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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Der Frühling versprach, ein echter Knaller zu werden, und obgleich der Wind noch etwas Frisches hatte, liefen die Menschen in Hemdsärmeln herum. Ich trug ein gebatiktes T-Shirt. Gebatikt war es nicht, weil es gebatikt gewesen wäre, sondern weil ich es gewaschen hatte wie ein Henker. Durch die Jahre hindurch hatten mir Frauen geduldig erklärt, welche Farben man nie zusammen waschen darf. Pflichtbewusst schrieb ich die Instruktionen nieder. Und wusch dann die Liste.
    So war ein einstmals strahlend weißes T-Shirt in den Kampf gegen Marineblau und (verzeiht mir, gute Frau’n) Rosa gezogen.
    Wie im richtigen Leben verlor Weiß.
    Keine komplette Katastrophe, da die ursprüngliche Beschriftung fast getilgt worden war. Einst hatte sie
    I WAS A GUARD.
NOW I’M A BLACKGUARD
    gelautet, Vom Wächter des Friedens zum Störenfried, und um sie war es wirklich nicht schade.
    Ich saß auf dem Rand des Springbrunnens. Zu meiner Rechten stand die Statue von Pádraic Ó Conaire. Sein Kopf war wieder drauf. Ja, man hatte ihn enthauptet, das steinerne Haupt war nach Nordirland verschafft worden. Irgendwann wurden die Schuldigen gefasst, das Stück zurückgegeben.
    Vielleicht nicht die größte Großtat der Polizei, aber stets noch eine ihrer beliebtesten.
    Eine Trink-Akademie war neben dem öffentlichen Klo in lauten Gesang ausgebrochen. Klang wie »She Moved Through the Fair« zur Melodie von Who Wants to Be a Millionaire. Keine leichte Aufgabe, aber nichts ist unmöglich. Auf dem Eyre Square, seitdem der Keltische Tiger brüllte, war besonders wenig unmöglich.
    Wenn man dann noch das Konglomerat aus Italienisch, Spanisch, Irisch, Amerikanisch und, ich schwör’s, Serbokroatisch dazurechnete, hatte man den Wahnsinn frisch vom Fass.
    Eine Frau löste sich vom Rudel, näherte sich, sagte:
    »Und auch Ihnen einen guten Morgen, Sir.«
    »Wiegehts?«
    Meine Erwiderung ermutigte sie, sie rückte dichter ran. Von ihrem zerrütteten Gesicht und den toten Augen hätte ich sie auf fünfundzwanzig oder sechzig geschätzt. An den zwei breiigen Rs, die sie ausgesprochen hatte, erkannte ich den Akzent von Glasgow, den sie aber schon längst nicht mehr aktiv betrieb. Sie fragte:
    »Preis einer Tasse Tee, Sir?«
    »Sowieso.«
    Überraschte sie. Wenn man einen Penner überrascht, ist man ihm um ein paar Züge voraus. Ich fasste in die Tasche, holte das Kleingeld heraus, überreichte es. Sie nahm es schnell. Ich fragte:
    »Je was von Pádraig gehört?«
    Ich meinte den verstorbenen Oberpenner.
    Sie sah zu Pádraic Ó Conaire hinüber, fragte:
    »Wer ist das?«
    »Er hat M’Asal Bheag Dubh geschrieben.«
    »Er hat was?«
    »Egal.«
    »Was zu rauchen?«
    »Klar.«
    Ich holte eine Packung Rote heraus, schüttelte die Packung, sie schnappte sich zwei und riss die Filter ab. Ein Streichholz aus dem Nirgendwo, sie war von Rauch verhüllt und fragte:
    »Sind Sie Sozialarbeiter?«
    »Kaum.«
    »Polizist?«
    »Nicht mehr.«
    »Nümmerchen schieben?«
    Ich lachte laut. Schuld waren die Drogen.
    Ich dachte an Casey, Bill Cassells Muskelprotz. Den Riesen, der solches Vergnügen aus meiner Demütigung gezogen hatte. Die Sizilianer sagen, wenn du Rache planst, grabe zwei Gräber. Eins für dich mit.
    Wie Melanie in den hoffnungsfrohen Jahren sang:
    »Yada, yada.«
    Oder es heißt, Rache muss man kalt genießen. Ich war richtig schön kalt.
    Eine Nonne hüpfte vorüber, ließ eine Spur der Frömmigkeit hinter sich. Hätte ich sie gefragt, hätte sie sich auf die Firmenpolitik berufen und »indem wir vergeben, wird uns vergeben« angestimmt.
    Ich hätte geantwortet:
    »Bockmist.«
    Stand auf, reckte mich, fühlte mich fast leicht. Ich würde die Pistole auswickeln, den Griff polieren. Ich hatte Caseys Stundenplan intus. Ich musste nur noch den nächsten Schritt unternehmen.
    Ihn erschießen.

»Nur ein kleiner Riss …
Aber Risse bringen Höhlen zum Einsturz.«
    Alexander Solschenizyn

N ichts ist so typisch für diese Monate der Benommenheit, diese Monate fast wie im Koma, wie mein totaler Egoismus. Maul- und Klauenseuche kam und ging und hinterließ nicht einmal eine Delle in meiner Wahrnehmung. Im Rückblick sage ich heute:
    »Was zum Teufel hast du überhaupt gedacht?«
    Am 7. Juni stand eine britische Wahl an, und Tony Blairs zähneversessenes Lächeln war überall. Ging vollständig unter meinem Radar durch. Es hatte Zeiten gegeben, da konnte ich die Parlamentsabgeordneten aufzählen und verfolgte die Debatten im Unterhaus.
    Jetzt kannte ich kaum das

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