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Jack Taylor fliegt raus

Jack Taylor fliegt raus

Titel: Jack Taylor fliegt raus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Als ich ihn kennenlernte, hatte er einen ausgewachsenen nordirischen Akzent. Konnte spielend wie Ian Paisley klingen, aber ebenso gut als Eamonn McCann durchgehen.
    Dasistdochbeeindruckend,umnichtzusagenerschreckend.
    Ich habe mal gehört, wie er Bernadette Devlin nachgemacht hat, dass es einen grausen konnte.
    Als er nach Galway zog, hatte er den hiesigen Akzent in weniger als einer Woche intus. Man hätte geschworen, dass er nie weiter als bis Tuam gekommen ist.
    All das ließ bei mir keinerlei Alarmglocken schrillen. Ich fand, dass ihn das faszinierend machte.
    Weil ich im Wesentlichen taub war, taub für die wichtigen Dinge, weil ich jung wa r …
    weil
    weil
    weil
    Weil ich vielleicht seine dunklen Seiten nicht wahrhaben wollte, ließ ich eine ganze Serie von Hinweisschildern an mir vorbeihuschen.
    Über Gewalt hatte er sich von vornherein sehr freimütig geäußert. Hatte mir von Kneipenschlägereien erzählt, bei denen er seine Widersacher fast ermordet hätte, und hinzugefügt:
    »Weißt du was, Jack?«
    »Ja?«
    »Ich bedaure es.«
    »Na ja, manchmal läuft so was aus dem Ruder.«
    »Scheiße, nein, das meine ich nicht. Ich bedaure, dass ich die Schweinehunde nicht umgebracht habe.«
    Ich lachte es weg.
    Meine Urlaube waren unberechenbar. Auf dem Höhepunkt der »Troubles« konnte ich achtundvierzig Stunden Dienst am Stück abreißen. Aber egal, wann meine Pausen kamen, Sutton ließ die Arbeit ruhen, und wir ließen es krachen.
    Eines unvergesslichen Samstagabends/Sonntagmorgens hatten wir lange und hart in einer Kaschemme in der Lower Falls Road gesoffen. Gefahr und Pulverdampf lagen deutlich spürbar in der Luft und heizten alles zusätzlich an. Ich schwöre, die pints schmeckten nach Kordit. Suttons Gesicht glühte; er sagte:
    »Mann, das ist es doch, besser wird es nicht mehr.«
    Von diesem Ausflug habe ich immer noch eine sechzig Zentimeter große, handgeschnitzte Harfe. Von den Häftlingen in Long Kesh gemacht. Ich muss »The Men Behind The Wire« hundertmal gehört haben.
    Sutton spülte sahnige pints mit goldenen Bushmills hinunter, beugte sich zu mir herüber, der Schweiß kullerte ihm übers Gesicht, und er sagte:
    »Ist es das nicht, Jack?«
    »Doch, es brummt.«
    »Weißt du, was der Trip wäre?«
    »Sag’s mir.«
    »Irgendeinen Schweinehund umzunieten.«
    »Was?!«
    »J a … , einfach niedermachen und Schluss.«
    »Was?«
    Er zog es zurück, kniff mir in die Schulter und sagte:
    »War nur Quatsc h … Du musst das alles sehr viel positiver sehen, Jack.«

S olche Momente kamen über die Jahre immer wieder vor. Ich hatte sie unter den Teppich aus leeren Flaschen und monumentalen Katern gefegt.
    Hin und wieder hatte ich das unbehagliche Gefühl, dass er mich hasste. Konnte es nie näher benennen und tat es als Produkt der Suffparanoia ab.
    Eines Abends wartete ich in einer Kneipe in Newry auf ihn. Ich hatte meistens ein Buch am Mann versteckt und machte, wenn die Gelegenheit günstig schien, ein verstohlenes Leserchen. Solcherart vertieft war ich, als ich hörte:
    »Mensch, Taylor, immer mit den Büchern zugange.«
    Ich wollte es wegstecken, aber er griff es sich, las den Titel Der Jagdhund des Himmels und sagte:
    »Francis Thompson, was?«
    »Du kennst es?«
    Er warf den Kopf zurück und rezitierte:
    »Ich floh ihn entlang den Nächten und den Tage n … «
    Ich nickte und er sagte:
    »Er ist brüllend gestorben.«
    »Was?«
    »So treten Alkis ab, sie sterben brüllend.«
    »Heiland.«
    Wann immer sich Bedenken meldeten, blockte ich sie ab. In meine Seele gebohrt waren die Worte: »Er ist mein Freund. Und wer ist schon vollkommen?«

D ie Bibliothek in Ballinasloe war geschlossen. Wegen Renovierungsarbeiten. Meine Tage wurden mit BT verbracht. Ein Korb mit winzigen Sprungfedern auf dem Tisch. Mein Job: die Sprungfedern in Kulis einbauen.
    Ansonsten fraß ich Librium in mich hinein, versuchte Bill aus dem Weg zu gehen und sehnte mich nach den Schlafos bei Anbruch der Nacht.
    Der letzte Traum in Ballinasloe war so lebensecht, dass ich nicht weiß, ob er nicht wirklich passiert ist. Sutton sagte:
    »Du bist der Lese r … , der eigentliche Verbrechensexperte.«
    »Jaaa.«
    »Hast du Der Mörder in mir von Jim Thompson gelesen?«
    »Hab ich verpasst.«
    »Da hast du den besten verpasst.«

A ber es gibt einen Gott. Und nicht nur in dem Lied von Tom Jones. Am Tag meiner Entlassung bekam ich meine Klamotten, frisch gewaschen und gebügelt. Plus ein pralles Portemonnaie. Kein Suffkopp hat je hinterher

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