Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
Vom Netzwerk:
hinweg. Ich konnte ihn sehen, wie er mit den Visitenkarten ankam, das ganze Gesicht von Eifer erleuchtet, bestrebt, angenehm aufzufallen. Mich schauderte, und mein ganzer Körper begann zu zittern.
    Stewart sagte: »He, Großer, Vorsicht. Setzen Sie sich, ich hole Ihnen was.«
    Ich setzte mich auf den harten Stuhl, immer zünftig, und Stewart kam mit einem Glas und zwei Pillen zurück.
    »Nehmen Sie die.«
    Ich behielt sie auf der Handfläche und sagte: »Ich dachte, Sie hätten genug vom Drogenhandel.«
    Die Beleidigung kratzte ihn überhaupt nicht. Er bedeutete mir, ich solle das Zeug einnehmen, ich nahm es ein, spülte es mit dem Wasser herunter. Er sagte: »Ich bin nicht mehr im Geschäft, aber das Nötigste … halte ich vorrätig. Ich bin nicht mehr im Gefängnis, aber ich bin noch nicht frei: Nachts wache ich auf, schweißüberströmt – dann bin ich wieder da, und irgendein Blödmann mitten aus dem Morast versucht, mir seinen Pimmel hinten reinzustecken. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen Panikattacken erklären muss, Jack.«
    Man haue das in Connemara-Stein, oder, besser noch, man sehe es als Zen-Erkenntnis.
    Sein Handy klingelte, und er sagte: »Muss mal eben ran. Bleiben Sie einfach da sitzen, ganz still.«
    Wie heißt es so schön in der Bibel? Seid stille und erkennet?
    Erkennet, dass es ätzt, praktisch, wie die Amerikaner sagen.
    Ich trat weg, begab mich an den Ort des weißen Nichts. Der Geist macht dicht, und es ist ein leichtes Summen zu hören, und wenn man seine eigenen Augen sehen könnte, hätten sie diesen alles durchdringenden Neun-Meter-Blick drauf.
    Dann war Stewart wieder da, ich sah auf meine Uhr, und es war fast eine Stunde vergangen. Ich war abgeklärt, entspannt, ruhiggestellt – spürte, dem Sowieso sei Dank, keinerlei Schmerz.
    Ich stand auf, ging zur Wand, las eines seiner gerahmten Zitate. Es lautete:
    »Der grundlegende Irrglaube der Wirklichkeit ist die Annahme, ich wäre hier , und du wärest da draußen.«
    Zugeschrieben wurde der Spruch einem Burschen namens Yasutani.
    Ich sagte: »Tief.«
    Stewart bedachte es, sagte dann: »Auf die Gefahr, mich zu wiederholen, ich finde, das beschreibt auch Sie.«
    Was es auch für Pillen waren – sie taten ihren Job. Ich fühlte mich entspannt, ein Konzept, das mir genauso fremd war wie Nettigkeit, und mein Kopf war klar – erst in diesem Moment merkte ich, wie sehr er mit Furcht, Kummer und Sorgen wegen Cody belastet gewesen war. Kann man sich derart mit Gram vollsaugen, vor Trauer triefen, ein wandelnder Kuddelmuddel aus Melancholie sein?
    Ich konnte das.
    Ich fragte: »Haben Sie schon mal was von Craig McDonald gehört?«
    Er starrte mich einfach an.
    »Er war Zeitungsredakteur in Ohio und schrieb dann Romane, die Bestseller wurden. Einer handelt von Schmerz, der einem die Zähne aus dem Schädel ziehen könnte.«
    Er dachte drüber nach, sagte dann: »Ihre Sorte Buch.«
    Ich seufzte. »Wenn man so was liest, hat man das Gefühl, man ist nicht allein.«
    Er überreichte mir ein Pillenfläschchen. »Mehr davon. Wenn die Panik Sie befällt, werfen Sie ein paar von diesen Schönheiten ein, und dann können Sie, praktisch, chillen.«
    Er verwendete den amerikanischen Ausdruck mit mehr als nur einer Andeutung von Boshaftigkeit.
    Ich sagte: »Sie waren ziemlich verdammt hilfsbereit zu mir.«
    Er zuckte die Achseln, ich wollte es aber wissen und fragte: »Warum?«
    Er war überrascht, brauchte etwas Zeit, um sich zu fassen, sagte dann: »Sie haben bewiesen, dass der Tod meiner Schwester nicht irgendein Suff-Unfall gewesen ist, also bin ich Ihnen was schuldig.«
    Das passte mir nicht. »He, Kumpel, Sie haben mich bezahlt, haben mich gut bezahlt. Die Schuld ist beglichen, der Handel perfekt, dem Neuanfang steht nichts im Wege.«
    Er lächelte, eine Spur von Traurigkeit war dabei, und sagte: »Sie werden das wahrscheinlich nicht hören wollen, weil Sie so ein harter Bursche und so weiter sind. Die Fassade, die Sie so schätzen – der olle Jack Taylor lässt nichts an sich ran. Ich sehe Sie anders. Ich mag Sie. Klar, manchmal sind Sie eine Pest, und eine ziemlich große Klappe haben Sie auch. Aber unterm Strich, Scheiße auch, mehr Fehler als die meisten, aber Sie sind nicht kalt. Und eins können Sie mir glauben, nach meiner Zeit im Mountjoy-Gefängnis bin ich ein gottverdammter Experte, was die schiere Kälte der conditio humana betrifft.«
    Ziemliche Rede.
    Ich wollte dann mal los, sagte: »Ihr Lob ist weitgehend unverdient, aber …

Weitere Kostenlose Bücher