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Jack Taylor fliegt raus

Jack Taylor fliegt raus

Titel: Jack Taylor fliegt raus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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wahrscheinlich wirst du mir auch noch sagen, dass man Bücher essen kann. Ich würde gern mal sehen, wie man sich mit Büchern einen Laib Brot kauft.«
    Ihr Wunsch ging sogar in Erfüllung. An meinem ersten Tag in Templemore verkaufte sie die Bücher und verheizte das Regal.
    Tommy Kennedy hatte große Dinge für mich vorausgesehen. Geträumt, ich würde sogar aufs College gehen. Mit meinem Zeugnis wurde ich nur knapp bei der Polizei genommen. Als ich Tommy meine Karrierewahl mitteilte, barg er den Kopf in Händen und sagte:
    »Ein Jammer.«
    Am Abend vor meiner Abreise traf ich ihn bei Garavan’s. Da war ich schon groß; Hurling und Kartoffeln hatten noch Masse und Muskeln hinzugefügt. Ich bediente bei Garavan’s. Tommy kam herein, plierte durchs Halbdunkel. Ich rief:
    »Mr Kennedy.«
    Das Leben hatte ihn abgenutzt. Er hatte die Gestalt eines alten Windhunds angenommen. Zog eine Aura von Melancholie hinter sich her. Ich fragte:
    »Was darf es sein, Mr Kennedy?«
    »Eine Flasche Stout.«
    Entflammt von Jugend und Draufgängertum, holte ich die Getränke. Für mich eine pint. Tommy sagte:
    »Du fängst ja früh an.«
    Ich sah auf meine neue Uhr, die an ihrem Plastikarmband glänzte. Sonderangebot bei Woolworth. Er lächelte traurig und sagte:
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    Ich sagte:
    »Sláinte.«
    »Viel Glück, Jack.«
    Wir verfielen ins Schweigen. Dann zog er ein schlankes Bändchen hervor und sagte:
    »Ein Abschiedsgeschenk.«
    Wunderschönausgestattet,alterLedereinband,Goldprägung. Er sagte:
    »Das ist Der Jagdhund des Himmels von Francis Thompson. Ich hoffe, das Buch wird nie Bedeutung für dich haben.«
    Ich hatte nichts für ihn. Er sagte:
    »Ich könnte dir immer noch die Pakete schicken.«
    »Ä h … Lieber nich t … Wissen Si e … Burschen vom Land, die halten mich noch für schwul.«
    Da stand er auf, gab mir die Hand. Ich sagte:
    »Ich schreib Ihnen.«
    »Tu das. Gottes Segen.«
    Habe ich natürlich nie geta n … , ihm geschrieben. Zu meiner ewigen Schande war er schon zwei Jahre tot, als ich erfuhr, dass er tot war.

 
     
     
    SUTTON

I n Ballinasloe dachte ich hundert Dinge. Hauptsächlich depressiver Natur. Die Straßen, die nicht bereist wurden, sondern auf denen blind entlanggetaumelt worden war. Menschen, die freundlich zu mir gewesen waren und denen ich so übel mitgespielt hatte.
    Rücksichtslos die Gefühle anderer ignoriert. Oh ja. Ich schleppte eine Riesenladung Schuldscheiße mit mir herum. Plus einen Spritzer Reue und gallonenweise Selbstmitleid, schon hatte man den klassischen Alkoholiker in all seiner stockfleckigen Herrlichkeit.
    Draußen wurde ich durch Suff mit diesem Gepäck fertig. Einfach all die Arschlöcher überschmieren, unsichtbar machen, auslöschen. Den Schmerz betäuben. Wobei das Paradoxe war, dass jede frische Taubheit neuen Schaden nach sich zog.
    Siehe, ein falbes Pferd mit einem fahlen Reiter, und der Reiter ist bis zu den Kiemen betankt.
    Die ersten paar Tage in der Klinik, in der Entgiftungsphase, sollte man jede Menge Wasser trinken. Die Gifte rausspülen. Das konnte ich. Es wurde eine Blutuntersuchung veranstaltet, um den Schaden, den Leber und Nieren genommen hatten, zu berechnen. Meine hatten eine haushohe Niederlage eingefahren. Täglich Multivitaminspritzen, um den kreischenden Organismus wieder an die Gesundheit heranzuzerren. Librium natürlich. Dann mein Leibgericht, einen Schlafo für diese Nächte. Weil die Nacht den meisten Schrecken für den Alki bereithält.
    Habe ich geträumt? Aber hallo. Aber von nichts Vorhersehbarem. Nicht von
    meinem toten Vater
    toten Freunden
    totem Leben.
    Nein.
    Ich träumte von Sutton.
    Unsere Freundschaft war ruck, zuck losgegangen. Einer dieser unerklärlichen Bünde, die sich der Analyse widersetzen. Ich war ein junger Polizist, in den meisten Dingen grün wie Kohl. Er war damals eine ergraute Tresenkraft, Veteran zahlreicher Scharmützel, echter und eingebildeter. Selbst jetzt bin ich mir nicht sicher, was seine Nationalität, sein Alter, seine Herkunft betrifft.
    Das wechselte alles so oft wie die Kneipen, die wir durchstreiften. Während zahlreicher Sitzungen erzählte er mir, was er schon alles gewesen war, nämlich jeweils
    Soldat
    Unternehmer
    Maler
    Verbrecher.
    In jeder Erzählung war ein wahrer Kern, aber die Details rutschten und schwankten so oft, dass man nie eine einzelne Tatsache festnageln konnte.
    Er war ein wahres Chamäleon. Fügte sich in jede Umgebung ein, die er sich gerade ausgesucht hatte.

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