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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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für die Schützen auf dem Wall zuständigen Sergeanten einen entsprechenden Befehl zu. »Verdammt, die Unsrigen und die Feinde sind derart ineinander verkeilt, daß es ganz so aussieht, als ob allesamt hereindrängen.«
    Am folgenden Tag versuchte Shelton erneut, Behmaroo von den Kohistanee-Stammesangehörigen zurückzuerobern. Nachrichten hatten das Kantonnement im Laufe des Tages erreicht, in denen von den schweren Verlusten die Rede war, die durch die Verstärkung der afghanischen Garnison verursacht worden waren, von der Infanterie, die einen Bajonetteangriff verweigerte, und von der Kavallerie, die unbeweglich wie Stein sitzengeblieben war, als das Signal zum Angriff ertönte. Aber nicht einmal die lebhafteste Vorstellungskraft eines Pessimisten und Verzagten unter ihnen hätte an eine so panische Flucht gedacht.
    Über die Ebene hinweg strömte die britische Armee vollkommen ungeordnet auf das Kantonnement zu, die Infanterie auseinandergetrieben, ihre Linien und Karrees aufgelöst, Kavalleristen auf Tor und Wall zudonnernd; ihnen auf den Fersen, so dicht, daß es den entsetzten Beobachtern tatsächlich schien, als hätten sie sich unter die fliehenden Briten gemischt, kamen ihre afghanischen Verfolger, auf Pferden und zu Fuß, mit krachenden Jezails, Khyber-Messern und Säbeln zum tödlichen Streich erhoben. Männer fielen, wurden von ihren Kameraden verwundet in der Ebene zurückgelassen, um von den Afghanen gnadenlos niedergemetzelt zu werden.
    Der durchdringende Ton einer Trompete erscholl über dem unaufhörlichen, rasselnden Schlachtenlärm. Die Tore des Kantonnements flogen auf, und eine Schwadron Kavallerie mit Schwertern und Lanzen galoppierte auf das tödliche Gemenge zu.
    »Ist das nicht Kit, der den Angriff führt?« Bob blickte durch den Feldstecher. »Er läßt dieser Tage keine Gelegenheit aus, um da draußen zu sein.«
    »Nein«, stimmte Colin zu, das eigene Glas auf die Feuerlinie gerichtet. »Beinahe, als führte er einen persönlichen Rachefeldzug … Korrektur nach links, Sergeant, sieben Punkte.«
    »Sieben Punkte nach links«, peitschte der Befehl, und die Musketen richteten sich entsprechend aus.
    »Ich glaube auch, daß es persönlich ist«, bekräftigte Bob. »Liebe macht die merkwürdigsten Dinge mit den Menschen.«
    Colin warf Bob einen schnellen Blick zu. »Liebe! Das ist ein großes Wort.«
    »Ich glaube, es trifft zu. Der unzugängliche Christopher Ralston ist ein Opfer von Cupidos Pfeilen geworden. Und er wird jeden Afghanen mit bloßen Händen töten, wenn es das kostete, Annabel Spencer sicher aus Afghanistan zu bringen.«
    Colin pfiff durch die Zähne. »Ich hatte es nur einfach für eine heftige Leidenschaft gehalten, den Kolonien angemessen, aber kaum ausreichend für einen anderen Ort. Sicherlich ist ihm das klar?«
    Bob schüttelte den Kopf, aber weitere Ausführungen wurden erstickt, weil die Kavallerie jetzt näher an die Tore rückte und die Entfernung des Deckungsfeuers durch die Schützen auf den Wällen von Augenblick zu Augenblick korrigiert werden mußte.
    »Ich hoffte, hier einem freundlichen Gesicht zu begegnen.« Annabel kletterte atemlos zwischen den beiden Männern den Wall hinauf. »Vermutlich ist Kit da draußen?« Sie trug ihr ledernes Reitzeug und Stiefel, die Haare in ihrem Nacken zu einem Knoten geschlungen, einen pelzbesetzten Mantel um die Schultern geworfen.
    »Sollten Sie nicht einen Schleier tragen?« fragte Bob unwillkürlich.
    Annabel blickte hinunter auf die Katastrophe, die sich vor ihren Augen abspielte: »Ich kann mir nicht vorstellen, daß solche Dinge jetzt noch irgendeine Bedeutung haben. Für mich sieht es so aus, als ob ihr sie nicht mehr abhalten könnt, und wenn sie erst einmal innerhalb der Tore und Wälle sind –« Sie ließ den Satz unvollendet. Alle hatten das Gefühl, sich mitten in einem Alptraum zu befinden, als die unaufhaltsame Verfolgungsjagd, die, immun gegen die Musketenschüsse von den Wällen und nur leicht behindert durch Kits Kavallerieangriff, sich immer näher wälzte.
    »Sir, ich glaube, sie bleiben zurück!« rief plötzlich ein Wachsoldat aufgeregt.
    »Bei allen Heiligen, ich glaube, du hast recht.« Colin setzte wieder den Feldstecher an die Augen. »Ja, sieh nur, sie fallen tatsächlich zurück.« Gerade als es so aussah, als ob der Feind die Fliehenden überrennen, sie vollkommen vernichten und die Wucht des Angriffs auch noch in das Kantonnement hineintragen würde, da verlangsamte sich auf einmal die Verfolgung

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