das World Trade Center. Der gleiche Unglauben, der gleiche Übelkeit erregende Horror. Ich fühlte mich ein weiteres Mal wie Hund und träumte von Hunden – ja, von denen in Newcastle. Sie jaulten und bissen mir in die Knöchel, bellten mich an, ich solle endlich was unternehmen. Das Telefon klingelte beständig. Ich riss den Stecker aus der Wand, und ich schwöre, es klingelte weiter.
    Manchmal donnerten Leute gegen die Tür, und ich murmelte: »Verpisst euch, ich spende per Dauerauftrag.«
    Bei solchen Wahnvorstellungen kriegt man auch immer das Phantomorchester zu hören, wie Malcolm Lowry es beschrieben hat. Meins hatte eine einzige Melodie drauf und spielte sie immer wieder … »Run« von Snow Patrol. Ich betete, dass, wenn ich stürbe – womit stark zu rechnen war –, jemand das bei meiner Beerdigung spielen sollte.
    Was für ein Scheißlied.
    Was für ein Scheißleben.
    Aber wenn niemand bei meinem Verscheiden mehr übrig war, wer sollte mich dann noch betrauern? Das Selbstmitleid ist natürlich der Vorreiter des Delirium tremens – und ich war pitschenass davon. Dem Land ging es auch ziemlich schlecht. Wir hatten unsere erste olympische Goldmedaille in mehr als dreißig Jahren bejubelt und, klar, reichlich Sums damit gemacht. Wer wohl nicht? Und dann – so was kann man gar nicht erfinden – fiel das Pferd beim Dopingtest durch. So ein Scheißpferd!
    In einem Land, in dem Wahnsinn geachtet und Irrwitz vorausgesetzt wurden, ging dies den entscheidenden Tick zu weit.
    Als ich schließlich doch genug Kraft aufbrachte und mich vor die Tür begab, wacklig und paranoisch, traf ich eine Frau, die sagte: »Sie wissen, dass heute die Hunde gesegnet werden?«
    Ich starrte sie an und keuchte: »Was?«
    Sie schien zu meinen, dass ich das hätte wissen sollen, und erklärte geduldig: »Im Kloster der Armen Klarissen findet eine spezielle Zeremonie statt, bei der die Hunde gesegnet werden.«
    Darauf gibt es hundert Erwiderungen, und bei allen gehören Sarkasmus und Kalauer dazu, ich aber sagte nur: »Ach.«
    Überlegte, ob die Hunde von Newcastle jetzt sicherer waren, aber irgendwie bezweifelte ich es.
    Ich ging zu Garavan’s, und bevor mir der Tresenmann mein Übliches zapfen und einschenken konnte, sagte ich: »Kaffee und Wasser mit Kohlensäure, falls es das gibt.«
    Mein Vater hätte sich im Grabe umgedreht, wenn er gewusst hätte, dass der Tag gekommen war, an dem wir auf einer Insel, die von dem verdammten Kram umgeben war und an den meisten Tagen des Jahres von Regen gepeitscht wurde, für Wasser zahlten.
    Falls der Tresenmann einen Kommentar zu meiner langen Abwesenheit hatte, so behielt er ihn für sich.
    Es war der Tag meines Termins beim Ohrentyp, und ich hatte mich für schlechte Nachrichten angezogen.
    Wie zieht man sich für schlechte Nachrichten an?
    Man zieht sich schlicht an, man zieht sich schwarz an.
    Ich trug meinen Beerdigungsanzug aus dem karitativen Laden. Er glänzte bereits, so oft hatte ich ihn angehabt.
    Der Crescent in Galway ist unsere Antwort auf die Harley Street, sprich: Bargeld, reichlich Bargeld. Alte denkmal- oder bestandgeschützte Häuser, mit Efeu und Verfall bedeckt, mit Messingschildern vornedran. Keine Titel wie Doktor, alle waren nur Mister, und das bedeutete Facharzt, schweineteurer Facharzt. Wie man in der Stadt sagte: »Die Art Mister muss man sich

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