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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Schwester, die ist viel zu schlau für keine Schirme.«
    Er hob seine Tasse, die Hand zitterte, er machte ein schlürfendes Geräusch, was eher wie ein Stöhnen klang, und sagte dann: »Ich habe keine Angst vor Ihnen.«
    Hatte er doch. Und nicht nur vor mir. Vor allem, was da über unseren schönen Erdenball kreuchte und fleuchte. Er war ein naturwüchsiges Opfer. Er tat mir fast leid.
    Fast.
    Ich wagte: »Vor mir brauchen Sie auch keine Angst zu haben. Ich bin vielleicht Ihre einzige Hoffnung.«
    Er versuchte es mit harter Bursche, hatte wahrscheinlich sein ganzes Leben darauf gewartet, brachte nur die schwächliche Andeutung eines spöttischen Kicherns zustande. »Aber genau.«
    Zeit, an seinem Käfig zu rütteln. Einmal versucht, tollkühn zu sein, und nun machte ich es zunichte.
    »Eins von zwei Dingen wird Ihre Zukunft bringen. Entweder werden Sie geschnappt, oder Sie suchen weiter nach dem schwer dingfest zu machenden Bruder, hinter dem Ihre Familie so verzweifelt her ist. Rory, so heißt er doch? Sie wissen die Antwort darauf wahrscheinlich besser als ich, aber schön dürfte sie kaum ausfallen. Darüber sind wir uns doch einig, oder? Als ich den kleinen Plausch mit Ihrer Schwester hatte, habe ich nichts von schwesterlicher Zuneigung gespürt.«
    Er starrte mich an. »Ich weiß nicht, was Zuneigung bedeutet.«
    Heiland.
    Ich seufzte. Die Demontage dieses jungen Menschen gestaltete sich schwieriger als angenommen. Himmel, er war wie ein Hündchen in einer verkehrsreichen Straße, das hofft, ein Auto hält an und nimmt es mit. Ich machte weiter, nunmehr ohne jeden Eifer.
    »Oder Sie gehen ins Gefängnis. Und ein Junge wie Sie, langes Haar, Persönlichkeit weich wie Scheiße, die rammen Ihnen noch vor dem Abendessen einen Güterzug den Arsch hoch, und das nur als Ouvertüre.«
    Schwer zu sagen, welches Szenario ihn mehr verschreckte. Ein Schaudern ging durch seinen Körper, und er sagte: »Ich will nach Hause, das ist alles. Nur weg.«
    Kein Protest, keine Unschuldsbeteuerungen, kein Getöne, ich hätte unrecht, überhaupt kein Getöne.
    Ich sagte: »Dazu wird es nicht kommen, Kleiner.«
    Er fing an zu weinen. Alles – heiligescheiße, alles – wäre mir lieber gewesen als das. Beinah hätte ich die Hand nach ihm ausgestreckt – und dann?
    Ich ließ es ihn ausflennen, sagte dann: »Geben Sie’s auf. Ich werde Ihnen helfen, damit Sie so günstig davonkommen wie möglich.« Er betupfte sich die Augen, sagte dann: »Ich muss eine rauchen.«
    Ich ließ ein paar Scheine auf dem Tisch und folgte ihm nach draußen. Er wartete nicht, begann wegzugehen, und ich folgte ihm.
    »Was soll nun werden, Kleiner? Helfen Sie mir? Es ist Zeit, Zeit, sich zu entscheiden.«
    Er blieb stehen, drehte sich um, bedachte mich mit einem dermaßen gequälten Blick, dass ich woandershin sehen musste, und dann sagte er: »Ich kann nicht, die würden mich umbringen.«
    »Die bringen Sie sowieso um.«
    Er sah die Straße entlang, Entsetzen in den Augen, aber ich konnte niemanden sehen. Er sagte: »Das hoffe ich.«
    Als ich endlich nach Hause kam, war ich, Entschuldigung noch mal, hundemüde, aber nicht zu erschöpft, um den Rauch zu riechen. Vorsichtig betrat ich mein winziges Wohnzimmer. Jemand hatte all meine Bücher auf einen Haufen gestapelt und angezündet, und nun schmurgelten sie behaglich vor sich hin.
    Ich ging ins Badezimmer, ließ eine Waschschüssel mit kaltem Wasser volllaufen und wässerte meine wertvollsten Besitztümer.
    Dann bemerkte ich den Tisch. Auf dem Tisch stand eins dieser Spielzeugautos, auch verbrannt, und auf dem Fahrersitz konnte ich eine winzige Knetmassefigur sehen, ziemlich verkohlt, aber noch zu erkennen. Sollte ein Mädchen darstellen, nahm ich mal an. Und unter dem winzigen Auto war ein Zettel:
    Na? Heiß genug?
    Gail
    Gottverdammtes Scheißmiststück.
    Und dann, in einem dieser seltsamen Momente des Wahnsinns, dachte ich: »Mädchen, du hast mir die Entscheidung erspart, was mit den Büchern geschehen soll. Ich hatte nicht gewusst, welche ich mit nach Amerika nehme. Eine Sorge weniger.«
    Aber Wut baute sich auf. Sie war nicht nur zu mir nach Hause gekommen, sondern sie hatte mir das Wenige genommen, was noch irgendwelche Bedeutung hatte. Bücher waren das einzig Verlässliche, die einzige Trostzone gewesen, und ich schwör’s, diese gottverdammte irrsinnige Psychotusse, sie wusste, sie wusste scheißenochmal, wie man mich treffen konnte.
    Atmete mehrmals tief ein, versuchte, mich in einem Monat in diesem

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